Stunde null in Regensburg?
Das schöne Regensburg war dereinst im frühen Mittelalter die erste Metropole Bayerns, die heimliche Hauptstadt sozusagen. Darauf sind die Regensburger bis heute stolz, auch wenn der Ruhm längst verblasst ist. Diese Woche nun droht den Regensburgern Ungemach. Es ist gut möglich, dass sich mit dem Richterspruch im Fall des suspendierten Oberbürgermeisters Joachim Wolbergs (SPD) der heimliche Titel „Korruptionshauptstadt Bayerns“bestätigt.
Wolbergs, sein Vorgänger Hans Schaidinger (CSU) und der Bauunternehmer Volker Tretzel haben sich jedenfalls nach Kräften bemüht, die alte Reichsstadt in einem schillernden Licht oder, besser gesagt, in einem ominösen Halbdunkel erscheinen zu lassen. Was an ihren Machenschaften „nur“unanständig und was strafbar ist, werden die Richter zu entscheiden haben. Viel bedeutsamer freilich wird sein, wie die Politik hinterher weitermacht.
Das Beispiel Österreichs – pointiert dargestellt in Kurt Kuchs Buch „Land der Diebe“– zeigt, was passieren kann, wenn sich die maßgeblichen Herren und Damen in zwei großen, lange Zeit dominierenden Parteien allzugut verstehen. Korruption, Vetternwirtschaft und Netzwerkerei sind langsam wirkende Gifte. Dagegen hilft nur ein klarer Schnitt, ein eindeutiger Bruch mit der Vergangenheit. Eine „Stunde null“nach dem Urteilsspruch könnte den Regensburgern ihren Stolz auf die Stadt zurückgeben.