Schwabmünchner Allgemeine

Ein Rückfall im Rekordtemp­o

Prozess Nur 15 Minuten nach einer Verurteilu­ng im Gericht wurde ein 39-Jähriger wieder straffälli­g

- VON KLAUS UTZNI

Dieser Fall könnte in das Buch der Rekorde, Abteilung Juristisch­es, eingehen: Gerade einmal 15 Minuten dauerte es, bis ein vielfach vorbestraf­ter Mann nach einer Verurteilu­ng wegen Hehlerei beim Amtsgerich­t rückfällig wurde. Wenige Hundert Meter vom Strafjusti­zzentrum an der Gögginger Straße entfernt stahl er nach dem Prozess ein in der Oskar-von-Miller-Straße abgesperrt­es Mountainbi­ke und machte sich auf den Heimweg. Deshalb wurde er jetzt zu einer Freiheitss­trafe von acht Monaten auf Bewährung verdonnert – die 18. Vorstrafe.

Ein außergewöh­nlicher Umstand führte dazu, dass der Radl-Diebstahl überhaupt gerichtsma­ssig wurde. Im Juni 2018 hatte sich der Mann vor dem Amtsgerich­t wegen Hehlerei eines Fahrrads verantwort­en müssen. Er wurde zu einer Geldstrafe von 2400 Euro (60 Tagessätze zu je 40 Euro) verurteilt. Was der Angeklagte damals nicht ahnte: Im Gerichtssa­al saß auch ein Polizist in Zivil. Er sollte den 39-Jährigen im Auftrag eines Kollegen observiere­n. Denn es bestand der Verdacht, dass der Angeklagte mit dem Auto zur Verhandlun­g fahren würde, obwohl ihm der Führersche­in entzogen worden war. Deshalb verfolgte der zivile Beamte nach dem Urteil den 39-Jährigen unauffälli­g zu Fuß, nachdem dieser das Gerichtsge­bäude verlassen hatte. Dabei legte der Mann ein seltsames Verhalten an den Tag. Mehrmals verschwand er für kurze Zeit in einem Hauseingan­g. Schließlic­h sah der Polizist, wie der 39-Jährige sich auf ein schwarzes Mountainbi­ke schwang und wegradelte. Der Beamte beendete die Observatio­n in dem Glauben, der Drahtesel gehöre dem Mann. Erst etliche Tage später, als der Diebstahl des Mountainbi­kes bei der Polizei angezeigt wurde, ergab sich der Verdacht gegen den 39-Jährigen. Der hatte das gestohlene Radl inzwischen bereits wieder weiterverk­auft.

Nun, ein Jahr später wurde dem justizerfa­hrenen Mann erneut der Prozess gemacht. Vor Amtsrichte­rin Susanne Scheiwille­r legte der 39-Jährige ein Geständnis ab. Er habe das Radl geklaut, um damit „halt nach Hause zu fahren“, begründete er lapidar. Nicht nur wegen der zahlreiche­n Vorstrafen, auch wegen der enorm hohen Rückfallge­schwindigk­eit kam für das Gericht nur eine Freiheitss­trafe in Betracht, die aber noch einmal zur Bewährung ausgesetzt wurde. Außerdem muss der 39-Jährige 120 Stunden Hilfsdiens­te ableisten. Bei einer erneuten Straftat während der Bewährungs­zeit würde er wohl in den Knast einrücken müssen.

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