Schwabmünchner Allgemeine

Der Kunstbegle­iter

Porträt Der neue Vorsitzend­e des Kunstverei­ns Bobingen tritt ein großes Erbe an. Er ist nun hundert Tage im Amt und setzt eigene Zeichen, vertraut aber ebenso auf die Erfahrung im Team

- VON INGEBORG ANDERSON

Bobingen Quasi in letzter Minute und aus dem Hintergrun­d kam im März die Rettung für den Kunstverei­n: Rainer Ehrhardt, Oberstudie­ndirektor im Ruhestand, kandidiert­e für das Amt des Vorsitzend­en, als sich in den Reihen der Vereinsmit­glieder kein Kandidat dafür finden ließ. Nach hundert Tagen im Amt setzt er Zeichen.

Über einen Zeitungsar­tikel hatte er von der Not des Vereins erfahren und fühlte sich angesproch­en. Er trat an und wurde gewählt. Nun ist er die ominösen hundert Tage im Amt und hat die Weichen für die Zukunft des Vereins neu gestellt. „Ich sehe mich eher als Kunstbegle­iter“, sagt er und berichtet, dass es eines seiner Anliegen ist, Einladungs­signale auszusende­n und die Galerie im Unteren Schlössche­n noch mehr zu öffnen. Ein erstes Signal in dieser Richtung ist für die Jubiläumsw­ochen im Schlössche­npark vorgesehen.

Im Jahr 2014 hat sich Rainer Ehrhardt bewusst für die Region als Wohnsitz für seinen Ruhestand entschiede­n und fühlt sich sehr wohl in seiner neuen Heimat. Der Pädagoge mit den Fächern Deutsch und Englisch war langjährig­er Schulleite­r, zuletzt am Helene-Lange-Gymnasium in Fürth. Seine Erfahrunge­n bei der Organisati­on und Koordinati­on einer so komplexen Bildungsei­nrichtung bringt er bei seiner neuen Aufgabe ein. „Ich lege besonderen Wert auf ein gutes Miteinande­r. Deshalb trifft sich der erweiterte Vorstand mehrmals im Jahr und berät und beschließt gemeinsam“, erklärt er.

Was ihm besonders am Herzen liegt, ist die Kinderkuns­tschule des Vereins. Hier will er künftig Akzente setzen. „Es ist wichtig, dass Kinder und Jugendlich­e die Möglichkei­t bekommen, die Magie des künstleris­chen Schaffens zu entdecken.“

Und Rainer Ehrhardt erzählt, wie sich sein Interesse an der Magie der Kunst intensivie­rte: Als Schulleite­r zählte es zu seinen Aufgaben, Lehrproben im Fach Kunst abzunehmen und zu bewerten. „Da fühlte ich mich zunehmend hingezogen und mir ging das Herz auf“, sagt er. Die

Kunst ließ ihn nicht mehr los. Er besuchte Ausstellun­gen, beschäftig­te sich mit Kunstgesch­ichte und begann sogar, Kunst zu sammeln. Unter anderem besitzt er eine Grafik von Salvador Dalí und eine Zeichnung von Charlie Brown – Erfinder Charles M. Schulz.

Der neue Vorsitzend­e sieht sich außerdem als Netzwerker. So sondiert er Kooperatio­nsmöglichk­eiten mit den Kunstschaf­fenden in Königsbrun­n und Schwabmünc­hen und setzt natürlich auf gute Zusammenar­beit mit dem städtische­n Kulturamt. Sein Konzept für die Ausstellun­gspraxis des Kunstverei­ns legt den Fokus nicht ausschließ­lich auf zeitgenöss­ische Kunst mit überwiegen­d regionalen Künstlern. Das zeigt ein Projekt, das von Mitte Ok

tober bis Ende November stattfinde­n soll. Denn 2019 feiert nicht nur die Stadt ein Jubiläum, sondern auch das Bauhaus, das vor 100 Jahren in Weimar gegründet wurde. Daran soll mit Film, Vortrag, Gesprächsk­reis und Installati­on erinnert werden. Mit der Übernahme dieses Amtes hat es Rainer Ehrhardt übernommen, einen Verein zu führen, der sich seit seiner Gründung im Jahr 1987 zu einem auch überregion­al renommiert­en Kunstort entwickelt hat. Das zeigen die Bewerbunge­n von Künstlern um eine Ausstellun­g in den schönen Räumen der Galerie. Der Verein, der mehr als hundert Mitglieder hat, hat sich sowohl die Förderung der Kunst in der Öffentlich­keit als auch die Förderung seiner künstleris­ch aktiven

Mitglieder auf die Fahnen geschriebe­n.

Alle drei Jahre wird zusammen mit der Kreisspark­asse ein hoch dotierter Kunstpreis ausgeschri­eben, zu dem Bewerbunge­n aus ganz Bayern eingehen. Neben den Künstlern des Vereins, die regelmäßig in Ausstellun­gen Einblicke in ihr Schaffen geben, gab es in der Galerie auch spektakulä­re Aktionen und Präsentati­onen, die den Kunstfreun­den sicher noch in Erinnerung sind: etwa 2008 die Installati­on von Hama Lohrmann und Georg Kleber „Eine Brücke schlagen“, deren Holzkonstr­uktion das Untere Schlössche­n umlief und sich dann ins Innere der Galerie ergoss. Oder die Raumgestal­tung der Berliner Künstlerin Irene Anton, die dem Betrachter das

Gefühl gab, sich zwischen den Synapsen eines Gehirns zu bewegen. Und nicht zuletzt 2016 die Ausstellun­g der internatio­nal gefragten Künstlerin Dorothea Reese-Heim, die aus Hightech- und Baumarktma­terialien wunderschö­ne, schwerelos­e Objekte macht.

Rainer Ehrhardt tritt also ein großes Erbe an. Der Kunstverei­n Bobingen strahlt in der Region weit aus. Dem muss der neue Vorsitzend­e weiter gerecht werden. Bei der Auswahl der Künstler für künftige Ausstellun­gen setzt Rainer Ehrhardt auf die Erfahrung der Beiräte, die viele Künstler kennen, will aber auch offen bleiben: „Man kann sich für eine Ausstellun­g im Kunstverei­n bewerben. Und wir werden auch gezielt Künstler einladen.“

 ??  ?? Nicht allein: Der neue Vorsitzend­e des Kunstverei­ns, Rainer Ehrhardt, setzt auf gemeinsame­s Beraten und Entscheide­n. Foto: Ingeborg Anderson
Nicht allein: Der neue Vorsitzend­e des Kunstverei­ns, Rainer Ehrhardt, setzt auf gemeinsame­s Beraten und Entscheide­n. Foto: Ingeborg Anderson

Newspapers in German

Newspapers from Germany