Kulturkampf mit Kalkül
USA Wie Trump mit rassistischen und nationalistischen Parolen die Wahl gewinnen will
Washington Es begann mit einer mutmaßlich spontanen Twittertirade am Sonntagmorgen. Doch Donald Trump legt nun jeden Tag nach. Am Ende dieser Woche scheint der US-Präsident die Blaupause für einen extrem polarisierenden Wahlkampf mit rassistischer und nationalistischer Einfärbung gefunden zu haben, und seine Anhänger feiern ihn dafür.
„Ich gewinne den politischen Kampf. Und ich werde ihn mit großem Abstand gewinnen“, verkündete der Präsident am Mittwochnachmittag (Ortszeit). In einer ausverkauften Sportarena lieferte er später einen Vorgeschmack auf seine Kampagne. Erneut griff er vier nicht-weiße progressive Kongressabgeordnete an: „Diese linken Ideologen sehen unsere Nation als eine Kraft des Bösen“, heizte er seine Bei seinen Anhängern in Greenville kommen Donald Trumps Attacken bestens an. Foto: Carolyn Kaster, dpa
Anhänger ein: „Sie wollen unsere Verfassung zerstören und die Werte, die dieses wunderbare Land aufgebaut hat, beseitigen.“Als er die aus Somalia stammende und vor 20 Jahren in den USA eingebürgerte Parlamentarierin Ilhan Omar (Porträt Seite 2) persönlich scharf attackierte, grölten Tausende: „Schickt sie zurück! Schickt sie zurück!“
Trump bemühte sich nicht, die aufgepeitschte Stimmung zu dämpfen. Im Gegenteil: Er genoss sichtlich die Sprechchöre. Am Sonntag hatte er getwittert, die farbigen Politikerinnen sollten in ihre „total kaputten und von Gewalt infizierten“Länder gehen, aus denen sie kommen. Drei der vier Abgeordneten wurden in den USA geboren. „Manche hassen unser Land“, rief er bei der Kundgebung aus: „Wenn sie es nicht mögen, sollen sie gehen!“
Die Bilder lösten Erschrecken in liberalen Kreisen des Landes aus. „Das war eine der schaurigsten und beunruhigendsten Dinge, die ich in meinem politischen Leben gesehen habe“, erklärte Jon Favreau, der ehemalige Redenschreiber von Präsident Barack Obama. Viele Publizisten, Künstler und Politiker äußerten sich bei Twitter ähnlich.
Donald Trump aber wirkte hochzufrieden. „Was für eine Menge. Was für großartige Leute!“, twitterte er: „Der Enthusiasmus wird unsere Rivalen von der radikalen Linken wegfegen.“Es klang, als könnte „Schickt sie zurück!“nach dem auf Hillary Clinton gemünzten „Sperrt sie ein!“von 2016 zum Schlachtruf eines neuen, noch hemmungsloseren Kulturkampfes werden.
Tatsächlich hat der Präsident wichtige taktische Erfolge erzielt: Nicht nur mobilisieren die Attacken gegen Minderheiten offenkundig die eigene rechte Basis. Auch zwingen die Angriffe die mehrheitlich keineswegs linksradikale Demokraten-Fraktion zur Solidarisierung mit den vier Newcomerinnen. So kann Trump die gesamte Partei für deren Positionen in Haftung nehmen und als Gefahr für das Wirtschaftswachstum des Landes brandmarken.