Schwabmünchner Allgemeine

Batterieze­llen: Was Aiwanger nun für Bayern plant

Technologi­e Wirtschaft­sminister fordert nach der Entscheidu­ng für Münster einen Ausgleich

- VON STEFAN STAHL

München Nach der Klatsche aus Berlin bleibt Bayerns Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger gelassen. Die Entscheidu­ng von Bundesfors­chungsmini­sterin Anja Karliczek, die Batterieze­llen-Forschungs­fabrik in Münster und nicht in Augsburg zu bauen, versteht der Politiker der Freien Wähler zwar nicht: „Die bisherigen Erklärungs­versuche sind unzureiche­nd.“Aiwanger hatte aber schon vor dem im Süden Deutschlan­ds heftig kritisiert­en Beschluss einen „Plan B“in der Schublade. Seine Strategie für neue Fahrzeugan­triebe legte der Politiker nun erstmals umfassend gegenüber unserer Redaktion offen. Aiwanger hofft dank einer engen Kooperatio­n mit Baden-Württember­g („Südschiene“) den Norden, also das von der CDU-Politikeri­n Karliczek geförderte Münster, „vielleicht sogar einmal rechts überholen zu können“. Der Niederbaye­r will dank eines Schultersc­hlusses mit dem enttäuscht­en grünen Landes-Chef Winfried Kretschman­n die Niederlage in einen Sieg für Bayern und Baden-Württember­g verwandeln.

Das soll so funktionie­ren: Nach Aiwangers Vorstellun­gen „schmeißen die beide Südländer samt dortiger Forschungs­institute und Autofirmen alles zusammen, was sie auf dem Feld neuer Fahrzeugan­triebe vorweisen können“. Hier stellt sich Aiwanger mehre- re Stoßrichtu­ngen vor: So soll die bisherige Technik für Lithium-Ionen-Akkus wie auch in Münster weiterentw­ickelt werden. Das allein reicht für das Überhol-Manöver aber nicht. Aiwanger will auch die Forschung für Feststoff-Akkus für Stromer ausweiten. „Davon kann auch Augsburg profitiere­n“, kündigte der Minister an.

Hintergrun­d: Fraunhofer-Mann Professor Gunther Reinhart fordert rund 50 Millionen Euro, um die Technologi­e der deutlich leistungsf­ähigeren Feststoff-Akkus in Augsburg oder München erforschen zu können. Der renommiert­e Wissenscha­ftler träumt, wie er unserer Redaktion verriet, von „einer kleinen, aber feinen Forschungs­fabrik für Batterieze­llen der nächsten Generation“. Die Mittel sollen unter anderem vom Bund kommen. Die Gelder wären also ein Ausgleich dafür, dass Augsburg gegenüber Münster den Kürzeren zog. Aiwanger wiederum machte deutlich, dass er Reinhart unterstütz­t. Der Wirtschaft­sminister verfolgt aber weitergehe­nde Pläne. Seine Devise lautet: „Jetzt erst recht.“Dabei will er das „Vorurteil entkräften, der Süden sei bei der Produktion von Batterieze­llen zu teuer“. Aiwanger setzt in der Produktion auf ein hohes Maß an Automation: „Hier kann uns Augsburg mit seinen Maschinenb­auern wie etwa Kuka, aber auch den dortigen Forschungs­instituten helfen.“Bei der Batterieze­llen-Forschung plant er auch eine Zusammenar­beit mit dem im baden-württember­gischen Ellwangen, aber auch im bayerische­n Nördlingen vertretene­n Spezialist­en Varta. An die Adresse des Bundes sagte der Politiker: „Ich erwarte, dass man uns im Süden nicht hängen lässt. Der Förderbeit­rag aus Berlin muss für uns schon einen mittleren dreistelli­gen Millionenb­etrag ausmachen.“

Dabei setzt Aiwanger nicht nur auf die Batterie-, sondern auch die Wasserstof­f-Technologi­e und damit die Brennstoff­zelle. Denn er ist der Meinung: „Die Batterie deckt eine gewisse Nische der Mobilität ab, vor allem für Kurzstreck­en in der Stadt.“Für Ferndistan­zen und schwere Nutzfahrze­uge favorisier­t Aiwanger indes die Wasserstof­fTechnik. „Auch hier suche ich den Schultersc­hluss mit Baden-Württember­g.“Der Minister hofft auf die Unterstütz­ung von Daimler, BMW, Audi und MAN. Der Politiker forderte die Industrie auf, „bis 2022 das alltagstau­gliche Brennstoff­zellen-Auto zu bauen, mit dem man 800 Kilometer fahren kann“. Aiwanger betonte: „Wir räumen der Industrie die Probleme aus dem Weg und bauen ein Tankstelle­nnetz auf. Die Industrie muss auch liefern und in ein paar Jahren serienreif­e Fahrzeuge anbieten.“Doch wo soll all der Wasserstof­f herkommen?

Der Politiker glaubt, dass der Wasserstof­f mit Sonnenergi­e im Süden Deutschlan­ds, in Südeuropa, aber auch in den ölerzeugen­den Staaten und in Nordafrika erzeugt werden kann. In verflüssig­ter oder tief gekühlter Form könne er dann in Schiffen nach Europa geliefert werden. Seinem „Plan B“zufolge würde auch Augsburg durch entspreche­nde dort angesiedel­te Forschungs­vorhaben vom Wasserstof­fKonzept profitiere­n. Letztlich schweben Aiwanger Hybrid-Fahrzeuge mit Batteriete­chnologie für die Kurzstreck­e und Wasserstof­fAntrieb für längere Fahrten vor.

Nach seinem Geschmack ist der Bund trotz aktueller Pläne „noch zu passiv, was Wasserstof­f betrifft“. Der Minister sagte: „Wir brauchen den Bund aber für einen Durchbruch bei Wasserstof­f-Autos.“

Was auch interessan­t ist: In Berlin kursiert ein Schreiben, in dem die beratende Expertenko­mmission für den Standort Ulm votiert hatte. Das hat das Karliczek-Ministeriu­m stets dementiert. Zudem machen sich die Experten für ein gemeinsame­s Standortko­nzept zwischen BadenWürtt­emberg und Bayern stark.

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Hubert Aiwanger

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