In den Freibädern geht es hitzig zu
Gewalt Prügel, Streit und Drohgebärden: Wenn es heiß wird, häufen sich die Ausschreitungen in Schwimmbädern. Eine Polizeigewerkschaft will jetzt sogar Sicherheitskräfte für die Liegewiesen
Je heißer, desto mehr füllen sich die Freibäder. Das gilt nicht nur für das Augsburger Familienbad auf unserem Foto, sondern für sämtliche Bäder in Bayern – und dann sind auch die Badegäste aggressiver. Foto: Ulrich Wagner Gersthofen Zwei Täter sind noch auf der Flucht. Die Polizei von Gersthofen im Kreis Augsburg fahndet nach den Männern, die mit einem Komplizen am Sonntag im Freibad Gerfriedswelle einen 34-Jährigen brutal verprügelt hatten und dann über einen Zaun geflohen waren.
Die Eskalation im Gersthofer Freibad, das am Wochenende die Rekordzahl von 5500 Besuchern verzeichnete, ist nur eine von vielen, die während der aktuellen Hitzewelle in deutschen Polizeiberichten auftauchen. Es waren so viele, dass die Gewerkschaft der Polizei (GdP) speziell ausgebildete Sicherheitskräfte für Freibäder fordert. Solche Aufpasser kennt man aus Fußballstadien und von Konzerten.
GdP-Sprecher Wolfgang Schönwald erklärt auf Anfrage, dass sich die Zahl der Übergriffe häufe. Besonders krass war es vor ein paar Tagen in Düsseldorf: 400 junge Männer hatten dort eine Familie im Freibad eingekreist und beschimpft, nachdem der Vater ein paar von ihnen zurechtgewiesen hatte. In Stuttgart mussten 50 Hitzköpfe von der Polizei getrennt werden, in Rheinland-Pfalz drängten sich Badegäste ohne zu zahlen am Kassenhäuschen vorbei – auch hier musste erst die Polizei kommen, um den unkontrollierten Strom aufzuhalten.
Der GdP-Sprecher hat zwei Erklärungen für die Ausschreitungen: „Erstens hängt das natürlich von der Wetterlage ab. Zweitens ist es ein gesamtgesellschaftliches Problem. Respektlosigkeit nimmt allgemein zu.“Er findet: „In den Bädern braucht es Sicherheitspersonal, das bei Rangeleien durchgreifen kann.“Die Aufseher sollten Uniform tragen, damit sie als Autoritätspersonen erkennbar seien.
Robert Kratzenberg, selbst Bademeister in Miesbach und Vorsitzender des bayerischen Landesverbands der Schwimmmeister, findet die Idee überhaupt nicht gut. „Ichmöchte nicht in einem solchen Bad arbeiten“, sagt er. „Der Besuch im Schwimmbad soll den Leuten doch Freude bereiten.“Das teils rabiate Verhalten vieler Sicherheitskräfte passe nicht hinein. Kratzenberg war selbst am Sonntag im Dienst. Er verhehlt nicht sein mulmiges Gefühl. „Natürlich denkt man an so einem heißen Tag: ,Hoffentlich passiert nichts.’“Aber als Bademeister könne man durch freundliche Zurechtweisungen schon viele Konflikte verhindern. Um das noch besser hinzubekommen, bräuchte man seiner Meinung nach kein Sicherheitspersonal, sondern müsste den Fachkräftemangel bei Schwimmmeistern beheben. Deutschlandweit fehlen seinem Verband zufolge rund 2500 Bademeister.
Viele Bäder setzen schon jetzt auf beides, Bademeister und Sicherheitsleute. Auch in Gersthofen sind an heißen Tagen bereits Securitys unterwegs. Aus der Stadtverwaltung heißt es, dass Badegäste sich inzwischen gezielt an sie wenden, wenn ein Konflikt heraufzieht. Allerdings beaufsichtigen sie nur die Liegewiese, rund um die Becken – dem Ort der Prügelei – passt der Bademeister auf. Auch im Freibad in Ingolstadt sind Securitys seit Jahren gängige Praxis, sagt Betriebsleiter Roland Regler. Wenn – wie in den vergangenen Tagen – bis zu 7200 Menschen ins Freibad strömen, verstärken zwei Kräfte das Badpersonal. Sie helfen beim Andrang an der Kasse und patrouillieren über die Liegewiese. Dass Jugendliche zu wild herumtoben und ohne Rücksicht rutschen oder ins Becken springen, sei völlig normal. „Man muss einfach rechtzeitig einschreiten und die Leute belehren“, sagt Regler. Normalerweise funktioniere dieses Prinzip. Und wenn nicht, scheut er sich nicht, einem Badegast Hausverbot zu erteilen. So verlaufe der Alltag im Ingolstädter Freibad „weitestgehend friedlich und ohne größere Probleme“.
Dass es überhaupt zu Angriffen in Freibädern kommt, ist für Robert Miller völlig unverständlich. Er ist mit seiner Frau Pächter im Naturschwimmbad Roßhaupten im Ostallgäu. Gewalt? Das sei in seinem Familienbad „ganz weit weg“. Im Bad der Millers herrsche eine sehr familiäre Atmosphäre. 100 bis 150 Besucher kommen maximal pro Tag. „Ich kenne fast jeden Badegast beim Namen“, sagt Miller. Das ist wohl auch der Grund, warum es bei ihm so gesittet zugeht: Es kommen nur Familien aus dem Ort sowie Urlauber vom angrenzenden Forggensee. „Wir haben nicht diese Menschenmassen hier. Hierher kommen Väter und Mütter mit ihren kleinen und mittelgroßen Kindern.“Von denen suche niemand Streit.