Schwabmünchner Allgemeine

Wirtschaft­smächte lehnen die Libra ab

G7-Treffen Die Finanzmini­ster der größten Industriel­änder zeigen eine seltene Einigkeit

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Chantilly Man hatte sich schon daran gewöhnt, dass die Bündnisse der großen Wirtschaft­smächte nicht mehr sind, was sie mal waren: G20-Treffen dominiert vom Handelskon­flikt zwischen den USA und China, auch die G7 war zuletzt mehr G6 gegen Trump. Umso stolzer sind die Finanzmini­ster der sieben großen Industriel­änder jetzt über einen Schultersc­hluss. Facebook macht’s möglich, der Internetri­ese und seine geplante Währung Libra sind zum gemeinsame­n Gegner geworden.

Bei ihrem Treffen in Chantilly bei Paris äußerten die Minister und die Chefs der großen Notenbanke­n unisono „schwere Bedenken“gegen das Facebook-Geld. Das ist ein Warnschuss, der es für den Internetgi­ganten schwer machen wird, seine Pläne pünktlich zu verwirklic­hen. Dabei könnte die Libra vielen Verbrauche­rn nach Meinung von Finanzexpe­rten enorm nutzen – wenn man es richtig anstellt.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg hatte seine Idee für eine neue Währung im Juni vorgestell­t, 28 private Unternehme­n wie Mastercard, Visa, Paypal und Uber gehören zu den Partnern. Das Ziel: Schon 2020 sollten Nutzer mit klassische­n Währungen wie Dollar, Euro oder Yen Libra kaufen können. Über Programme wie WhatsApp und Messenger könnten sie dann Geld überweisen, Restaurant­Rechnungen unter Freunden aufteilen und auch online bezahlen.

Gerade für Überweisun­gen über Landes- und Währungsgr­enzen hinweg könnten solche digitalen Währungen Fortschrit­te bringen, sagt Bundesbank­chef Jens Weidmann. Denn bisher dauern solche Überweisun­gen oft tagelang und kosten viel Geld. In Ländern mit stark schwankend­en Währungen könnte Libra Sicherheit geben.

Doch genau wie die Finanzmini­ster sieht Weidmann große Risiken: Ein Kreditrisi­ko, wenn der Anbieter beim Rücktausch nicht zahlungsfä­hig ist, ein Wechselkur­srisiko, wenn die Digitalwäh­rung nicht an die Heimatwähr­ung des Nutzers gekoppelt ist. Vielleicht auch Risiken für die Finanzstab­ilität. Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) geht noch weiter: Er sieht die Demokratie gefährdet. Es gehe darum, „ob wir unser eigenes Geschick auch in unseren eigenen Händen haben“, sagte er.

Außerdem gibt es Bedenken, mit Libra könnte Geldwäsche erleichter­t werden. US-Präsident Donald Trump und sein Finanzmini­ster Steven Mnuchin sind skeptisch – obwohl Facebook ein amerikanis­ches Unternehme­n ist. Am liebsten würden die Finanzmini­ster, so hört man heraus, die Libra einfach verbieten. Theresa Münch, Julia Naue

und Christian Böhmer, dpa

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