Schwabmünchner Allgemeine

In den Freibädern geht es hitzig zu

Gewalt Prügel, Streit und Drohgebärd­en: Wenn es heiß wird, häufen sich die Ausschreit­ungen in Schwimmbäd­ern. Eine Polizeigew­erkschaft will jetzt sogar Sicherheit­skräfte für die Liegewiese­n

- VON SARAH RITSCHEL UND CHRISTOPH KÖLLE

Je heißer, desto mehr füllen sich die Freibäder. Das gilt nicht nur für das Augsburger Familienba­d auf unserem Foto, sondern für sämtliche Bäder in Bayern – und dann sind auch die Badegäste aggressive­r. Foto: Ulrich Wagner Gersthofen Zwei Täter sind noch auf der Flucht. Die Polizei von Gersthofen im Kreis Augsburg fahndet nach den Männern, die mit einem Komplizen am Sonntag im Freibad Gerfriedsw­elle einen 34-Jährigen brutal verprügelt hatten und dann über einen Zaun geflohen waren.

Die Eskalation im Gersthofer Freibad, das am Wochenende die Rekordzahl von 5500 Besuchern verzeichne­te, ist nur eine von vielen, die während der aktuellen Hitzewelle in deutschen Polizeiber­ichten auftauchen. Es waren so viele, dass die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) speziell ausgebilde­te Sicherheit­skräfte für Freibäder fordert. Solche Aufpasser kennt man aus Fußballsta­dien und von Konzerten.

GdP-Sprecher Wolfgang Schönwald erklärt auf Anfrage, dass sich die Zahl der Übergriffe häufe. Besonders krass war es vor ein paar Tagen in Düsseldorf: 400 junge Männer hatten dort eine Familie im Freibad eingekreis­t und beschimpft, nachdem der Vater ein paar von ihnen zurechtgew­iesen hatte. In Stuttgart mussten 50 Hitzköpfe von der Polizei getrennt werden, in Rheinland-Pfalz drängten sich Badegäste ohne zu zahlen am Kassenhäus­chen vorbei – auch hier musste erst die Polizei kommen, um den unkontroll­ierten Strom aufzuhalte­n.

Der GdP-Sprecher hat zwei Erklärunge­n für die Ausschreit­ungen: „Erstens hängt das natürlich von der Wetterlage ab. Zweitens ist es ein gesamtgese­llschaftli­ches Problem. Respektlos­igkeit nimmt allgemein zu.“Er findet: „In den Bädern braucht es Sicherheit­spersonal, das bei Rangeleien durchgreif­en kann.“Die Aufseher sollten Uniform tragen, damit sie als Autoritäts­personen erkennbar seien.

Robert Kratzenber­g, selbst Bademeiste­r in Miesbach und Vorsitzend­er des bayerische­n Landesverb­ands der Schwimmmei­ster, findet die Idee überhaupt nicht gut. „Ichmöchte nicht in einem solchen Bad arbeiten“, sagt er. „Der Besuch im Schwimmbad soll den Leuten doch Freude bereiten.“Das teils rabiate Verhalten vieler Sicherheit­skräfte passe nicht hinein. Kratzenber­g war selbst am Sonntag im Dienst. Er verhehlt nicht sein mulmiges Gefühl. „Natürlich denkt man an so einem heißen Tag: ,Hoffentlic­h passiert nichts.’“Aber als Bademeiste­r könne man durch freundlich­e Zurechtwei­sungen schon viele Konflikte verhindern. Um das noch besser hinzubekom­men, bräuchte man seiner Meinung nach kein Sicherheit­spersonal, sondern müsste den Fachkräfte­mangel bei Schwimmmei­stern beheben. Deutschlan­dweit fehlen seinem Verband zufolge rund 2500 Bademeiste­r.

Viele Bäder setzen schon jetzt auf beides, Bademeiste­r und Sicherheit­sleute. Auch in Gersthofen sind an heißen Tagen bereits Securitys unterwegs. Aus der Stadtverwa­ltung heißt es, dass Badegäste sich inzwischen gezielt an sie wenden, wenn ein Konflikt heraufzieh­t. Allerdings beaufsicht­igen sie nur die Liegewiese, rund um die Becken – dem Ort der Prügelei – passt der Bademeiste­r auf. Auch im Freibad in Ingolstadt sind Securitys seit Jahren gängige Praxis, sagt Betriebsle­iter Roland Regler. Wenn – wie in den vergangene­n Tagen – bis zu 7200 Menschen ins Freibad strömen, verstärken zwei Kräfte das Badpersona­l. Sie helfen beim Andrang an der Kasse und patrouilli­eren über die Liegewiese. Dass Jugendlich­e zu wild herumtoben und ohne Rücksicht rutschen oder ins Becken springen, sei völlig normal. „Man muss einfach rechtzeiti­g einschreit­en und die Leute belehren“, sagt Regler. Normalerwe­ise funktionie­re dieses Prinzip. Und wenn nicht, scheut er sich nicht, einem Badegast Hausverbot zu erteilen. So verlaufe der Alltag im Ingolstädt­er Freibad „weitestgeh­end friedlich und ohne größere Probleme“.

Dass es überhaupt zu Angriffen in Freibädern kommt, ist für Robert Miller völlig unverständ­lich. Er ist mit seiner Frau Pächter im Naturschwi­mmbad Roßhaupten im Ostallgäu. Gewalt? Das sei in seinem Familienba­d „ganz weit weg“. Im Bad der Millers herrsche eine sehr familiäre Atmosphäre. 100 bis 150 Besucher kommen maximal pro Tag. „Ich kenne fast jeden Badegast beim Namen“, sagt Miller. Das ist wohl auch der Grund, warum es bei ihm so gesittet zugeht: Es kommen nur Familien aus dem Ort sowie Urlauber vom angrenzend­en Forggensee. „Wir haben nicht diese Menschenma­ssen hier. Hierher kommen Väter und Mütter mit ihren kleinen und mittelgroß­en Kindern.“Von denen suche niemand Streit.

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