Körnersemmeln sind keine Vollkornsemmeln
Ernährung Schrippen, Kipf, Weckla oder schlicht Brötchen – die Bezeichnungen sind vielfältig, die Inhaltsstoffe fast überall gleich: Mehl, Wasser, Salz und Hefe. Dennoch gibt es Unterschiede
Der Begriff Semmel leitet sich ab von der lateinischen Bezeichnung „simila“, übersetzt: Weizenmehl. Auch damit lebt der römische Einfluss in Bayern, an den sich manches Nordlicht gewöhnen muss.
Semmeln genießen seit 1957 eine offizielle Gewichtsfreiheit. Damals wurde die Vorschrift des Mindestgewichts für Kleingebäck bis 250 Gramm – zu dem auch Semmeln gehören – abgeschafft. In der Regel liegt das Gewicht heute zwischen 30 und 50 Gramm pro Stück, mit starker Tendenz zum aufgeplusterten Federgewicht. Der empfohlene Durchmesser von zehn bis 15 Zentimetern Länge und zwölf Zentimetern Höhe erreichen die meisten Bäckereien. Nachdem die handwerkliche Backkunst vorrangig auf Maschinen übertragen wurde, ist das Maß ohnehin genormt.
Immerhin bleiben dem vom Semmelgewicht enttäuschten Kunden Auswahlmöglichkeiten, solange es noch Qualitätsunterschiede gibt. Normalerweise bestehen die Teiglinge aus 90 Prozent Mehl, Wasser,
Salz, Hefe und eventuell einem Backmittel. Erlaubt sind aber auch Zusätze wie Lecithin, Zitronen- oder Essigsäure, Zucker, Malzextrakt zur Färbung, Verdickungsmittel wie Guarkernmehl, Emulgatoren wie Diacetylweinsäureester, Phosphate, Säureregulatoren , Enzyme, Mehlbehandlungsmittel, Cystein und so weiter. Eine Kennzeichnungspflicht gibt es bei loser Ware noch nicht. Sie steht noch immer aus.
Und wie sieht es mit der Haltbarkeit aus? Weizensemmeln altern schnell. Je höher der Roggenanteil, desto besser die Lagerfähigkeit. Die Krume wird im Vergleich zum Brot wesentlich schneller weich. Deshalb sollten frische, warme Semmeln möglichst schnell aus der Tüte genommen werden, weil sonst die Feuchtigkeit in die Kruste übergehen kann.
Aufbacksemmeln werden bei hoher Luftfeuchtigkeit in Spezialbacköfen nahezu fertig gebacken und anschließend schockgefroren. Diese Produkte bietet der Handel tiefgekühlt an. Dort gibt es ebenfalls ungekühlte Aufbacksemmeln. Sie sind nur zu 70 Prozent fertig gebacken, dem Kunden bleiben demnach 30 Prozent Backaufwand. Aufbacksemmeln werden in Tüten unter Schutzatmosphäre verpackt. Das heißt, der Sauerstoff wird ausgeschlossen. So sind sie theoretisch drei bis zehn Wochen lagerfähig, ohne schlecht zu werden.
Die bayerische Kaisersemmel aus Weißbrotteig ist immer rund, mit einem fünfteiligen Spiralmuster, das heute mit einem Stempel maschinell aufgedruckt wird. Durch die Prägung erhöht sich der Anteil der Kruste. Eine ideale Semmel ist resch – also kross.
Körnersemmeln sind meist keine Vollkornerzeugnisse. Sie bestehen oft aus Auszugsmehl – also aus normalem Weizenmehl Type 405. Ihre Farbe bekommen sie durch Malzextrakt. Auch Vollwert, Mehrkorn oder Kraftkorn sind eher verkaufsfördernde Angaben. Nur wenn der Begriff Vollkorn im Namens steht, müssen Semmel zu 90 Prozent mit Vollkornmehl oder -schrot verarbeitet sein. Das ist gesetzlich vorgeschrieben.