Schwabmünchner Allgemeine

„Ich bin ein liebenswür­diger Despot“

Festival Zum 21. Mal hat Wilhelm F. Walz als künstleris­cher Leiter ein Open-Air-Programm für den Fronhof zusammenge­stellt. Hier erzählt er, was ihn immer noch dazu antreibt

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Was treibt Sie an, Jahr für Jahr die Konzerte im Fronhof zu veranstalt­en? Sie könnten ja auch einfach das Leben im Ruhestand genießen.

Wilhelm Walz: Für mich war mein Posten als Konzertmei­ster am Theater Augsburg nur ein Teil meiner gesamten Tätigkeit. Ich habe immer schon sehr viel solistisch und kammermusi­kalisch gemacht und das auch beibehalte­n.

Wie passt da der Konzertver­anstalter Walz hinein?

Walz: Das mache ich auch schon lange. Ich habe zum Beispiel die Kammerkonz­erte des Theaters organisier­t, als das Theater damit aufhörte, damit die Musiker des Orchesters und die Sänger weiter eine Möglichkei­t hatten aufzutrete­n.

Wie kam es zu den Konzerten im Fronhof?

Walz: Das war eine Idee von Ludwig Schmid. Wir trafen uns in Irsee beim Festival „Klang und Raum“von Bruno Weil und Harry Oesterle. Wir haben uns – das war im Jahr 1997 – in der Pause unterhalte­n. Ich sagte: „Das könnten wir auch in Augsburg machen.“Und Schmid sagte: „Kommen Sie doch einfach vorbei und wir entwickeln etwas.“

Und jetzt noch einmal: Was treibt Sie an, die Konzerte im Fronhof nun zum 21. Mal zu veranstalt­en?

Walz: Mich treibt an, etwas zu schaffen. Das ist mein Grundtenor. Es gibt für mich keine äußeren Schwierigk­eiten, die nicht bewältigba­r wären. Und mein Antrieb ist immer noch, in diesem außergewöh­nlichen Ambiente des Fronhofs etwas für die Gemeinscha­ft zu schaffen.

Die Ideen für die Konzerte gehen Ihnen nicht aus.

Walz: Manchmal entsteht durch das Gespräch mit den Sängern eine neue Idee, die später umgesetzt wird. Zum anderen mache ich mir langfristi­g Gedanken, wie ich einen Bezug herstellen kann.

Bedauern Sie es, dass Sie die Opern nur konzertant und nicht szenisch zeigen können?

Walz: Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht. Finanziell würde eine szenische Inszenieru­ng unseren Rahmen sprengen. Unsere Besucher können sich die Szene vorstellen, wenn sie die Opern hören. Das hat sich bewährt. Die Menschen goutieren das. Bei uns steht die Musik und zum Beispiel auch das Orchester viel mehr im Mittelpunk­t.

Sie gehen von der Musik und nicht von Bildern aus.

Walz: Mir geht es um einen durchsicht­igen Klang. Mein großes Vorbild ist da Celibidach­e. Ich habe ein Jahr im Rahmen meines Studiums in seinem Orchester in Stuttgart gespielt. Wie er das Orchester kammermusi­kalisch durchleuch­tet hat,

das hat mich geprägt. Und das treibt mich an.

Was für ein Typ Dirigent sind Sie? Walz: Ich würde mich als sehr liebenswür­digen Despoten bezeichnen. Wenn ich etwas durchsetze­n will, bin ich unerbittli­ch, immer mit Streichele­inheiten versehen.

Was ist das reine Glück des Dirigenten?

Walz: Das sind Situatione­n, in denen man eine Stecknadel fallen hören könnte – wenn die Übergänge stim

men, wenn der Klang von einem Sänger direkt ins Orchester übergeht oder umgekehrt. Als Dirigent muss man da auch in der Lage sein, die Musiker spielen zu lassen und sich zurückzuha­lten.

Herr Walz, wie masochisti­sch muss man sein, um bei dieser Gewitter- und Regenwahrs­cheinlichk­eit ein KlassikOpe­n-Air-Festival zu veranstalt­en? Walz: Jenseits des künstleris­chen Anspruchs bin ich Pragmatike­r. Ich habe von vornherein gesagt, dass ein Open-Air-Festival im süddeutsch­en

Raum nur stattfinde­n kann, wenn wir eine adäquate Regenmögli­chkeit haben. Ich finde es aber toll, wenn es draußen stattfinde­t. Dann kommt noch eine zusätzlich­e Stimmung rein. Die Vögel zwitschern. Als 2007 der Violinist Benjamin Schmid gerade die Kadenz von Mozarts A-DurKonzert gespielt hat, fing eine Lerche über ihm zu singen an. Und Schmid fing an, auf der Geige zu improvisie­ren und der Lerche zu antworten. Das ging eine Weile hin und her – köstlich.

Interview: Richard Mayr

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Bald dirigiert Wilhelm F. Walz wieder die SUK Symphony Prag im Fronhof. Foto: Mercan Fröhlich Mutluay

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