Der Zweifel geht unter die Haut
Theaterpredigt zu „Jesus Christ“
Zunächst ein tiefes Aufseufzen. Eigentlich sei er noch gar nicht redefertig, meinte der Prediger Prof. Stefan Ark Nitsche, noch unter dem Eindruck von Jesu (Markus Neugebauers) unmittelbar davor gesungenen Song „Gethsemane“in der St. AnnaKirche. Schließlich hob Nitsche an zu seiner Theaterpredigt über die derzeit auf der Freilichtbühne vom Staatstheater Augsburg gezeigte Rockoper „Jesus Christ Superstar“. Bewegt habe ihn dieses „Warum? Warum? Warum muss ich diesen Weg gehen?“von Jesus im Garten Gethsemane. In der voll besetzten St. Anna-Kirche richtete Nitsche seinen Blick auf den „ganz in den Mittelpunkt gerückten“Menschen Jesus, „kein unberührbarer Teflon-Gott, an dem alles abprallt, auch das Leiden“. Wie haben ihm doch die Menschen erst ein paar Tage zuvor zugejubelt mit ihrem „Hosanna, Heysanna, Hosanna“, bis schließlich – wie es heute oft geschieht – „die Stimmung kippte und Hassworte zu tödlichen Waffen wurden“.
Unter die Haut, bis zu den eigenen Schmerzen, gehe in dieser Szene „Gethsemane“im zweiten Akt das Fragen Jesu: „Warum muss ich sterben? Ich will es wissen.“Immer und immer wieder bohre Jesus weiter. Mit einer einmaligen Einwilligung in sein Leiden und seinen Tod sei es nicht getan. Der Einwilligung Jesu folgt zweimal der Widerstand, beim dritten Mal fordert er von seinem Vater, ihm zuzuschauen, mit ihm den Weg gemeinsam zu gehen.
Jesus wird verhaftet und verhört. Für den Prediger zeigt das, „dass Menschen auch heute Opfer brauchen, Opfer wollen“. Dieser Mensch Jesus aber „haut nicht ab, weil er seine Vision nicht verraten will“. Neu aufgefallen sei Nitsche bei der Vorstellung das große Kreuz, das mitten auf der Bühne liegt und auf das Jesus symbolisch angenagelt wird – allerdings aus einer ungewohnten Perspektive: umgedreht, dreidimensional, „aus der Perspektive Gottes“, der ohne Distanz auf sein eigenes Kind schaut. „Gott stirbt am Kreuz selbst“, so der Prediger, „ein philosophischer Skandal“, „eine Spur, die uns glauben lasse im Irrsinn unserer Welt“, „eine Liebeserklärung, die aus der Tiefe der Existenz Gottes kommt“.
Am Ende dieser Predigt sang auch Sidonie Smith, die Darstellerin der Maria Magdalena, ihren Part „Wie soll ich ihn nur lieben“– auch das unter die Haut gehend. Ein ganzes Jahresgehalt habe die Frau für das kostbare Salböl ausgegeben, mit dem sie Jesus salbte. Für Nitsche ein Zeichen für ihre Suche nach einem Ausdruck ihrer Liebe.