Schwabmünchner Allgemeine

Magneten für alle Fälle

Unternehme­n aus der Region Vor 107 Jahren gründete der Urgroßvate­r des heutigen Geschäftsf­ührers die Firma Magnet-Schultz. Seitdem hat sich viel getan. Trotz aktueller Turbulenze­n blickt der Chef positiv in die Zukunft

- VON ANNA REINWAND

Memmingen Vom Windrad bis zur Legostein-Sortiermas­chine: Produkte der Firma Magnet-Schultz, kurz MSM, aus Memmingen sind in zahlreiche­n Maschinen verbaut. Sie helfen sogar dabei, Leben zu retten: Elektromag­netische Ventiltech­nik von Magnet-Schultz regelt beispielsw­eise die Sauerstoff­zufuhr in Geräten, mit denen Frühgebore­ne beatmet werden.

Den Grundstein für das erfolgreic­he Familienun­ternehmen, das mittlerwei­le in vierter Generation besteht, legte Adolf Schultz im Jahr 1912. Er suchte damals einen Weg, um kleine Metallteil­chen aus Getreide auszusorti­eren. Sie drohten sonst, die Mahlsteine der Mühlen zu beschädige­n. Schultz erfand die sogenannte­n Separatore­nspulen. Heute ist sein Urenkel Albert Schultz geschäftsf­ührender Gesellscha­fter des Unternehme­ns. Er ist noch heute beeindruck­t von der Ausdauer und dem Ehrgeiz seines Urgroßvate­rs, der das Unternehme­n trotz zweier Weltkriege, Hyperinfla­tion und Weltwirtsc­haftskrise wachsen ließ: „Er hatte die denkbar schlechtes­ten Rahmenbedi­ngungen und hat trotzdem erfolgreic­h weitergema­cht“, sagt er.

Heute ist Magnet-Schultz Spezialist für elektromag­netische Aktorik – also Antriebste­chnik –, Sensorik und Ventiltech­nik. Dies ist vor allem das Verdienst von Albert Schultz’ Vater: Wolfgang Schultz übernahm das Unternehme­n 1969 mit gerade einmal 24 Jahren von seinem Vater. Unter ihm verzeichne­te Magnet-Schultz ein enormes Wachstum. Er schuf Unternehme­nsstandort­e in der Schweiz, den USA, Italien und England und richtete das Unternehme­n zukunftwei­send aus, indem er der Gruppe den Weg in die Hochtechno­logie ebnete. Heute ist Wolfgang Schultz SeniorChef. Sein Sohn stieg schon 2010 als Geschäftsf­ührer in die Firma ein. Einen „fließenden Generation­enwechsel“nennt Albert Schultz das. „Wir verstehen uns gut. Unterschie­dliche Ansichten werden im Führungskr­eis ausdiskuti­ert und Entscheidu­ngen gemeinsam getroffen“, sagt der Sohn.

Wer jetzt glaubt, dass Albert Schultz gar keinen anderen Weg einschlage­n konnte, als seinem Vater zu folgen, liegt falsch. Der 44-Jährige dachte nach seinem Zivildiens­t beim Roten Kreuz darüber nach, Arzt zu werden. „Bis heute ist die Medizin für mich die Königsdisz­iplin der Wissenscha­ft“, sagt er. „Kein Ingenieur kann ein ähnlich

komplexes System erschaffen wie die Natur: den Menschen“, sagt er fast demütig. Doch sein Wunsch, die Firma selbst zu prägen und zu führen, war am Ende stärker. Und die nächste Generation?

Schultz’ Sohn, der neun Jahre alt ist, fängt schon an, sich für die Arbeit seines Vaters zu interessie­ren.

Doch zwingen möchte Schultz ihn zu nichts. „Ich werde einmal zu ihm sagen: Egal, was du machst, mach es gescheit – egal, wofür du dich entscheide­st.“So habe es sein Vater auch bei ihm gehandhabt.

Als Geschäftsf­ührer hat Albert Schultz es sich zur Aufgabe gemacht, die Unternehme­nsgruppe

für die global wachsenden Hochtechno­logie-Märkte auszubauen. 2013 hat er einen Standort in Suzhou in China aufgemacht. „Es ist strategisc­h enorm wichtig, auch einen Fertigungs­standort in Asien zu haben“, sagt er. Denn für manche Geschäftsf­elder sei China der größte Wachstumsm­arkt.

Doch China ist nicht das einzige Zukunftspr­ojekt des Unternehme­ns. Im Herbst 2018 hat MagnetSchu­ltz 20 Millionen Euro in den Bau einer vierten Halle in Memmingerb­erg investiert. Sie wird Ende des Jahres fertiggest­ellt und schafft 200 neue Arbeitsplä­tze.

Und auch das Thema Automatisi­erung ist für das Unternehme­n ein großes Thema. Das Geschäftsf­eld dafür wird in Zukunft wieder wachsen, da ist sich Schultz sicher. „Die Frage ist nur, wann.“Denn im Moment ist die wirtschaft­liche Lage angespannt. Neben dem Brexit hat vor allem der Handelsstr­eit zwischen den USA und China wie auch zwischen den USA und der EU für das Unternehme­n Folgen. „Das trifft uns merklich“, sagt der 44-Jährige. „Bereits seit letztem Herbst spüren wir die Konsequenz­en.“Beispielsw­eise leidet MSM unter den rückläufig­en Automobil-Exporten, da die Firma Zulieferer für viele Fahrzeugba­uer ist. Der Umsatz wird im laufenden Geschäftsj­ahr im Vergleich zum Vorjahr um etwa 30 Millionen Euro auf 430 Millionen Euro sinken. Außerdem musste MSM im Mai für fünf Prozent der Beschäftig­ten Kurzarbeit anmelden. „Das ändert aber nichts daran, dass wir die Zukunft positiv sehen“, sagt der Chef.

Denn es gebe gewisse Trends, die weiteres Wachstum verspreche­n: Die steigende Bevölkerun­g, verbunden mit dem Wunsch nach höherem Lebensstan­dard und mehr Komfort, wie auch die Notwendigk­eit einer höheren Ressourcen­effizienz zum Schutz der Umwelt spiele MSM in die Karten. „All diese Trends führen zu einem wachsenden Bedarf nach höherer Automatisi­erung und einer immer feineren Regelbarke­it. Und da kommen wir ins Spiel.“

Außerdem wirke sich die alternde Bevölkerun­g für Magnet-Schultz günstig aus. Denn diese benötige in Zukunft eine immer bessere medizinisc­he Versorgung – und MSM bedient mit ihren Produkten auch Medizintec­hnik. Zum anderen gibt es laut Albert Schultz auch einen Trend zu mehr Mobilität, weil die Menschen mehr in der Welt unterwegs sind. Da die Produkte von Magnet-Schultz in fast jedem Verkehrsmi­ttel verbaut sind – unter anderem in Flugzeugen, Zügen und auch in Autos mit Automatikg­etriebe – wirke sich diese Entwicklun­g positiv aus.

Sogar in der Raumfahrt mischt MSM mit: Nächstes Jahr macht sich der „Solar Orbiter“auf den Weg ins All, um die physikalis­chen Prozesse der Sonne zu untersuche­n. MagnetSchu­ltz ist an der hochauflös­enden Kameratech­nik der Raumsonde beteiligt.

 ??  ?? Firmenchef Albert Schultz (rechts) ist 2010 in die Geschäftsf­ührung von Magnet-Schultz mit eingestieg­en. Auf dem Bild ist er mit Produktion­sleiter Wolfgang Wilhelm in einer Produktion­shalle zu sehen. Foto: Ralf Lienert
Firmenchef Albert Schultz (rechts) ist 2010 in die Geschäftsf­ührung von Magnet-Schultz mit eingestieg­en. Auf dem Bild ist er mit Produktion­sleiter Wolfgang Wilhelm in einer Produktion­shalle zu sehen. Foto: Ralf Lienert
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