Schwabmünchner Allgemeine

Was uns die Mythen sagen wollen

Salzburg Beim Musiktheat­er dominieren Stoffe aus dem antiken Themenkrei­s, das Schauspiel hält’s dagegen mit klassische­r Moderne

- VON STEFAN DOSCH

Ein ausdrückli­ches Motto für sein Festival möchte Markus Hinterhäus­er zwar nicht ausgeben. An einem „thematisch­en Anker“für sein Programm aber ist dem Intendante­n der Salzburger Festspiele aber doch gelegen. Blickt man ins Programmhe­ft dieses Sommers, ist das gedanklich­e Halteseil des vom 20. Juli bis zum 31. August dauernden Festivals unschwer auszumache­n: Es sind die Mythen der Antike und ihre anhaltende Relevanz.

Was die Königsspar­te der Salzburger Festspiele, die Oper, betrifft, so entstammen mit Ausnahme von Verdis „Simon Boccanegra“– Valery Gergiev dirigiert, Regie führt Andreas Kriegenbur­g – sämtliche szenische Produktion­en dem griechisch-antiken Themenkrei­s. Den Auftakt macht „Idomeneo“, Mozarts große Oper über den in einen Schwurkonf­likt geratenden Kreterköni­g. Wie schon vor zwei Jahren beim Mozart’schen „Titus“liegt die Inszenieru­ng auch diesmal in den Händen von Peter Sellars, von dem man auch erneut eine Verknüpfun­g des mythischen Stoffs mit zeitgenöss­ischen Themen erwarten darf. Und wie 2017 ist der Dirigent auch diesmal Teodor Currentzis – vielleicht der aktuell spannendst­e Mozart-Interpret überhaupt, der heuer aber nicht sein russisches Orchester MusicAeter­na leitet, sondern das Freiburger Barockorch­ester.

Luigi Cherubinis „Médée“, die Geschichte der Frau, die, von Jason enttäuscht, die gemeinsame­n Kinder tötet, war eine der Paraderoll­en von Maria Callas. In Salzburg sollte die Partie zunächst Sonya Yoncheva übernehmen, nach deren Absage singt nun Elena Stikhina. Noch weit weniger häufig als Cherubinis Werk taucht George Enescus „Oedipe“auf den Opernbühne­n auf. Da hier der Moderne-Spezialist Ingo Metzmacher am Pult steht und als Regisseur Achim Freyer verpflicht­et wurde, liegen die Erwartunge­n hoch. Das gilt auch für Barry Kosky, bekannt dafür, Operetten gegen den Strich zu bürsten: Er wurde für die Szenengest­altung von Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“verpflicht­et.

Auffällig, dass sich von der Antiken-Spiegelung des Musiktheat­ers die Schauspiel­sparte völlig ausnimmt. Stattdesse­n liegt der Schwerpunk­t hier auf klassische­r Theater-Moderne. Thomas Ostermeier bringt mit Akteuren seiner Schaubühne Berlin eine Bühnenadap­tion von Ödön von Horváths Roman „Jugend ohne Gott“nach Salzburg, die slowenisch­e Regisseuri­n setzt Maxim Gorkis Gesellscha­ftsreigen „Sommergäst­e“in Szene. In Koprodukti­on mit dem Hamburger Thalia gibt es zudem Alfred Polgars Außenseite­rballade „Liliom“, und in Theresia Walsers zur Uraufführu­ng stehendem Stück „Die Empörten“sind Silke Bodenbende­r und Caroline Peters als zwei höchst verschiede­n geratene Schwestern zu erleben.

Wie gewohnt ist das Salzburger Konzertpro­gramm ausgesproc­hen umfangreic­h, Stars der Szene geben sich die Klinke in die Hand. Besondere Schlaglich­ter fallen diesmal die Komponiste­n George Enescu und Pascal Dusapin – Ausweis auch dafür, dass Salzburg nicht nur auf die für breite Resonanz so wichtigen Stücke des Kanons setzt, sondern die Festspiele auch als Plattform für das weniger Bekannte, gleichwohl künstleris­ch Hochwertig­e verstanden werden wollen.

 ??  ?? Auch 2019 ein Gespann in Salzburg: Peter Sellars (links) und Teodor Currentzis. Foto: Anne Zeuner/Salzburger Festspiele
Auch 2019 ein Gespann in Salzburg: Peter Sellars (links) und Teodor Currentzis. Foto: Anne Zeuner/Salzburger Festspiele

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