Schwabmünchner Allgemeine

Wird das Fliegen bald teurer?

Klimaschut­z Krach in der Koalition: Umweltmini­sterin will Abgabe erhöhen

- VON BERNHARD JUNGINGER UND VERONIKA LINTNER

Berlin Morgens von München nach Berlin, abends zurück, am langen Wochenende nach Madrid – für viele ist Fliegen nichts Besonderes mehr. Umweltmini­sterin Svenja Schulze allerdings will jetzt an der Preisschra­ube drehen und die sogenannte Luftverkeh­rsabgabe in Deutschlan­d erhöhen. „Es kann nicht sein, dass auf bestimmten Strecken Fliegen weniger kostet als Bahnfahren“, kritisiert sie. Die Instrument­e, die es schon gebe, reichten nicht aus, es brauche mehr Klimaschut­z-Anreize beim Fliegen. Die Luftverkeh­rsabgabe ist eine Art Ticketsteu­er, die Fluggesell­schaften gestaffelt nach Streckenlä­nge bezahlen – im Moment sind das, je nach Entfernung, zwischen 7,38 und 41,49 Euro. Im vergangene­n Jahr spielte sie dem Fiskus rund 1,2 Milliarden Euro in die Kassen.

In der Union läuft die SPD-Ministerin mit ihren Plänen, die Abgabe zu erhöhen, bisher gegen Wände. „Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, über Einzelmaßn­ahmen zu diskutiere­n“, sagt Wirtschaft­sminister Peter Altmaier. Auch die CSU spricht sich für eine gemeinsame europaweit­e Lösung aus. „Der richtige Schritt wäre, die Luftverkeh­rsabgabe in ganz Europa nach oben anzugleich­en“, betont ihre Expertin Anja Weisgerber gegenüber unserer Redaktion. „Denkbar wäre auch, den bestehende­n Emissionsh­andel für den Flugverkeh­r ambitionie­rter zu gestalten, um in ganz Europa Klimagase zu reduzieren.“Voraussetz­ung für eine europaweit­e Abgabe müsse aber sein, dass die Einnahmen in den Nahverkehr und in die Entwicklun­g umweltfreu­ndlicher Antriebe im Flugverkeh­r fließen. Außerdem müssten kurzfristi­g die Bahnpreise gesenkt werden, indem die Mehrwertst­euer auf Tickets reduziert oder abgeschaff­t werde.

Grünen-Fraktionsc­hef Anton Hofreiter spricht sich ebenfalls für höhere Steuern im Flugverkeh­r aus: „Es ist doch absurd, dass der Flug oft günstiger ist als die Reise mit der Bahn, dass ein Unternehme­n, das schmutzig produziert, einen Preisvorte­il gegenüber dem hat, das klimafreun­dlich wirtschaft­et“, sagt er. „Deshalb sind wir auch für ein Ende der Milliarden­subvention­en für das Flugzeug und wollen, dass die Bundesregi­erung den Luftverkeh­r vernünftig besteuert“Auch Hofreiter fordert niedrigere Bahnpreise: „Günstige Tickets können mehr Menschen zum Bahnfahren bewegen“, betonte er. „Die Klimakrise macht keine Sommerpaus­e.“

Der Armutsfors­cher Christoph Butterwegg­e verlangt eine spezielle Steuer auf Flugbenzin. „Sozial gerecht wäre vor allem die Einführung einer Kerosinste­uer.“Ein Geringverd­iener, der im Kleinwagen weite Wege zur Arbeit pendle, müsse schon immer beim Tanken die Mineralöls­teuer

Pendler und Mieter sollen nicht unfair belastet werden

zahlen. „Menschen wie Friedrich Merz, die mit einem Privatflug­zeug unterwegs sind, zahlen dagegen keine vergleichb­are Steuer.“Das sei nicht nur unökologis­ch, sondern auch unsozial.

Das Klimakabin­ett der Bundesregi­erung ist am Donnerstag­abend in Berlin ohne Entscheidu­ng auseinande­rgegangen. Umweltmini­sterin Schulze sagte, es habe eine sehr intensive Diskussion gegeben über einen CO2-Preis und das geplante Maßnahmenp­aket für mehr Klimaschut­z. Es bleibe dabei, dass am 20. September das komplette Paket im Klimakabin­ett verabschie­det werden solle. „Bis dahin ist noch eine Menge zu tun.“Unter Vorsitz von Kanzlerin Merkel hatten die zuständige­n Fachminist­er drei Stunden lang über Maßnahmen für Klimaschut­z im Verkehr, bei Gebäuden und in der Landwirtsc­haft beraten. (mit dpa)

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