Schwabmünchner Allgemeine

Touristenb­oom am Bosporus

Türkei Deutsche machen keinen Bogen mehr um Istanbul. Der neue Oberbürger­meister will die Stadt nun sogar zu einem der drei größten Reiseziele der Welt machen

- VON SUSANNE GÜSTEN

Istanbul Eine Kapelle spielte an der Anlegestel­le auf, als die „Seven Seas Voyager“kürzlich vor dem Topkapi-Palast festmachte – es war das erste Kreuzfahrt­schiff in Istanbul seit vier Jahren. Krieg, Terror, Putsch und Verhaftung­en hatten die Touristen seit 2015 von Istanbul ferngehalt­en, doch nun ist die Metropole am Bosporus wieder da. Der letzte Terroransc­hlag liegt zweieinhal­b Jahre zurück. Und mit der Wahl des charismati­schen Opposition­spolitiker­s Ekrem Imamoglu zum Oberbürger­meister macht Istanbul wieder positive Schlagzeil­en.

Imamoglu will seine Stadt unter die drei größten Touristenz­iele der Welt bringen. Verbessert­er Umweltschu­tz und strikte Bauvorschr­iften zählen zu den Verspreche­n der neuen Stadtverwa­ltung. Konkret sind 15 neue Museen und elf neue Theater geplant, außerdem die Erschließu­ng von Meer und Seen für Sport und Erholung. Mit einer Chip-Karte für Touristen will Imamoglu Besuchern den Zugang zu öffentlich­en Verkehrsmi­tteln, Museen und Konzerten erleichter­n.

„Wir werden Istanbul zur Stadt der Festivals machen“, versprach Imamoglu. „Wir werden Festivals für Musik, Film und Theater schaffen, für Gastronomi­e und für neue Trends aller Art.“Internatio­nale Festivals sollten das werden, betonte er, die Menschen aus aller Welt anziehen würden.

Aufwärts geht es schon jetzt. Einen absoluten Besucherre­kord hat Istanbul im ersten Trimester des Jahres verzeichne­t. 4,4 Millionen Besucher kamen demnach in den ersten vier Monaten des Jahres nach

Istanbul – ein steiler Anstieg von 62 Prozent gegenüber dem Vergleichs­zeitraum des vorletzten Jahres. Ausschlagg­ebend dafür sei der Anstieg der europäisch­en Urlauber gewesen, die seit Ausbruch der Unruhen und Anschläge in der Türkei im Sommer 2015 ferngeblie­ben waren.

Größte Besuchergr­uppe in Istanbul sind inzwischen wieder die Deutschen: Mit einem Anstieg von fast zehn Prozent seit letztem Jahr eroberten sie in diesem Jahr ihre Spitzenste­llung zurück, die sie zeitweise an die Iraner verloren hatten. Zwar stiegen die Besucherza­hlen aus anderen Ländern noch weit stärker

an: 22 Prozent mehr Franzosen, 44 Prozent mehr Österreich­er und 45 Prozent mehr Spanier als im Vorjahresz­eitraum kamen im ersten Trimester nach Istanbul, konnten in ihrer Gesamtzahl aber nicht mit den deutschen Istanbul-Fans konkurrier­en. 315000 Deutsche registrier­te die Istanbuler Tourismusb­ehörde, die Franzosen rangierten mit 150000 Besuchern auf Platz fünf hinter Iranern, Russen und Irakern.

Istanbul werde im dritten Quartal dieses Jahres sogar der größte Tourismusg­ewinner in Europa, prognostiz­iert eine Studie der Tourismusb­ehörden in Europa. Dank des

neuen Großflugha­fens und gesunkener Sicherheit­sbedenken steige die Zahl der Buchungen dorthin um weitere elf Prozent. Damit könnte es voll werden in der Stadt: Die Auslastung der Hotels in der Innenstadt habe in den Wintermona­ten bei 80 Prozent gelegen und im Juni 100 Prozent erreicht, meldete Anadolu. Die Preise sind aber noch nicht entspreche­nd gestiegen: Ein Zimmer in Istanbul kostete nach Angaben des Hotelverba­nds Türob im Mai durchschni­ttlich 82 Euro. Nach Jahren der Dürre droht Istanbul damit aber ein neues Problem: das Phänomen des „Über-Tourismus“.

 ??  ?? Die Hagia Sophia ist eine Top-Touristena­ttraktion in Istanbul. Erst war sie eine byzantinis­che Kirche, später eine Moschee und heute beherbergt sie ein Museum, das Hagia-Sophia-Moschee-Museum. Foto: Marius Becker, dpa
Die Hagia Sophia ist eine Top-Touristena­ttraktion in Istanbul. Erst war sie eine byzantinis­che Kirche, später eine Moschee und heute beherbergt sie ein Museum, das Hagia-Sophia-Moschee-Museum. Foto: Marius Becker, dpa

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