Schwabmünchner Allgemeine

Rigoletto soll ein knalliges Spektakel werden

Festspiele Bregenz Giuseppe Verdis Meisterwer­k kommt als neuinszeni­erte Oper auf dem Bodensee heraus. Der Regisseur Philipp Stölzl begreift es auch als ein passendes Stück zur MeeToo-Debatte

- VON INGRID GROHE

Opernhäuse­r sind eine „ziemlich elitäre Angelegenh­eit“, meint Philipp Stölzl. Ihn dagegen treibe das Populäre an. Der Regisseur hat Spielfilme wie „Der Medicus“ebenso gedreht wie Musikvideo­s für Rammstein. Mit dem Auftrag, auf der Bregenzer Seebühne Verdis „Rigoletto“zu inszeniere­n, wurde ein Traum wahr. „Hier gibt es Oper für viele Menschen“, schwärmt der gebürtige Münchner. Giuseppe Verdi hält Stölzl für den „Pop-Musiker unter den Komponiste­n“, und die Verkaufsza­hlen geben ihm Recht: Schon vor der Premiere sind 95 Prozent der 190000 SeebühnenT­ickets gebucht.

Philipp Stölzl glaubt die Erwartunge­n der Kartenbesi­tzer zu kennen und verspricht, „ein knalliges, buntes Spektakel“abzuliefer­n, bei dem der aus dem See ragende, mit Robotertec­hnik vollgestop­fte Clownskopf eine wichtige Rolle spielen wird. Diese Bühnenskul­ptur erdachte Stölzl selbst. Als ein vertrautes Bild erleichter­e sie den Zugang zur Geschichte, glaubt er. „Die Zuschauer kennen den Zirkus eher als einen Fürstenhof der Renaissanc­e.“Vor allem aber sieht Stölzl im Clown eine komische und tragische Figur, wie sie der Hofnarr Rigoletto im Opernlibre­tto abgibt.

So lustig, wie auf den ersten Blick zu vermuten wäre, wird der Abend am See wohl nicht verlaufen. Denn Stölzl sieht in der Geschichte Themen von aktueller Brisanz: „Mit dem Machtmissb­rauch und dem erzwungene­n Sex ist es das passende Stück zur MeToo-Debatte.“Das bunt-groteske Stück werde sich ins Furchtbare wenden, warnt der Regisseur. Er setzt auf die Macht der Bilder, um zu zeigen, „dass die romantisch­en Töne in Verdis schöner Musik nur Fassade sind“.

Rigoletto, der die Kassen füllen wird, ist nicht der einzige Narr in diesem Bregenzer Festspiels­ommer. Intendanti­n Elisabeth Sobotka bereitet Don Quijote, dem von Miguel de Cervantes ersonnenen Möchtegern-Ritter, gleich zwei Bühnen: Im Festspielh­aus kämpft er zu Musik

Jules Massenet gegen Windmühlen, wenn dessen Comédie Héroique „Don Quichotte“gezeigt wird – wobei sich angesichts des tragischen Ritters für Regisseuri­n Mariame Clément die Frage stellt: „Müssen Männer immer Helden sein?“Und mit einer dramatisie­rten Fassung von Cervantes’ Roman „Don Quijote“kommt auch das Deutsche Theater Berlin nach Bregenz. Mit Ulrich Matthes und Wolfram Koch in den Hauptrolle­n feiert die Koprodukti­on im Kornmarktt­heater Premiere. In Berlin läuft das Stück dann im Oktober an.

Und noch eine Geschichte wird auf zweierlei Weise erzählt: Angeregt von Arthur Schnitzler­s Schauspiel „Der Reigen“hat der Kompo

nist Bernhard Lang mit dem Librettist­en Michael Sturminger ein Musiktheat­erwerk geschaffen. Als „Konzert mit Drama“schildert das kreative Tiroler Ensemble Franui die karussellh­aft ablaufende­n Paarungen flüchtiger Paare.

Intendanti­n Sobotka hat weitere Querverbin­dungen zwischen den verschiede­nen Schienen des 80 Veranstalt­ungen umfassende­n Festspielp­rogramms angelegt. Beim intimen Format „Musik und Poesie“befasst sich der Autor Michael Köhlmeier, der sich lieber „Geschichte­nerzähler“nennt, mit der Figur des Narren, und das Symphonieo­rchester Vorarlberg interpreti­ert mit dem Bariton Wolfgang Stefan Schwaiger bei einem Orchesterv­on

konzert den Liederzykl­us „Don Quichotte à Dulcinée“von Maurice Ravel. Die Wiener Symphonike­r führen Verdis Requiem auf; für zwei weitere Konzerte haben sie jeweils zwei Sinfonien von Verdis Zeitgenoss­en Johannes Brahms vorbereite­t.

Das Bregenzer Opernstudi­o kommt heuer ohne Brigitte Fassbaende­r aus. Seit Sobotka es vor vier Jahren zur Förderung junger Künstlerin­nen und Künstler gegründet hatte, war Fassbaende­r, die kürzlich 80 Jahre alt wurde, als Gesangspäd­agogin und Regisseuri­n maßgeblich beteiligt. Dieses Mal steht „Eugen Onegin“von Peter Tschaikows­ki auf dem Programm. Regie führt Jan Eßinger.

 ??  ?? Im überdimens­ionalen Clownskopf der Bregenzer „Rigoletto“-Szenerie können sogar Sänger stehen – und singen. Foto: Matthias Becker
Im überdimens­ionalen Clownskopf der Bregenzer „Rigoletto“-Szenerie können sogar Sänger stehen – und singen. Foto: Matthias Becker

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