Neue Musik trifft Leopold
Wie Dennis Bäsecke-Beltrametti die Epochen mischt
Alte Musik mit historischen Instrumenten zu spielen, erlangt immer mehr Beliebtheit. Und Neue Musik lebt oft von modernen, technischen Elementen. Doch wie ist es eigentlich, den Spieß umzudrehen? Also Neue Musik mit alten Instrumenten? Das konnten am Donnerstagabend Besucher des Konzerts „Leos neue Kleider“im Textilmuseum (tim) erfahren. Die vom Ensemble Kassiopeia gebotene Uraufführung eines Werks des Komponisten Dennis Bäsecke-Beltrametti (*1986) hatte eine weitere Besonderheit: Die Kompositionen sind in bestehende Werke Leopold Mozarts eingebettet und werden so zum Hybrid aus Altem und Neuem.
Es ist gewagt, was Bäsecke-Beltrametti da auf die Beine stellte. Nicht selten empfinden Kollegen sowie Zuhörer es als anmaßend, wenn ein Komponist seine eigenen Kompositionen zu Werken eines Altmeisters beimischt. „Leos neue Kleider“ist allerdings ein Auftragswerk des tim. Die Verbindung mit Mozarts Musik kommt also nicht von ungefähr. Bäsecke-Beltramettis Montage ist mehr als Experiment zu sehen – mit einer ordentlichen Portion Ironie. Hier und da kommt es zum überaus harten Stilbruch, wenn der Komponist beispielsweise mitten in Mozarts Trio Nr. 1 das „Mehrnurnett“, ein stark abgewandeltes Menuett, platziert. Stellenweise spielen die Instrumentalisten stumm, das heißt, sie greifen zwar die Töne, erzeugen sie aber nicht. Danach geht es weiter mit Mozarts Original, als wäre nichts gewesen.
Es gibt zwei Möglichkeiten den Konzertabend zu betrachten: jede Eigenkomposition für sich oder den Epochenmix ganzheitlich im Kontext. Der Komponist selbst schreibt über „Leos neue Kleider“: „Ich betrachte verschiedene Momente aus Leopolds Schaffen und nehme musikalische Perspektiven dazu ein.“Mal verbeiße er sich, mal biege er falsch ab oder verliere sich in einem Detail. Ein roter Faden ist dabei allerdings nur schwer erkennbar. Dafür sind zu viele Eindrücke in seiner Musik auf einmal. Bäsecke-Beltrametti überträgt hauptsächlich klassische Formen in die Gegenwart. Auch die Kontrapunktik ist – wenn auch verdeckt – erkennbar. Und trotzdem wirkt der Zusammenschluss erzwungen, die Einzelteile werden nicht zur Einheit. Mozart bleibt Mozart und Bäsecke-Beltrametti bleibt Bäsecke-Beltrametti.
Einen maßgeblichen Anteil am gelungenen Konzertabend hatten die Instrumentalisten. Das Kassiopeia-Quintett, bestehend aus Sophia Rieth (Blockflöten), Felicia Graf (Violine und Viola d’Amore), Cornelia Demmer (Laute) Salome Ryser (Cello) und Umberto Kostanic (Cembalo), beeindruckte mit seiner Wandlungsfähigkeit. Nach Passagen Neuer Musik in der Frühklassik den Punkt zu treffen, ist keine Selbstverständlichkeit. Den langen Applaus haben sie sich verdient.