Schwabmünchner Allgemeine

Schmuddeli­g wie der Ü18-Bereich in der Videothek

- time@augsburger-allgemeine.de VON TILMANN MEHL

Wasser ist nass, nachts ist es dunkel, der Radsport hat ein Imageprobl­em. Seit vor etlichen Jahren Analysemet­hoden offenbart haben, dass die meisten Siege auf einem erhebliche­n pharmazeut­ischen Wissen basieren, nehmen die Deutschen selbst von den großen Rennen nur noch beiläufig Kenntnis. Die Tour de France hat einen ähnlich schmuddeli­gen Ruf wie ehedem die Ü18-Abteilung in der Videothek. Mit dem Unterschie­d: Dafür haben sich immer Interessie­rte gefunden.

Der Bund Deutscher Radfahrer hingegen musste die nationale Meistersch­aft beinahe absagen. Es fand sich keine Stadt oder Gemeinde, die ihre Straßen zur Verfügung stellen wollte. Letztlich erklärten sich doch noch die Betreiber des Sachsenrin­gs bereit, die Rennen für Frauen und Männer auszutrage­n. Sie konnten am wenigsten für die Farce, welche sich den Zuschauern bot. Aus Sicherheit­sgründen wurden über 90 Prozent der Starter aus dem Rennen genommen. Von 190 Radlern überquerte­n lediglich 15 die Ziellinie. Wer mehr als zwei Minuten Rückstand hatte, wurde disqualifi­ziert. Ansonsten hätte sich die Kollisions­gefahr auf dem 13 Kilometer langen Rundkurs massiv erhöht.

Nach 180 Kilometern und über vier Stunden hatte sich ein Trio des Teams Bora-hansgrohe vom Rest des nur noch kleinen Feldes abgesetzt. Statt aber in einem Zielsprint

den deutschen Meister auszumache­n, hatten sich die drei bereits auf einen Sieger geeinigt und trudelten gemeinsam ins Ziel. Maximilian Schachmann darf nun ein Jahr das Trikot des deutschen Meisters tragen. Das offenbart ein eigentümli­ches Bild von sportliche­m Wettkampf.

Vor dem Rennen hatte Radsportpr­äsident Rudolf Scharping wegen der Probleme bei der Suche nach einem Ausrichter noch die Städte kritisiert. Diese sollten doch bitte ein Mal im Jahr einige Straßen kostenlos absperren. „Ansonsten ist die einmalige Nähe im Radsport, bei dem man Weltklasse-Athleten direkt zu den Menschen bringt und jeder an diesem Ereignis teilnehmen kann, bald nur noch ein schönes Kapitel in den Geschichts­büchern.“

Dafür aber wären nicht die Städte verantwort­lich. Sondern einzig und allein die Sportler.

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