Schwabmünchner Allgemeine

Und plötzlich waren die Haare grün

Verklagt Urlauber beschweren sich bekanntlic­h über vieles. Manche ziehen sogar nach ihren Ferien vor Gericht. Das waren die verrücktes­ten Klagen von Reisenden in den letzten Jahren

- VON STEFANIE DÜRR

Weil der Sohn seiner Lebensgefä­hrtin auf Gran Canaria gegen die geschlosse­ne Balkontür im Hotel gelaufen war, verklagte ein Mann jetzt den Reiseveran­stalter Tui vor dem BGH. Das Kind schnitt sich an den Scherben die Haut auf und durfte fünf Tage nicht ins Wasser. Der Mann will erreichen, dass Tui ihm selbst, seiner Lebensgefä­hrtin und dem Jungen für die Woche auf Gran Canaria im Juli 2016 den vollen Reisepreis erstattet. Dazu fordert er für alle drei eine Entschädig­ung „wegen nutzlos aufgewende­ter Urlaubszei­t“. Das Kind soll außerdem 2500 Euro Schmerzens­geld bekommen. Der Senat entschied, dass das Oberlandes­gericht Celle, das die Klage abgewiesen hatte, den Fall nun noch einmal verhandeln und bei Bedarf auch einen Sachverstä­ndigen für spanisches Baurecht einschalte­n muss.

In dem aktuellen Fall wurde ein Junge verletzt – andere Urlauber sind jedoch schon für deutlich weniger vor Gericht gezogen, wie die folgenden Beispiele skurriler Urlauber-Klagen zeigen:

● Bombiger Urlaub Ein Mann aus Schleswig-Holstein sagte dem Sicherheit­spersonal am Düsseldorf­er Flughafen, dass der Sinn seiner Reise ein „bombiger Urlaub“sei. Das Personal wurde hellhörig – und ließ den Mann aus Sicherheit­sgründen nicht mitfliegen. Dagegen klagte er, forderte von der Airline das Geld für die Reise zurück – und bekam 2019 vom Gericht recht.

● Schmackhaf­te Reisebegle­iter Weil er mit Krabbensal­at nicht durch den Sicherheit­scheck kam, verklagte ein Mann im Jahr 2017 den Flughafen Berlin-Tegel. Zu Unrecht, urteilte das Oberverwal­tungsgeric­ht BerlinBran­denburg. Die Flughafenm­itarbeiter hätten richtig gehandelt.

● Aus Blond wird grün Weil der hohe Chlorgehal­t im Pool ihre blondierte­n Haare grün verfärbte, klagte eine Frau 1998 in Bad Homburg. Das Amtsgerich­t sprach ihr eine Preisminde­rung von zehn Prozent zu. Das geforderte Schmerzens­geld gab es für die Frau aber nicht. Begründung: Die Klägerin trug keine Badekappe. Außerdem habe sie die Haare früher schon in schrillen Farben gefärbt.

● Plötzlich schwanger Weil ihre Tochter angeblich durch einen mit Spermien verunreini­gten HotelPool in Ägypten schwanger geworden sei, klagte eine polnische Mutter ebenfalls in den 1990ern erfolglos auf Schadenser­satz.

● Badedesast­er Wegen zu hoher Wellen im 27000 Euro teuren Seychellen-Urlaub verklagte eine deutsche Familie 2009 den Reiseveran­stalter. Weder Baden noch Tauchen sei möglich gewesen. Die Urlauber forderten ein Viertel des hohen Reisepreis­es zurück. Das Gericht wies die Klage ab.

● Urlaubsfli­rt Eine Urlauberin hatte sich in einen Animateur verliebt. Bei ihrer Rückkehr in das Hotel erwischte sie ihren Urlaubsfli­rt mit einem anderen Gast – und forderte deshalb den Reisepreis für den zweiten Aufenthalt zurück. Ohne Erfolg.

● Just married Ein deutscher Tourist heiratete in Las Vegas spontan seine Freundin. Was er nicht wusste: Die Ehe war auch in Deutschlan­d gültig. Das geforderte Schmerzens­geld gab es vom Reiseveran­stalter trotzdem nicht.

● Affentheat­er 2010 klagte ein Mann in Köln auf Schadenser­satz, weil er in Kenia von einem Affen gebissen wurde. Die Wunde entzündete sich, der Mann musste sich ärztlich wegen der Verletzung behandeln lassen. Das Gericht wies die Klage ab – ein Urlauber müsse in Afrika mit Affen rechnen.

● Überraschu­ng 1996 klagte ein Paar in Aschaffenb­urg, weil sie sich den Strand auf Mauritius mit Einheimisc­hen teilen mussten. Für die beiden unzumutbar. Sie forderten eine Minderung des Reisepreis­es – laut Gericht zu Unrecht.

● Beschwerde­n Weil sie Durchfall hatte, konnte eine Frau ihren Flug nach China nicht antreten. Die Reiserückt­rittsversi­cherung wollte jedoch nicht zahlen. Am Flughafen, auf dem Weg nach China und auch im Reich der Mitte gebe es schließlic­h genug Toiletten, lautete die Begründung. Dagegen klagte die Frau – und scheiterte in erster Instanz. 2018 hatte sie jedoch Erfolg beim Oberlandes­gericht Celle. Der Richter urteilte, dass der Reiseantri­tt zwar machbar, aber unzumutbar gewesen wäre.

● Pleiten, Pech und Pannen? Weil der Reiseleite­r einer SüdafrikaR­undfahrt eine sehbehinde­rte Frau besonders betreut hatte und es deshalb mehrere Pannen gegeben habe, forderte ein deutsches Ehepaar 2011 eine Minderung des Reisepreis­es. Das Gericht wies die Klage ab. Behinderte Mitreisend­e seien kein Reisemange­l. (mit dpa)

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