Nach 240000 Tassen Kaffee ist Schluss
Gastronomie Seit elf Jahren gibt es das Café von Ingrid Rucht in Schwabmünchen. Sie spricht über Blind Dates und warum es bei ihr keinen Alkohol gab. Am Samstag hat es zum letzten Mal geöffnet. So geht es mit den Räumen weiter
Schwabmünchen Natürlich schwingt Wehmut bei Ingrid Rucht mit. Am heutigen Samstag schließt sie zum letzten Mal ihr kleines „Ingel’s Café“auf. Dann ist nach elf Jahren Schluss. Im Dezember 2007 hat Ingrid Rucht die Räume gemietet, zuvor war dort ein Bio-Gemüseladen untergebracht. Zehn Wochen lang hat sie mit ihren Söhnen und Freunden gearbeitet, um aus dem Gemüseladen ein Café zu machen. Und zwar nicht nur irgendeines.
Ingrid Rucht hatte ihre eigenen Vorstellungen. „Als Mutter von drei Kindern wollte ich etwas schaffen, wo auch Kinder mitdürfen, ohne dass der Wirt die Nase rümpft“, erklärt sie. Am Valentinstag 2008 öffnete sie zum ersten Mal. Und Ingrid Rucht hielt ihr Versprechen. In der heimeligen Atmosphäre ihres Cafés fühlte sich jeder Gast sofort wohl – vor allem Mütter mit Kindern. Für die Kleinen gab es eine Spielecke und Malzeug und vor allem eins: Zuwendung. Kinder waren im Ingel’s immer willkommen. „Es kam schon mal vor, dass eine Mutter schnell wegmusste, um etwas zu erledigen, und das Kind bei uns blieb“, erinnert sich Ingrid Rucht. Doch das war nicht die einzige Besonderheit.
So gab es keinen Alkohol in ihrem Café. „Das passt einfach nicht dazu“, erklärt sie. Da passt der Kaffee
„Ich habe mir hier meinen Traum verwirklicht.“ Ingrid Rucht
einfach besser. Rund 240000 Tassen hat ihre Maschine in den elf Jahren zubereitet. Beliebt waren auch ihre Kuchen – oder die Marmelade zum Frühstück. Kein Wunder, denn beide waren selbst gemacht; wie auch das Mittagessen.
In elf Jahren hat Ingrid Rucht viel erlebt. Familienfeste aller Art gab es in ihrem schmucken Café. Und Blind Dates. „Das war eine Zeit lang in Mode. Eine Frau kam regelmäßig und oft haben wir uns gedacht: Was will sie denn mit dem?“, blickt sie zurück und lacht. Aber wer weiß, vielleicht hat das liebevolle Ambiente doch irgendwann mal der Liebe auf die Sprünge geholfen.
Ingrid Rucht hat auch gehofft, dass sich irgendwer in ihr Café so verliebt hat, dass er es weiterführen möchte. Doch bislang hat sich keine Nachfolge gefunden. „Ich habe mir hier meinen Traum verwirklicht“, sagt sie. Auch in der Hoffnung, jemanden zu finden, der auch einen solchen Traum hat. Findet sich niemand, dann wird das Inventar beim Schwabmünchner „Rama Dama“am kommenden Wochenende verkauft. „Bis dahin haben Interessenten noch Zeit“, sagt Rucht. Wieso sich keine Nachfolge finden lässt, ist schwer zu erklären. „Viele sind gekommen, waren zu Beginn begeistert. Doch da steckt auch Arbeit dahinter. Damit haben die meisten nicht so gerechnet“, vermutet sie. Doch die Arbeit hat Rucht nie als negativ empfunden. „Es war eine schöne Zeit. Aus vielen Gästen wurden Stammgäste und aus Stammgästen wurden Freunde“, blickt sie zurück. Für die Zeit nach ihrem Café ist sie schon verplant. „Nun beginnt das Leben als Oma“, sagt sie und lacht. Ihre drei Söhne haben dafür gesorgt, dass ihr dabei nicht langweilig wird. Dass sie aufhört, das bedauert Rucht nicht. Dass es keine Nachfolge gibt, findet sie „furchtbar“. Vor allem für die Gäste und ihr Team.
Es ist in jedem Fall schade, wenn das Ingel’s für immer schließen muss. Schwabmünchen verliert ein Kleinod, ein Unikat. Die gemütlichen hellen Räume mit den Kaffeekannen auf dem Fenstersims werden vielen Menschen fehlen – so wie auch die entspannte Atmosphäre, in der sich die Gäste zum Frühstück oder auf einen Kaffee samt Kuchen trafen.