Ein Schrank zahlt sich aus
Bachmann-Preis geht nach Österreich
Klagenfurt Es war wohl die bislang heißeste Auflage der renommierten Literaturauszeichnung: Teilweise bis zu 38 Grad zeigte das Thermometer in Klagenfurt, wo die Jury am Sonntag die österreichische Autorin Birgit Birnbacher mit dem 43. Ingeborg-Bachmann-Preis auszeichnete. Die 33-Jährige erhielt die mit 25000 Euro dotierte Auszeichnung für ihren Text „Der Schrank“. Die Jury lobte die Geschichte als „eine Mikrostudie der Lebensverhältnisse“. Die Sprache von Birnbachers Text sei knisternd, sie rühre auf, hieß es in der Laudatio. Die in Salzburg lebende Autorin war als Favoritin ins Rennen gegangen.
Der Ingeborg-Bachmann-Preis wird seit 1977 in Erinnerung an die in Klagenfurt geborene Schriftstellerin Ingeborg Bachmann (1926– 1973) verliehen. Acht Autorinnen und sechs Autoren stellten sich in diesem Jahr einer siebenköpfigen Jury. Die Hitze machte nicht nur den Autoren, sondern auch den Bewertern sichtlich zu schaffen. Eine Jurorin musste aufgrund einer Dehydrierung während der Lesung von Birgit Birnbacher am Freitagvormittag aus dem Saal gebracht und im Krankenhaus behandelt werden. Später konnte sie aber wieder teilnehmen.
Heiß war der Bachmann-Preis in diesem Jahr aber auch, weil die 43. Tage der deutschsprachigen Literatur für etliche Kontroversen auf der Bühne sorgten. Die größte löste der deutsche Autor Martin Beyer mit seinem Text „Und ich war dabei“aus, in dem er die Ermordung von Mitgliedern der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“aus der Sicht des Henkersknechts schilderte. Ein Großteil der Jury war sich schnell einig: Es sei ein Text, der so nicht geschrieben werden dürfe und in Verdacht gerate, vom Leiden der Opfer profitieren zu wollen. Der Plauderton mache ihn unerträglich. Auf einen Preis konnte der in Bamberg lebende Autor nach der heftigen Diskussion somit nicht mehr hoffen und ging am Ende leer aus.
Der Oberösterreicher Leander Fischer wurde in Klagenfurt mit dem mit 12500 Euro dotierten Deutschlandfunk-Preis ausgezeichnet. Der Kelag-Preis (10000 Euro) ging an die aus Kärnten stammende Julia Jost. Der in Südbaden geborene und in Köln arbeitende Yannic Federer bekam den 3sat-Preis (7500 Euro). Und die Leipziger Schriftstellerin Ronya Othmann gewann den per Internet-Voting ermittelten Publikumspreis (7000 Euro) sowie das damit verbundene Klagenfurter Stadtschreiberstipendium. (dpa)