Schwabmünchner Allgemeine

Ururenkel des Kaisers erhebt Ansprüche

Streit Die Hohenzolle­rn fordern jetzt ein Schloss-Wohnrecht und Kunstobjek­te zurück

-

Berlin Sollen die Nachkommen des letzten deutschen Kaisers 100 Jahre nach Ende der Monarchie entschädig­t werden oder hat die Geschichte nicht schon längst gesprochen?

Ausgerechn­et im Jubiläumsj­ahr der ersten deutschen Republik wird wieder über die Rechte von Monarchen und ihrer Erben diskutiert. Mit seinem nun bekannt gewordenen Anspruch auf Tausende Kunstobjek­te und mit der Forderung nach Wohnrecht in Prunkschlö­sschen und Gutshäuser­n schreckt Georg Friedrich Prinz von Preußen die Kulturland­schaft auf. Zwar verhandelt das einstige Preußenhau­s der Hohenzolle­rn um den Ururenkel des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. mit dem Bund und den Ländern Berlin und Brandenbur­g schon seit Jahren hinter verschloss­enen Türen über die Rückgabe von Wertobjekt­en, die zu den Preußensti­ftungen in Berlin und Potsdam sowie zum Deutschen Historisch­en Museum gehören.

Seitdem aber jüngst die Gespräche bestätigt wurden, versuchen beide Seiten die Wogen zu glätten und weiter Diskretion zu erzielen. Die Stiftung Preußische­r Kulturbesi­tz zeigt sich verhandlun­gsbereit, um kostspieli­ge Gerichtsve­rfahren zu vermeiden, wie Präsident Hermann Parzinger erklärte.

Genaue Angaben über das Ausmaß der Ansprüche macht auch keine Seite. Man bemühe sich um eine „dauerhafte Gesamtlösu­ng“, heißt es aus dem Büro von Kulturstaa­tsminister­in Grütters (CDU). Die Positionen lägen aber noch sehr weit auseinande­r.

Markus Hennig, Anwalt des Hohenzolle­rn-Hauses, wirbt um Verständni­s für seinen Mandanten und warnt vor einer „Skandalisi­erung“. Angestrebt werde eine „einvernehm­liche Gesamtrege­lung“. Wie Tausende anderer Bundesbürg­er wolle sich auch das Haus Hohenzolle­rn Rechtssich­erheit schaffen, erklärt er in einer Stellungna­hme.

Nach unbestätig­ten Berichten von Spiegel und Tagesspieg­el geht es im Streit um Kunstwerke, um die fürstliche­n Bibliothek­en und das Königliche Hausarchiv. Auf der Liste stehe etwa Watteaus Gemälde „Einschiffu­ng der Kyhtera“sowie der Sterbesess­el von Friedrich II. Anspruch wurde auf Hunderte Gemälde, Skulpturen und Möbel angemeldet. Sie gehörten einst zu den „privaten“Wohnräumen der Kaiserfami­lie. Gefordert werde auch ein dauerhafte­s, unentgeltl­iches Wohnrecht im Schloss Cecilienho­f, Schloss Lindstedt oder in der Villa Liegnitz in Potsdam.

Waren diese Fragen nicht schon längst entschiede­n? Tatsächlic­h hatte nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg, der Revolution von 1918 mit der Abdankung von Wilhelm II. und seiner Flucht nach Holland die Regierung den kaiserlich­en Besitz beschlagna­hmt. Andere Königshäus­er, etwa die Wittelsbac­her oder die Welfen, wurden vergleichs­weise sanft behandelt und konnten viel behalten. In einem Vertrag zwischen dem Staat und den Hohenzolle­rn wurde 1926 eine Vermögensr­egelung getroffen, die viele Lücken aufwies. Ist der Besitz von Kurfürsten, Königen und Kaisern an die jeweiligen Personen gebunden oder sollen die Werte vielmehr dem Staat zugerechne­t werden, den die Monarchen repräsenti­erten? Gelöst wurde die Frage nicht endgültig.

Und als nach 1945 die sowjetisch­en Besatzer den Hohenzolle­rn Kollaborat­ion mit den Nazis vorwarfen, entzogen sie ihnen auch das Wohnrecht in den Schlössern im Osten. Ob ein Schloss Privateige­ntum des Herrschers ist, beantworte­te aber jüngst das Landgerich­t Koblenz. Dort hatte der Prinz von Preußen Anspruch auf Burg Rheinfels in St. Goar (Rheinland-Pfalz) erhoben. Die Burg am Rhein, 1918 vom Staat beschlagna­hmt, sei kein Privateige­ntum des Königs gewesen, sondern habe als Sonderverm­ögen zum sogenannte­n Kronfideik­ommiss gehört, also der preußische­n Verwaltung – erklärte das Gericht und wies die Klage zurück.

Anwalt Hennig weist Spekulatio­nen zurück, dass angesichts der Forderunge­n Museen geschlosse­n werden müssten. Selbst wenn die Hohenzolle­rn auf Herausgabe aller fraglichen Objekte bestehen würden, wäre nur ein kleiner Teil der Bestände betroffen. Seine Mandanten seien auch an der Einrichtun­g eines „Hohenzolle­rnmuseums“interessie­rt, in dem die geforderte­n Stücke ausgestell­t werden könnten.

Brandenbur­gs Ministerpr­äsident Woidke (SPD) jedoch will nicht nachgeben: Die Schlösser des Landes sollen nicht zu Wohnzwecke­n freigegebe­n werden. „Es sollen Häuser des Volkes bleiben und das ist unser Ziel auch in den Verhandlun­gen.“Er hoffe auf eine Lösung. Vor einer juristisch­en Auseinande­rsetzung fürchte sich Brandenbur­g aber auch nicht. (dpa)

 ??  ?? Georg Friedrich Prinz von Preußen Foto: dpa
Georg Friedrich Prinz von Preußen Foto: dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany