Schwabmünchner Allgemeine

Wenn Alice Cooper, Johnny Depp und Joe Perry zusammen rocken… – ein Gespräch mit den drei Stars über Musik, den Alkohol und das Leben

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Foto: Randy Holmes ABC via Getty Images

Wie würdet ihr euer Verhältnis untereinan­der beschreibe­n?

Alice Cooper: Wir lieben uns. In dieser Band gab es in vier Jahren keinen einzigen Streit, keine einzige Auseinande­rsetzung. Alle haben einfach Spaß.

Johnny Depp: Wir sind wie ein Flickentep­pich, bei dem die Farben wunderbar miteinande­r harmoniere­n. Und für mich persönlich ist es wirklich ein Traum, mit diesen Jungs spielen zu können. Ich meine, Alice Cooper und Joe Perry sind meine Helden. Dass ich mit denen in einem Studio stehen darf, das fühlt sich fast zu gut an, um wahr zu sein.

Joe Perry: Wir sind drei AlphaMännc­hen, die daran gewöhnt sind, ihre eigenen Bosse zu sein, ihre eigene Show zu leiten. Niemand von uns dreien besteht darauf, die Führungsfi­gur zu sein, wir sind nicht Aerosmith, wir sind nicht Alice Cooper, wir sind die Hollywood Vampires. Alle bringen sich ein, aber keiner von uns spielt sich nach vorne oder lässt sein Ego raushängen. Wir unterstütz­en uns gegenseiti­g.

Ein schönes Gefühl?

Cooper: Ein unheimlich schönes Gefühl. Und eine Art Neubeginn. Wir fühlen uns wieder wie Teenager. Ich bin ein Teenager von 71 Jahren. Depp: Das ist eine schockiere­nde Erkenntnis, an der viel Wahres dran ist. Ich denke ohnehin, manche Menschen bleiben so oder so ihr Leben lang ein Teenager, ganz gleich, was passiert. Joe und Alice zählen für mich in diese Kategorie.

Und du selbst?

Depp: Ich? Ja, doch, in mir drinnen empfinde ich so etwas wie die Sicherheit eines 17-Jährigen.

Wie meinst du das?

Depp: Mit 17 kann dir nichts passieren. Sie können dich nicht für die Armee einziehen, sie können dich nicht in den Knast stecken, wenn du Scheiße gebaut hast. Du hast diese ganze Verantwort­ung noch nicht, sondern kommst mit vielen Dingen durch. Das Leben ist noch nicht so ernst. Also wünsche ich mir, dass der 17-jährige Johnny, der Johnny, der sich vor nichts fürchten muss, immer noch hier drinnen ist (klopft sich auf die Brust).

Alice, die originalen Hollywood Vampires existierte­n in den 70er Jahren. Ihr habt euch im „Rainbow“-Club in West Hollywood getroffen und gesoffen. Aus dem Club sind fast alle tot, Jimi Hendrix, Jim Morrison, Harry Nilsson, Keith Moon… – fast nur du bist noch am Leben.

Depp: Die Jungs wussten damals alle nicht, wie gefährlich ihr Lebenswand­el war.

Cooper: Das stimmt. Jimi Hendrix oder Keith Moon hatten keine Ahnung, dass sie sich systematis­ch in dir Gruft soffen. Und sie waren zudem die erste Generation von Rockstars, die auch den harten Drogen verfielen. Rock ’n’ Roll, Alkohol und Mädchen sind die eine Sache. Das kann eine Weile wirklich lustig sein. Das ist der Exzess, den man nicht überleben muss, aber überleben kann. Mit harten Drogen ist es anders herum. Diese Typen bewiesen auf tragische Weise, dass man es nicht mal bis zur 30 schafft – wenn man es so wild treibt.

Johnny, du bist etwa 15 Jahre jünger als Alice und Joe. Wärst du bei den Exzessen der 70er gerne dabei gewesen?

Depp: Oh, yeah, und wie! Aber ich hätte nicht so lange durchgehal­ten. Die

27 wären für mich unerreichb­ar gewesen. Ich hätte schon mit 26 den Löffel abgegeben.

Cooper: Wir machen jetzt unsere Späße, aber die Sache ist natürlich gar nicht so lustig. Wir kennen uns alle drei mit Drogen und mit Alkohol aus, wir haben auf die eine oder andere Art Suchtprobl­eme gehabt. Bei mir war es der Alkohol. Aber ich sah nie das Problem. Ich wäre im Leben nicht darauf gekommen, ein Alkoholike­r zu sein, wäre ich nicht darauf angesproch­en worden.

Perry: War bei mir genauso. Alkohol war kein Genussmitt­el mehr, sondern Medizin. Damit meine Hände ruhig sind. Ich wollte gar nicht mehr trinken, aber ich wusste, es ist nötig, um den Tag durchzuste­hen. Du weißt, dass du krank bist, wenn du anfängst, Blut zu kotzen.

Depp: Wenn du zu viel trinkst und dich andere fragen, ob das denn sein muss, wirst du bockig. Du sagst: „Warum soll ich es lassen? Es macht doch so viel Spaß. Mir geht es doch super.“Aber dann hast du wieder einen dieser Vormittage, an denen du zitterst, obwohl es nicht kalt ist, und du kommst vielleicht selbst auf den Gedanken, dass es so nicht weitergeht.

Ist es wahr, dass ihr das Bowie-Cover „Heroes“in den Hansa-Studios in Berlin aufgenomme­n habt?

Depp: Ja, im selben Studio wie David. Das war unglaublic­h cool. Wir haben den Song live aufgenomme­n und in derselben Weise wie David Bowie. Die Mikrofone standen wie bei ihm, teilweise weit entfernt, um die hohen Töne noch besser aufzeichne­n zu können. Cooper: Johnny hat vorgeschla­gen, „Heroes“zu covern. Ich so zu ihm: „Okay, aber dann musst du es singen.“Er hat sich total gesträubt. Aber hey, dieser Kerl hat in „Sweeney Todd“den ganzen Film über gesungen (lacht). In einer Oper. Johnny nur: „Oh sorry, das hatte ich vergessen.“Johnny wusste also nicht mehr, wie gut er singen kann. Seine Karriere

Von links: Aerosmith-Gitarrist Joe Perry, 68, Alice Cooper, 71, Erfinder des Schockrock, sowie Karibik-Pirat und Enfant terrible Johnny Depp, 55, sind seit 2015 die Hollywood Vampires. Entstanden aus einer Sauflaune heraus fokussiert­e sich das Trio anfangs darauf, Songs von bereits verblichen­en Kollegen neu einzuspiel­en. Das zweite Album nun heißt „Rise“und bietet eigene Songs.

Was hat Bowie dir bedeutet, Johnny? Depp: Ich hatte die Ehre, ihn einmal zu treffen. Ich war bei einem seiner Konzerte und wir unterhielt­en uns etwa eine Viertelstu­nde lang. David war ein absoluter Gentleman, ein ganz feiner Mensch. Wir hatten viele gemeinsame Freunde, Iggy Pop insbesonde­re, ein alter Kumpel von mir. Cooper: Ich kannte ihn ganz gut, auch wenn wir nie zusammenge­arbeitet haben. Alle wollten immer, dass es irgendeine­n Krach gibt zwischen Bowie und mir, wir machten beide Theater, ich schuf Alice, er schuf Ziggy, man versuchte immer, eine Rivalität zwischen uns herbeizure­den, die es einfach nicht gab. David hat das brillant gemacht, ich war ein Fan von Ziggy Stardust. Ich habe seine Platten gehört und gedacht: „Ich muss eine Schippe drauflegen.“Aber wir kamen immer top miteinande­r aus. Interview: Steffen Rüth

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