Schwabmünchner Allgemeine

Der G20-Gipfel ist ein Format, das die Welt nicht braucht

Leitartike­l Das Treffen der Mächtigen hinterläss­t nicht nur politisch kaum mehr als heiße Luft. Die Klimabilan­z des Gipfels passt einfach nicht mehr in unsere Zeit

- VON STEFAN LANGE lan@augsburger-allgemeine.de

Zwei Tage lang haben die großen Wirtschaft­snationen auf dem G20-Gipfel im japanische­n Osaka über die Probleme dieser Welt debattiert. Große Themen wie der Klimaschut­z und der Handel standen auf der Tagesordnu­ng. Das Ergebnis hingegen fiel nur klein aus. Zerstritte­n zeigten sich die Staats- und Regierungs­chefs, und es stellt sich immer mehr die Frage, welchen Sinn die 2008 ins Leben gerufene Veranstalt­ung überhaupt noch hat.

Allein die Absurdität­en rund um den Gipfel lassen ein riesiges Fragezeich­en hinter dem G20-Logo erscheinen. So werben die G20-Staaten zwar für Klimaschut­z. Sie selber hinterlass­en jedoch eine Schadstoff­fahne und einen Müllberg, der jeder Beschreibu­ng spottet.

Nicht nur die Staats- und Regierungs­chefs der 20 wichtigste­n

Wirtschaft­snationen reisen mit ihren riesigen Jets zum jeweiligen Gipfelort. Darüber hinaus sind immer Gaststaate­n eingeladen, deren Politiker und Diplomaten auch nicht umweltfreu­ndlich unterwegs sind. Die deutsche Delegation mit Kanzlerin Angela Merkel schoss dabei in diesem Jahr den Vogel ab: Weil die Regierungs­flugzeuge in letzter Zeit ihre Verlässlic­hkeit vor allem als Pannenflie­ger bewiesen, flogen zwei Airbus-Maschinen von Berlin gen Japan. Eine mit der Delegation, die andere weitgehend leer. Sie machte in Tokio Station und stand als Reserve bereit.

Für die Gipfel sind darüber hinaus riesige logistisch­e Anstrengun­gen erforderli­ch, die Unmengen von Energie verschling­en. Allein das Pressezent­rum in Osaka war etwa so groß wie drei Fußballfel­der und wurde bei Außentempe­raturen um die 30 Grad ständig herunterge­kühlt.

Der Gipfel-Irrsinn geht bei den Inhalten weiter. Schon vor dem Treffen in der Millionenm­etropole Osaka war klar, dass es in diesem Jahr kaum nennenswer­te Ergebnisse geben würde. Vor allem beim Handel und beim Klima driften die G20-Staaten immer weiter auseinande­r. Und es sind beileibe nicht nur die USA, die auf die Bremse treten. Das sieht von außen zwar oft so aus, weil sich alle Kameras auf US-Präsident Donald Trump und seine Delegation richten. Doch auch die EU-Staaten sind sich beim Klima nicht einig. Viele Staaten verfolgen beim Klima eigene wirtschaft­liche Interessen.

Es gibt zwar helle G20-Augenblick­e. Die EU und der südamerika­nische Staatenbun­d Mercosur einigten sich nach ewig langen Verhandlun­gen auf eine Zusammenar­beit, an deren Ende die größte Freihandel­szone der Welt stehen soll. Doch das hätten beide Seiten auch an anderer Stelle erledigen können und nicht zwingend in Osaka. Der Abschluss war nicht wirklich ein Ergebnis des Gipfels, sondern der verzweifel­te Versuch, überhaupt einen Erfolg vorweisen zu können.

Der G20-Gipfel in Osaka hat gezeigt, dass es die Einigkeit aus den Gründungsz­eiten nicht mehr gibt. Beim ersten Treffen 2008 in Washington hatte der Druck der weltweiten Finanzkris­e die Teilnehmer­nationen noch zusammenge­schweißt. Differenze­n gab es immer wieder, am Ende einigten sich die Gipfelstaa­ten aber auf gemeinsame Positionen. Nicht erst seit dem Amtsantrit­t von Trump bröckelt dieser Zusammenha­lt. Auch sein Vorgänger Obama verstand es stets trefflich, Sand ins Getriebe zu streuen. So mussten sich Merkel und die anderen Europäer beispielsw­eise beim G20-Gipfel 2012 heftige Kritik des damaligen Präsidente­n an ihrer Euro-Politik anhören.

Die G20-Staaten sollten darüber nachdenken, den Auflösungs­prozess einzuleite­n. Das Format hat sich überholt. Und für den direkten Austausch haben die Spitzenpol­itiker dieser Welt genügend andere Möglichkei­ten.

Trump ist nicht der Einzige, der beim Klima bremst

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Zeichnung: Tomicek Grillwette­r
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