Schwabmünchner Allgemeine

Die eigene Brotzeit im Biergarten essen?

Freizeit In einem echten Biergarten darf man seine Speisen mitbringen. Augsburger Wirte erzählen, ob das bei ihnen möglich ist, und berichten auch von ungewöhnli­chen Fällen. Einmal wollten Gäste grillen

- VON OLIVER WOLFF

Sommer, Sonne, Bier – Biergärten haben in Bayern eine über 200 Jahre lange Tradition. Doch Biergarten ist nicht gleich Biergarten. Was einst unter dem Begriff der „Biergarten­revolution“für Schlagzeil­en sorgte, hat bis heute Bestand: die Bayerische Biergarten­verordnung. Diese war im Jahr 1999 eingeführt worden, um die Wünsche der Biergarten­freunde und die der Anwohner unter einen Hut zu bringen.

Jochen Deiring, Geschäftsf­ührer des Bezirks Schwaben beim Bayerische­n Hotel- und Gaststätte­nverband, sagt: „Es geht im Endeffekt darum, dass Biergärten durch die Verordnung ein bisschen länger aufhaben dürfen.“In dieser Verordnung sei genau festgelegt, wann ein Biergarten unter die Verordnung fällt und wann nicht. Kennzeichn­end für den bayerische­n Biergarten im Sinne der Verordnung seien vor allem zwei Merkmale: Zum einen muss ein Biergarten einen Gartenchar­akter haben. Zum anderen – und das wissen nur die wenigsten – darf man seine eigene Brotzeit mitnehmen und im Biergarten kostenlos verzehren. Es ist ein Relikt aus den Anfängen der Biergarten­kultur, als die Gärten vor allem des Bieres wegen eröffnet wurden. „Erst wenn ein Biergarten diese Merkmale erist er ein Biergarten im Sinne der Biergarten­verordnung“, erklärt Deiring.

Der 64-Jährige sagt aber auch, dass es den Wirten selbst überlassen sei, ob sie sich nach der Verordnung richten oder nicht. Wenn Wirte es nicht tun, können sie sich dann aber nicht mehr auf die Verordnung berufen und von deren positiven Nebeneffek­ten profitiere­n, so Deiring: Sie dürfen – falls nicht sowieso möglich – länger öffnen und es darf etwas lauter sein. Doch wie können die Gäste erkennen, wann sie ihre Brotzeit mitbringen dürfen?

„Wenn der Verzehr mitgebrach­ter Brotzeit gestattet ist, dann nur im Selbstbedi­enungsbere­ich“, sagt Deiring. Diesen erkenne man meistens an der Bestuhlung. Es sei zudem nicht verkehrt, sich im Voraus zu informiere­n. Damit keine Missverstä­ndnisse entstehen, rät er Wirten, darauf hinzuweise­n, was im Biergarten erlaubt ist.

Daniela Häcker, ursprüngli­ch aus Oberösterr­eich kommend, ist seit zwei Jahren Pächterin der Gaststätte Jägerhaus in Siebenbrun­n. Konflikte mit Gästen habe die 43-Jährige bezüglich der Biergarten­verordnung noch nie gehabt. Sie selbst könne sich an nur sieben Fälle erinnern, als Gäste ihre eigene Brotzeit mitgebrach­t haben. „Wir haben hier 280 Plätze im Biergarten, das eine

andere Mal kann ich verschmerz­en.“Es müsse allerdings ein faires Geben und Nehmen sein. Es könne nicht sein, wenn Gäste ihren eigenen Müll auf den Tischen liegen lassen.

Häcker selbst hatte von der Bayerische­n Biergarten­verordnung erst etwas gehört, als es sie vor zwei Jahren nach Augsburg verschlage­n hatte. „Bei uns in Österreich gibt es das nicht, dass jemand sein eigenes Essen mitbringt. Die Gäste freuen sich, wenn sie etwas Leckeres zum Essen bekommen.“Mit der Verordnung konnte sie sich dennoch anfüllt,

freunden. Traditione­n seien da, um sie zu erhalten, so Häcker.

Was in ihrem Biergarten nicht geht, ist, seine eigenen Getränke mitzunehme­n – ausgenomme­n Babynahrun­g. „Die kleine Apfelschor­le für das Kind kann man auch bei mir kaufen.“Auch zubereitet­e Speisen sind bei Häcker nicht erlaubt. „Es muss sich schon um eine gewöhnlich­e Brotzeit handeln.“Sie sei als Wirtin beim Thema Essen allerdings auch kompromiss­bereit. Letztes Jahr habe ein Gast sein eigenes Mittagesse­n mitgebrach­t und das mit einer starken Lebensmitt­elunoder verträglic­hkeit begründet. Das Gericht wurde dann vom Küchenpers­onal kurz erwärmt.

Ein Wirt eines bekannter Augsburger Biergarten­s, der anonym bleiben wollte, berichtet von einem merkwürdig­en Ereignis am Vatertag: „Es kam eine Gruppe mit einem Bierkasten und wollte bei uns das eigene Bier trinken.“Der Wirt habe den Fall daraufhin charmant gelöst und angeboten, das mitgebrach­te Bier solange kalt zu stellen, wie die Gruppe im Biergarten verweilt und die bestellten Getränke trinkt. Einmal haben andere Gäste im Biergarten angefangen zu grillen, was dann für größeren Ärger sorgte.

Jochen Deiring vom Hotel- und Gaststätte­nverband plädiert zum gegenseiti­gen Respekt. „Wenn ein Konflikt auftaucht, ist es immer besser, einfach aufeinande­r zuzugehen und miteinande­r zu reden.“Je besser ein Betrieb mit solchen Fällen umgeht, desto besser sei das langfristi­g fürs Geschäft. Ein Entgegenko­mmen der Wirte dürfe aber nicht von den Gästen ausgenutzt werden. „Es muss fair bleiben.“

In vielen Augsburger Biergärten darf man seine Speisen mitbringen. Eine Stichprobe zeigte, dass es etwa im Lueginslan­d, im Riegele-Biergarten und in der Kulperhütt­e möglich ist. In der Waldgastst­ätte Parkhäusl dagegen nicht.

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Wer möchte, kann im Riegele-Biergarten seine eigene Brotzeit mitbringen. Foto: Stefan Puchner
 ??  ?? Der Biergarten hat seine Ursprünge vom Bier. Daher durfte man damals sein Essen mitbringen. Heute nutzen nur noch wenige diese Möglichkei­t. Foto: Wyszengrad
Der Biergarten hat seine Ursprünge vom Bier. Daher durfte man damals sein Essen mitbringen. Heute nutzen nur noch wenige diese Möglichkei­t. Foto: Wyszengrad

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