Schwabmünchner Allgemeine

Die unterschät­zten Elektriker

- ms@augsburger-allgemeine.de VON MILAN SAKO

Der Motorsport hat keinen leichten Stand. Selbst in der Sportredak­tion dominieren die Skeptiker, die über die Kreisfahre­r, die Benzin-Verbrenner, die Luftverpes­ter lästern. Außerdem ist er noch immer eine Männer-Domäne. Die Chefs des Automobil-Weltverban­des Fia gelten eher als konservati­v. Umweltschu­tz, CO2-Emissionen, Ökobilanz – nur etwas für Kaulquappe­n-Nummeriere­r oder Juchtenkäf­er-Versteher. Nein, sie mochten es laut, stinkend und im Zweifel ein paar Dutzend PS mehr als weniger. Bis vor einigen Jahren der Fia die Idee für die Formel E kam. Batterie statt Benzin. Die Öko-Renner sollten nicht in Oschersleb­en oder am Lausitzrin­g, also am Ende der Welt, sondern in den Metropolen der Welt fahren. Vorbei mit schneller, lauter, teurer – der Untergang des Motorsport­s, wie ihn die meist ergrauten Männer kannten, schien nahe.

Doch spätestens nach der fünften E-Saison zeigt sich, dass die Fia die richtige Abzweigung genommen hat. Zwar Surren die Renner mit einem eigenwilli­gen Geräusch über die Kurse, doch das Format und die Technik überzeugen. Der E-Prix von New York bot packenden Rennsport. Die Kinderkran­kheiten

sind weitgehend abgestellt. Der Fahrzeug-Wechsel in der Mitte des Rennens gehört der Vergangenh­eit an. Längst haben die Hersteller Audi, BMW, Mercedes oder Porsche, die Motorsport als Werbe-Plattform für ihre Produkte sehen, das Potenzial der Formel E erkannt. Gut für ein grüneres Image und die Serie profitiert obendrein. Ein Beispiel: Die neue Batterie ist mit 380 Kilogramm immer noch das schwerste Teil im Fahrzeug, bringt aber fast doppelt so viel Leistung wie das alte Modell.

Während Lewis Hamilton mit sieben Erfolgen in zehn Rennen die Formel 1 zu Tode siegt, standen neun verschiede­ne Elektriker in 13 E-Prix auf dem obersten Treppchen. Das liegt auch an einem eigenwilli­gen Qualifying-Format, in dem der WM-Führende stets als Erster auf die Strecke muss. Er spielt den Staubsauge­r für alle nachfolgen­den Starter, sammelt mit seinen Reifen den Dreck vom Asphalt und hat nie eine Chance auf einen Spitzen-Startplatz. Ärgerlich für ihn, ein Segen für die E-Serie. Vor dem Final-Wochenende hatten noch acht Fahrer Chancen auf den Titel. Von solchen Verhältnis­sen träumt die Formel 1. Die Königsklas­se muss sich etwas einfallen lassen, die Formel E hat es längst getan.

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Lewis Hamilton dominiert die Formel 1. Spannender ist die Formel E. Foto: dpa
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