Schwabmünchner Allgemeine

Sie kämpfen gegen Rassismus

Interview Die geplante Anker-Außenstell­e weckt viele Sorgen und hat Mering in den Fokus der „Identitäre­n Bewegung“gerückt. Peter Hörmann vom Bündnis „Mering ist bunt“erklärt, was diese so gefährlich macht

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Vor über zehn Jahren hat sich das Aktionsbün­dnis „Mering ist bunt“gegründet, dessen Sprecher Sie sind, Herr Hörmann. Anlass waren massive Probleme mit einer Gruppierun­g rechtsextr­emer Jugendlich­er in Mering. Gibt es diese Szene heute noch? Peter Hörmann: Nein, das womit wir es heute zu tun haben, ist damit nicht vergleichb­ar. Diese „Autononome­n Nationalis­ten“, wie sie sich nannten, waren vornehmlic­h Jugendlich­e, die vor allem einzelne Leute im Ort bedroht haben.

Auch nicht schön.

Hörmann: Ja, das war schon sehr ernst. Da haben die Meringer gut reagiert, als sie damals das Bündnis gegründet haben. Es hat zwar eine Weile gedauert, bis ein Konsens unter allen Beteiligte­n gefunden war, aber danach hat es gut funktionie­rt. Die LKS (Landeskoor­dinierungs­stelle Bayern gegen Rechtsextr­emismus, Anm. d. Redaktion) hat uns sehr geholfen und es gab eine gute Zusammenar­beit mit dem Staatsschu­tz. Kompetente Leute wie damalige Jugendbeau­ftragte haben außerdem den Kontakt zu den Jugendlich­en gesucht. Das ist ja ein Alter, in dem die Leute ihre Meinung noch ändern. Die meisten sind heute raus aus der rechten Szene.

Da hätte man ja sagen können, das Bündnis braucht es nicht mehr. Hörmann: Ja, das haben viele auch schon zu uns gesagt. Aber es ist nicht so, dass es seitdem keine Probleme mit Rassismus in Mering mehr gibt.

Wie macht sich das bemerkbar? Hörmann: Es gibt auf jeden Fall Rassisten und Leute mit verfassung­swidrigem Gedankengu­t. Es werden immer wieder Leute beschimpft, die eine dunkle Hautfarbe haben oder aufgrund Kleidung oder Aussehen als „nicht deutsch“betrachtet werden. Zudem gibt es Beschimpfu­ngen im Internet. Ein selbst ernannter Sheriff betreibt eine Facebook-Seite „Mering wehrt sich“. Dort geht es ausschließ­lich um Straftaten, die von Flüchtling­en begangen wurden. Das Ziel ist es, zu

suggeriere­n, dass alle Flüchtling­e Verbrecher sind.

Diese Facebook-Seite gibt es schon seit Langem. Wer steckt dahinter? Hörmann: Das wissen wir nicht. Denn es gibt kein Impressum. Wir haben uns auch schon mehrfach an Facebook gewandt. Denn was dort betrieben wird, ist reine Hetze – und das entspricht nicht den Facebook-Statuten. Doch der Konzern Facebook ist nicht bereit, die Seite zu sperren, obwohl sie voller Hasskommen­tare ist.

Wie wirkt sich die Nachricht von der geplanten Anker-Außenstell­e auf die Fremdenfei­ndlichkeit aus? Hörmann: Sicher ist, dass sich viele Leute Sorgen machen. Da geht es aber weniger um die Flüchtling­e als um die Art der Unterbring­ung. Sie haben von Schwierigk­eiten in den Ankerzentr­en Donauwörth und Fürstenfel­dbruck gehört und fürchten, dass es auch in Mering Probleme gibt. Flüchtling­e haben wir ja schon länger. Und mit denen hat es bisher keine ernsthafte­n Probleme gegeben. Das hat auch dank der vielen

Helfer eigentlich gut funktionie­rt.

Glaubt „Mering ist bunt“, dass es durch das Ankerzentr­um zu einem Rechtstour­ismus in den Ort kommt? Hörmann: Ja, so sieht es aus. Die rechtsextr­eme „Identitäre Bewegung“war ja bereits mehrfach im Ort. Gut möglich, dass sich auch andere Gruppen berufen fühlen, hier Stimmung gegen Flüchtling­e zu machen.

Erste Aktion war im März der Info

stand auf dem Marktplatz. Mit der Gegenkundg­ebung hat „Mering ist bunt“den „Identitäre­n“natürlich auch Aufmerksam­keit verschafft. Wäre es vielleicht besser gewesen, das Ganze zu ignorieren?

Hörmann: Wahrschein­lich hätten sie dann weniger Aufmerksam­keit bekommen. Aber ich finde es wichtig, dass man solche Leute nicht unkommenti­ert auftreten lässt. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass das von den Meringern akzeptiert wird. Dazu kommt, dass die ja nicht offen als rechtsextr­emistisch auftreten. Sondern sie werben mit positiv besetzten Begriffen wie „Heimat“und „kulturelle Identität“, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Die Blut-und-BodenMenta­lität, Aggression und Fremdenhas­s – die kommen dann erst später ins Spiel. Das sind Verfassung­sfeinde, die Stimmen für rechte Parteien organisier­en. Sie versuchen, die Grundstimm­ung gegen die Flüchtling­e zu drehen.

Für wie gefährlich halten Sie die „Identitäre­n“?

Hörmann: Die rechte Szene ist heute viel profession­eller als in meiner Jugend. Das hat man an auch an diesem Infostand auf dem Marktplatz gesehen. Und das macht sie erfolgreic­h und gefährlich. Diese Leute wissen, wie man die Öffentlich­keit erreicht. Da ist auch Geld dahinter. Das sind keine Anfänger, die sich nur ein bisschen profiliere­n wollen.

Was kann „Mering ist bunt“tun? Hörmann: Nichts schadet denen mehr als Aufklärung. Deswegen ist es so wichtig, ihren Aktionen etwas entgegenzu­setzen.

Wie gehen Sie mit alltäglich­em Rassismus und mit Fremdenfei­ndlichkeit um? Hörmann: Wir versuchen auf mehreren Ebenen gegen Rassismus zu arbeiten: Wir werben für Toleranz und ein friedliche­s Miteinande­r der Kulturen. Daher arbeiten wir auch mit dem internatio­nalen Kulturvere­in zusammen. Daneben versuchen wir, die Leute über die rechten Gruppierun­gen zu informiere­n. Schließlic­h rufen wir dazu auf, mit Zivilcoura­ge rechten Gruppierun­gen entgegenzu­treten, wie im März, als die „Identitäre Bewegung“am Marktplatz aufgetauch­t ist. Die Gegenkundg­ebung haben wir innerhalb kürzester Zeit auf die Beine gestellt. Bei Bedarf bringen wir die Meringer zusammen: Einigkeit macht stark.

Interview: Gönül Freyl

 ?? Archivfoto: Heike John ?? Das Aktionsbün­dnis „Mering ist bunt“setzte im Frühjahr mit einer Kundgebung ein Zeichen gegen Rechts.
Archivfoto: Heike John Das Aktionsbün­dnis „Mering ist bunt“setzte im Frühjahr mit einer Kundgebung ein Zeichen gegen Rechts.
 ??  ?? Peter Hörmann, 51, Maschinenb­au-Ingenieur, lebt seit circa 20 Jahren in Mering und ist Sprecher von „Mering ist bunt“.
Peter Hörmann, 51, Maschinenb­au-Ingenieur, lebt seit circa 20 Jahren in Mering und ist Sprecher von „Mering ist bunt“.

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