Die unterschätzten Elektriker
Der Motorsport hat keinen leichten Stand. Selbst in der Sportredaktion dominieren die Skeptiker, die über die Kreisfahrer, die Benzin-Verbrenner, die Luftverpester lästern. Außerdem ist er noch immer eine Männer-Domäne. Die Chefs des Automobil-Weltverbandes Fia gelten eher als konservativ. Umweltschutz, CO2-Emissionen, Ökobilanz – nur etwas für Kaulquappen-Nummerierer oder Juchtenkäfer-Versteher. Nein, sie mochten es laut, stinkend und im Zweifel ein paar Dutzend PS mehr als weniger. Bis vor einigen Jahren der Fia die Idee für die Formel E kam. Batterie statt Benzin. Die Öko-Renner sollten nicht in Oschersleben oder am Lausitzring, also am Ende der Welt, sondern in den Metropolen der Welt fahren. Vorbei mit schneller, lauter, teurer – der Untergang des Motorsports, wie ihn die meist ergrauten Männer kannten, schien nahe.
Doch spätestens nach der fünften E-Saison zeigt sich, dass die Fia die richtige Abzweigung genommen hat. Zwar Surren die Renner mit einem eigenwilligen Geräusch über die Kurse, doch das Format und die Technik überzeugen. Der E-Prix von New York bot packenden Rennsport. Die Kinderkrankheiten
sind weitgehend abgestellt. Der Fahrzeug-Wechsel in der Mitte des Rennens gehört der Vergangenheit an. Längst haben die Hersteller Audi, BMW, Mercedes oder Porsche, die Motorsport als Werbe-Plattform für ihre Produkte sehen, das Potenzial der Formel E erkannt. Gut für ein grüneres Image und die Serie profitiert obendrein. Ein Beispiel: Die neue Batterie ist mit 380 Kilogramm immer noch das schwerste Teil im Fahrzeug, bringt aber fast doppelt so viel Leistung wie das alte Modell.
Während Lewis Hamilton mit sieben Erfolgen in zehn Rennen die Formel 1 zu Tode siegt, standen neun verschiedene Elektriker in 13 E-Prix auf dem obersten Treppchen. Das liegt auch an einem eigenwilligen Qualifying-Format, in dem der WM-Führende stets als Erster auf die Strecke muss. Er spielt den Staubsauger für alle nachfolgenden Starter, sammelt mit seinen Reifen den Dreck vom Asphalt und hat nie eine Chance auf einen Spitzen-Startplatz. Ärgerlich für ihn, ein Segen für die E-Serie. Vor dem Final-Wochenende hatten noch acht Fahrer Chancen auf den Titel. Von solchen Verhältnissen träumt die Formel 1. Die Königsklasse muss sich etwas einfallen lassen, die Formel E hat es längst getan.