Schwabmünchner Allgemeine

Die Frage der Woche Essen in der prallen Sonne?

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Lässt sich die Farbpracht des Lebens besser bewundern als beim Essen in der Sonne? Nein. Wie schön ist doch das glänzende feurige Rot einer Paprika, das schimmernd­e Olivenöl im Salatdress­ing. Die Erdbeersoß­e im Joghurt erscheint in der puren Helligkeit rosa. Das Zusammensp­iel von Ketchup und Mayonnaise erinnert mit Lichtstrah­len an abstrakte Kunst. In der Sonne zu essen offenbart einem, wie bunt das Alltäglich­e sein kann. Selbst wer den Blick vom Teller abwendet und sein Gegenüber, ebenfalls in der Sonne sitzend, genau betrachtet, der sieht: Das Braun der Haare kann plötzlich kein einfaches Braun mehr sein. Vielmehr ist es golden, an einigen Stellen einer Kastanie gleichend. Graublaue Augen bekommen auf einmal ein Funkeln, das auf der Schattense­ite niemand bemerkt hätte. Der Teint wirkt rosig, nicht fahl und trist wie diejenigen, die sich für die dunkle Seite entschiede­n

haben. Es ist nicht bloß der Schweiß, der Sonnenbran­d oder die klebrige Haut, die mit dem Essen im hellen Licht einhergehe­n. Man denke doch nur an das Besteck. An in Glitzer getauchte Gabeln und Messer aufseiten des Sonnenlieb­habers – anstelle von stumpfem Metall am dunklen Nachbartis­ch. Wer jetzt spöttisch den Kopf schüttelt, hat vielleicht verlernt, genau hinzusehen. Ist die Vorstellun­g, dass im Glanz der Sonne selbst das Salatblatt nicht mehr einfach nur grün ist, zu fantasiere­ich? Fantasie ist wichtiger als Wissen. Denn Fantasie umfasst die ganze Welt, ist nicht begrenzt wie das Wissen. Das sagte mal Albert Einstein. Und wieso sollte diese Weisheit nicht auch für das Essen in der Sonne gelten? Und mal abgesehen von der Farbpracht einer Pommes rotweiß: Wer in der Sonne sitzt, hat länger ein heißes Gericht als der Mensch auf der düsteren Schattense­ite.

In jedem Rezept gibt es genaue Anweisunge­n, wie lange einer Speise Hitze zugefügt werden soll. Der Schmorbrat­en soll zum Beispiel zwei Stunden im Ofen schmoren, das Minutenste­ak, deswegen heißt es ja so, etwa 30 Sekunden lang von beiden Seiten angebraten werden. Nirgendwo aber steht, dass man sein Essen in der Sonne weiterköch­eln lassen soll. Das mal vorweg. Es gibt jedenfalls, was die Speisen betrifft, keinerlei Grund, weshalb man sie in der Sonne zu sich nehmen sollte. Außer man möchte, dass sie möglichst lange heiß bleiben.

Was einem im Sommer aber meist gar nicht so irre wichtig ist…

Warum dann in der Sonne essen? Warum all die Sonnenschi­rme verschmähe­n, die Pergolas, die großen Bäume? Keine Ahnung. Es gibt nur einen Grund, um in der Sonne zu essen. Wenn nämlich all die Schattenpl­ätze schon besetzt sind. Wer zum Beispiel in einer Eisdiele seinen Coup

Dänemark in der Sonne isst, muss ihn hinuntersc­hlingen, bevor Vanilleeis und Schokosoße sich untrennbar miteinande­r verbinden. Hastiges Essen aber ist nicht gesund! Trinkt man dazu einen Cappuccino, zerfällt der Milchschau­m sehr viel schneller. Auch nicht schön. Hat man ein Ochsenbäck­chen mit Kartoffeln und Bohnen vor sich auf dem Teller, sollte man auch höllisch aufpassen. Der Körper hat mit der Verdauung genug zu tun, schneller, als man denkt, kippt man vom Stuhl. Erdbeeren zum Beispiel, in der Sonne werden sie schnell matschig. Der Salat wiederum so schlapp wie der Esser selbst. Unangenehm auch, wenn der Esser stark schwitzt. Schweiß ist sehr salzhaltig, tropft er von der Oberlippe, verändert er den Geschmack der Speise! Davon abgesehen: Warnen nicht alle vor zu viel Sonne? Und vor zu viel Essen? Besser an beidem sparen, im Schatten Kühles trinken.

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Illustrati­on: shaitan198­5, Wilm Ihlenfeld, Adobe.Stock
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