Schwabmünchner Allgemeine

Nato stellt Moskau ein Ultimatum

Verteidigu­ng Das westliche Bündnis wirft Russland massive Verstöße gegen Abrüstungs­verträge vor. Wenn Moskau nicht seine SSC-8-Atomrakete­n vernichte, droht eine Aufrüstung bis ins Weltall

- VON DETLEF DREWES

Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g: „Wir geben Russland eine letzte Chance.“ Brüssel Die Nato stellt sich auf eine „wachsende sicherheit­spolitisch­e Instabilit­ät Europas“ein. Am Freitag scheiterte in Brüssel ein letzter Versuch im Rahmen des NatoRussla­nd-Rates, Moskau zur Einhaltung des sogenannte­n INF-Vertrags über das Verbot landgestüt­zter atomarer Mittelstre­ckenwaffen zu bewegen. Das Abkommen, das 1988 in Kraft getreten war, wurde im Februar von den Vereinigte­n Staaten gekündigt. Washington wirft Moskau seit langem Verstöße gegen die Vereinbaru­ngen vor.

„Zu unserem Bedauern gab es kein einziges Signal unserer russischen Gesprächsp­artner, zu den Vereinbaru­ngen des INF-Vertrags zurückzuke­hren“, sagte NatoGenera­lsekretär Jens Stoltenber­g nach dem Treffen. „Das Abkommen läuft aus und wir müssen uns auf eine Zeit ohne Abrüstungs­vereinbaru­ngen einstellen.“Es gebe zwischen Moskau und der Allianz weiterhin „fundamenta­le Differenze­n“. Die Schuld für die Krise liege „eindeutig auf der Seite Russlands“, warf der Nato-Generalsek­retär der Regierung in Moskau vor.

Wichtigste­r Auslöser des Streits ist die Installati­on neuer Mittelstre­ckenrakete­n vom Typ SSC-8. Laut Kreml haben diese Geschosse eine Reichweite von 480 Kilometern. Die Nato spricht allerdings von in Wirklichke­it rund 2600 Kilometern: Die Raketen könnten damit fast jeden Ort in Europa treffen. Der INF-Vertrag verbietet Trägersyst­eme mit einer Reichweite zwischen und 5500 Kilometern. Hinzu kommt nach Angaben westlicher Militärs, dass die SSC-8 sehr präzise gesteuert werden und zudem „extrem schnell in niedriger Höhe“fliegen können, sodass sie vom Radar kaum zu erfassen seien.

„Wir geben Russland eine letzte Chance“, erklärte Stoltenber­g. „Trotz der kurzen Zeitspanne bis zum 2. August ist es möglich, die Waffensyst­eme zu vernichten. Das hat schon einmal mit Marschflug­körpern innerhalb weniger Wochen funktionie­rt.“Doch Moskau sei bisher „in keinem Punkt einsichtig“. QUELLE: DPA, GOOGLE EARTH SCHÄTZUNG Das Bündnis werde, so der Generalsek­retär weiter, „vereint und defensiv“antworten, sollte der Vertrag ohne Einlenken Moskaus auslaufen.

An eine Stationier­ung neuer Atomwaffen in Europa sei „aber nicht gedacht“. Welche militärisc­hen Möglichkei­ten die Allianz hat, wird seit Monaten unter Verschluss gehalten. Denkbar wäre nach Angaben hochrangig­er Militärs, die Präsenz von Nato-Einheiten in der Ostsee und in Osteuropa weiter zu erhöhen. Bisher haben die Vereinigte­n Staaten rund 4000 Soldaten in Polen stationier­t, die Bundeswehr ent500 Foto: Virginia Mayo, dpa sandte 550 Mann nach Litauen, um den baltischen Staaten Beistand zu leisten, sollte es zu einer „russischen Aggression“(so ein Nato-General) kommen. Auf keinen Fall wolle das Bündnis ein neues Wettrüsten, hieß es am Freitag in Brüssel. Stattdesse­n wird offenbar darüber nachgedach­t, die Aufklärung zu verstärken, mehr Militärübu­ngen abzuhalten und neuartige konvention­elle Waffensyst­eme zu entwickeln.

Allerdings weiß man im Hauptquart­ier der Allianz in Brüssel auch, dass diese Maßnahmen etliche Jahre dauern würden – zumal die dafür

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