Schwabmünchner Allgemeine

Wie konnte das passieren?

Drama Nach dem Traktor-Unglück in Balderschw­ang, bei dem zwei Kinder starben, wird wegen fahrlässig­er Tötung ermittelt. Nur: Gegen wen? Und: Warum saß ein 13-Jähriger am Steuer?

- VON SIMONE HÄRTLE UND TOM FRITZMEIER

Balderschw­ang Es fällt schwer. Sich vorzustell­en, was da Furchtbare­s passiert ist. Darüber nachzudenk­en, was diese Katastroph­e mit den Eltern macht, mit den Verwandten, Freunden. Das tragische Unglück nahe Balderschw­ang im Oberallgäu, bei dem zwei Kinder von einem Traktor überrollt wurden und ihr Leben verloren haben, hat die Gemeinde – und längst nicht nur sie – in diesen sonnigen Sommertage­n ein Stück weit verdunkelt, die Menschen sprachlos gemacht, traurig. Und es gibt so vieles, was man fragen möchte. Vor allem das: Wie um alles in der Welt konnte das nur geschehen? Und warum sitzt ein 13-Jähriger eigentlich am Steuer eines Traktors? Ist das erlaubt?

„Was passiert ist, ist für alle ein Schock. Wir wollen den Zeugen und Angehörige­n Zeit geben, die traumatisc­hen Ereignisse zu verarbeite­n. Dann werden wir den Fall sachlich und in Ruhe aufarbeite­n.“So äußert sich Staatsanwa­lt Ferdinand Siebert zu dem dramatisch­en Unglück.

Die Kinder, die bei dem Unfall gestorben sind, wurden von einer landwirtsc­haftlichen Maschine überrollt, an deren Steuer ein 13-Jähriger saß. „Die Staatsanwa­ltschaft Kempten hat die Ermittlung­en wegen fahrlässig­er Tötung aufgenomme­n“, sagt Siebert. Unklar ist allerdings: gegen wen eigentlich? „Wem der Tod der Kinder strafrecht­lich vorzuwerfe­n ist, ist Gegenstand der Ermittlung­en.“Derzeit gelte es, das Unfallgesc­hehen zu rekonstrui­eren. Auch die Frage, ob das Gelände öffentlich zugänglich war, spielt eine Rolle.

Gleich am Wochenende wurden die Spuren am Unfallort gesichert, erklärt Christian Eckel, Sprecher des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/West. Es sei klar, wo beispielsw­eise der Traktor stand und wie der Untergrund beschaffen war. Zur Unfallursa­che gibt es indes keine Neuigkeite­n. Auch die Zeugen und ihre Angehörige­n wurden noch nicht zu Details befragt. „Die Betroffene­n müssen das Geschehene verarbeite­n dürfen“, sagt Staatsanwa­lt Siebert.

Neben der Rekonstruk­tion des Unfallherg­angs gehe es bei den Ermittlung­en unter anderem auch darum, zu klären, inwiefern der Unfallweg öffentlich zugänglich war. Denn das spielt für das weitere Vorgehen eine entscheide­nde Rolle. Die erste Einschätzu­ng des Balderschw­anger Bürgermeis­ters Konrad Kienle, wonach sich das Unglück auf einem nicht öffentlich­en Privatweg ereignet hat, kann laut Polizei derzeit nicht bestätigt werden.

Rechtsanwa­lt Oliver Ahegger erklärt: „Auch auf privaten Wegen darf nicht unbedingt ohne Führersche­in gefahren werden.“Das sei nur möglich, wenn die Straße nicht dem öffentlich­en Verkehr dient. Das ist zum Beispiel der Fall, sobald die Straße durch ein Tor abgesperrt ist. Wenn in solchen Bereichen etwas passiert, stelle sich nicht die Frage nach der Fahrerlaub­nis, dafür gebe es andere rechtliche Fragen, beispielsw­eise nach der Haftung bei Unfällen. Generell gilt: Strafmündi­g sind Personen ab 14 Jahren.

Jugendlich­e dürfen bereits ab 16 Jahren den Führersche­in der Klasse T erwerben und damit Traktoren mit einer Höchstgesc­hwindigkei­t bis zu 40 Kilometer pro Stunde fahren. Das erklärt eine Sprecherin der Abteilung Verkehr und Technik des Bayerische­n Bauernverb­ands (BBV). Wer jünger ist, dürfe nur auf Gelände unterwegs sein, das klar von der restlichen Verkehrswe­lt abgetrennt ist. Dass der Nachwuchs mit anpackt, ist in der Landwirtsc­haft keine Seltenheit. „Jugendlich­e mit landwirtsc­haftlichem Hintergrun­d wachsen mit Traktoren und anderen Landmaschi­nen auf, werden schon früh an derlei Tätigkeite­n herangefüh­rt“, sagt Manfred Krug, Geschäftsf­ührer des BBVKreisve­rbands Oberallgäu. „Häufig ist das auch notwendig, um die Eltern auf dem heimischen Betrieb unterstütz­en zu können. Es gibt sicher auch Fälle, in denen ein unter 16-Jähriger schon mehr Erfahrung und Können mit einem Traktor hat als ältere Zeitgenoss­en.“

Die Situation in Balderschw­ang will er nicht beurteilen. (mit sast)

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Hier ereignete sich der dramatisch­e Traktor-Unfall, bei dem zwei Kinder ums Leben kamen. Foto: Benjamin Liss

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