Schwabmünchner Allgemeine

Karriereen­de

Fußball Der Niederländ­er sorgte beim FC Bayern für die wichtigen Tore, unter anderem schoss er den Klub zum Sieg in der Königsklas­se. Er erlebte auch Tiefen. Nun beendet er seine Karriere

- VON FLORIAN EISELE

In Wembley erlebte Robben seinen größten Moment

München Wenn sich eine Fankurve die Mühe macht, auf einen Spieler einen eigenen Gesang zu dichten, gilt das als eine der größten Liebeserkl­ärungen. Beim FC Liverpool wurde aus Doris Days „Que Sera Sera“ein „Steve Gerrard“, in Köln gibt es für Anthony Modeste unendlich viele Strophen und beim FC Bayern texteten die Fans Joe Dassins „Champs Elysées“zu „Franck Ribéry“um. Und dann gibt es noch Arjen Robben. Ihm widmete die Südkurve einen Gesang, der den größten Erfolg der jüngeren Vereinsges­chichte beschreibt: „Ich hab geträumt von dir, von unsrer Wembley-Nacht. Wir haben den Cup gewonnen, den Thron erklommen, der Arjen hat’s gemacht.“Gesungen wird zu „Ich hab geträumt von dir“von Matthias Reim.

In eben dieser Wembley-Nacht im Mai 2013 gewann der FC Bayern das Finale der Champions League gegen Borussia Dortmund. Torschütze des entscheide­nden 2:1 kurz vor Ende der regulären Spielzeit: Arjen Robben. Es war das wichtigste von 144 Toren, die der Niederländ­er in zehn Jahren für den deutschen Rekordmeis­ter erzielte. Robben wurde zur wohl prägendste­n Figur der deutschen Eliteliga: Acht Meistersch­aften, fünf Pokalsiege, ein Sieg in der Königsklas­se.

Sechs Jahre nach dem Treffer in London fällte Robben die nach eigenen Worten „schwierigs­te Entscheidu­ng“seiner Karriere. Es ist zugleich die letzte Entscheidu­ng – nämlich die, seine Laufbahn zu beenden. „Es war eine Entscheidu­ng, bei der das Herz und der Verstand nicht in Einklang zu bringen waren“, schrieb Robben in seiner Erklärung. Dass er den FC Bayern verlassen würde, war seit Monaten klar – bis zuletzt hatte er sich aber offengelas­sen, seine Karriere bei einem anderen Klub fortzusetz­en.

Woanders, das hätte aber auch geheißen – auf einem anderen, niedrigere­n Level. Um einen 35-Jährigen, der wegen Verletzung­en vergangene Saison nur auf zwölf Bundesliga­spiele kam, reißen sich keine Top-Klubs. Dass Robben, den bereits in jungen Jahren bei Chelsea und Real Madrid Verletzung­en plagten, überhaupt bis 35 Jahren spielen konnte, gilt als Wunder. In seiner Zeit in Madrid bekam er deshalb den wenig schmeichel­haften Beinamen „Der Gläserne“verpasst. Angebote gab es aber dennoch: Der PSV Eindhoven, bei dem der ehemalige Bayern-Kapitän Mark van Bommel Trainer ist, lockte. Für den Klub hatte Robben bereits vor seinem Wechsel nach London gespielt. Es spricht aber für Robben, dass er dem Reiz widersteht, bis ins hohe Alter weiterzusp­ielen. Große Spieler, die mit dem Lasso vom Platz geholt werden müssen, gibt es genug. Ein Beispiel für ein trostloses Ende einer Weltkarrie­re lieferte unlängst der Spanier Xavi. Der Weltmeiste­r von 2010 war Teil der legendären Barcelona-Mannschaft von Pep Guardiola, wie Robben eine Klub-Legende – und wechselte nach seinem Abschied aus Barcelona nach Katar. Sein letztes Spiel verfolgten 11000 Zuschauer – in einem Stadion, das Platz für 100 000 Menschen bietet.

Robben bleiben ähnliche Erfahrunge­n erspart. Statt in Katar oder den USA wird Robben mindestens das nächste Jahr noch in München verbringen, bis das Haus in seiner Heimat Groningen fertig ist. In der bayerische­n Landeshaup­tstadt freue er sich darauf, „all die schönen Dinge zu genießen, die vor mir liegen“. Von Madrid nach München zu kommen – das verriet Robben einmal, sei ihm zu Beginn „wie ein Rückschrit­t“vorgekomme­n. Die Bayern hatten im Sommer 2009 keine Mannschaft, die für den Sieg in der Champions League infrage gekommen wäre. Schon zwei Jahre zuvor, als Robben von Chelsea in die spanische Hauptstadt gewechselt war, war das Interesse der Münchner hinterlegt – doch der Niederländ­er gab Uli Hoeneß einen Korb. Nach zwei enttäusche­nden Real-Jahren kam der Niederländ­er dann doch, weil er bei Bayern die Garantie sah, zu spielen. Er sollte es nicht bereuen: „Rückblicke­nd war es die beste Entscheidu­ng meines Lebens.“Es dauerte aber, bis Spieler, Klub und Fans miteinande­r warm wurden.

Vor der Krönung in Wembley musste Robben ein Jahr zuvor auch die Tiefen erleben. Das ChampionsL­eague-Finale 2012 in München, das „Finale dahoam“, sollte der Höhepunkt werden – und geriet zum Albtraum mit Robben in der Hauptrolle. Wie schon Wochen zuvor gegen Dortmund vergab er einen Elfmeter. In einem Spiel, in dem die Münchner drückend überlegen waren, retteten sich die überaltert­en Engländer ins Elfmetersc­hießen. Dort trat Robben gar nicht mehr an und musste zusehen, wie Chelseas Didier Drogba den entscheide­nden Ball im Münchner Tor versenkte. Knapp 70 Stunden nach dem Spiel stand ein Freundscha­ftsspiel in der Münchner Arena an, der FC Bayern spielte gegen die Niederland­e. Was ein Vorbereitu­ngskick für die EM 2012 sein sollte, wurde zum emotionale­n Tiefpunkt. Robben, der für die Niederland­e auflief, wurde bei jeder Ballberühr­ung ausgepfiff­en.

Und dann Wembley. Es war eine Saison, in der Robben alles gelang: Tore gegen Dortmund, verwandelt­e Elfmeter, der ersehnte ChampionsL­eague-Titel. Es war die Versöhnung und Krönung. Laut Münchner Standesamt wurden 2013 in München drei Neugeboren­e auf den Vornamen Arjen getauft. Sein Finaltreff­er gegen Dortmund ist, wie Thomas Müller nach Bekanntwer­den des Robben-Rücktritts schrieb, „ein Moment für die Ewigkeit von einem Spieler, der immer in unseren Herzen bleiben wird“. Franck Ribéry, mit dem Robben ein anfangs schwierige­s, dann respektvol­les Verhältnis hatte, schrieb: „Robbery wird unvergessl­ich bleiben. Was für eine Karriere, mein Freund.“

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Foto: Mark Atkins, Witters Der Moment der Krönung: 2013 schießt Arjen Robben den FC Bayern zum Sieg in der Champions League. Nach zehn Jahren beim deutschen Rekordmeis­ter gab der Außenstürm­er nun sein Karriereen­de bekannt.

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