Mein Kind lebt das Chaos
Genialität und Chaos sind unzertrennlich. Das ist der Trost, der bleibt. Es wird also wohl hoffentlich ein kleines Genie heranwachsen, das da jeden Tag das Wohnzimmer innerhalb von Minuten in eine bizarre Landschaft aus Legoklötzen, Plüschtieren oder Schulsachen verwandelt? Wenn aber nicht, was dann? Doch lieber immer mahnen, ordnen, aufräumen, damit nicht das Chaos die Oberhand gewinnt, sondern die Ordnung?
Aaaargh! Aufräumen ist das heikle Thema bei uns. Unser kleiner Mann muss allmählich lernen, selbst für seine Sachen zu sorgen. Spiele müssen komplett sein, die Kuscheltiere müssen wieder auffindbar sein. Lego tut weh unter den Füßen, Lederbälle gehen im Regen kaputt… Also muss er abends seine Spielsachen wegräumen, das heißt: in große Kisten schmeißen. Recht bald wird das Chaos in den Kisten so groß, dass damit keiner mehr spielen kann. Dann setzen wir uns hin und sortieren die Spielsachen, sortieren aus und lassen den ganzen Zirkel von neuem starten, bis das Chaos wieder Überhand nimmt. Sisyphos’ Fels ist nichts gegen unsere Kisten. Aber immerhin liegt nichts mehr im Weg rum.
Inke, Kamerafrau, ein Sohn (8)
Wenn mein Sohn ins Bett geht, zieht sich die Spur des Ausziehens durch sein ganzes Zimmer, das sowieso einem Schlachtfeld gleicht. Das war schon immer so. Momentan kann man durchs Zimmer laufen, lange Zeit war das Einzige was half, Übernachtungsgäste einzuladen, denn dann musste der Boden für die Matratze freigeräumt werden. Mein Sohn ist ein Chaot. Sorgen, dass er nicht durchs Leben kommen könnte, habe ich mir dennoch nie gemacht, da war ja immer viel kreativer Schöpferwille im Spiel. Ich habe das Chaos weitgehend geduldet, die Kinderzimmertür einfach zugemacht … Man glaubt es kaum: Er räumt inzwischen immer öfter von sich aus auf.
Helga, selbstständig, ein Sohn (15), eine Tochter (17) Mein Sohn liebt das Chaos, aber ich nicht! Alles soll immer am gleichen Platz liegen, im Dunkeln ohne Licht zu finden sein … Die Ordnung und mein Sohn sind noch keine Freunde geworden. Aber in jedem Chaos findet er noch das passende Legoteil, und das von mir vermisste Ladekabel sei doch hier bei ihm „griffbereit“… Er hat seinen eigenen Ordnungssinn. Nachvollziehen kann ich ihn nicht. Meinen Sinn von Ordnung kann ich ihm vermitteln – und seinen Weg wird er wohl selber finden.
Michael, Banker, ein Sohn (11)
Auch Sie haben eine Erziehungsfrage? Schreiben Sie an familie@ augsburger-allgemeine.de. Die Kolumne wird betreut von den Redakteurinnen Doris Wegner und Stefanie Wirsching, Mütter und Autorinnen des Buches „Supermütter“.