Wie sicher ist FaceApp?
Digital Der Hype um die Smartphone-Anwendung, die Gesichter künstlich altern lässt, wächst – und mit ihm die Kritik. Ein US-Politiker wähnt gar ein „nationales Sicherheitsrisiko“
Augsburg Die meisten Fotos auf Facebook, Instagram oder Snapchat zeigen die vorteilhafteste Seite des oder der Abgelichteten. Kein Fältchen zerfurcht die makellose Haut, das volle Haar glänzt und sämtliche Kurven sind straff und wohlgeformt. So war es zumindest bisher.
Wer sich momentan durch die sozialen Netzwerke klickt, findet das Gegenteil: Überall Fotos von alten Menschen, mit schütterem, weißen Haar, Falten und Augenringen. Hintergrund des Trends ist die Smartphone-Anwendung FaceApp, die mittels künstlicher Intelligenz Gesichter altern lässt. Alternativ können Nutzer Aufnahmen von sich oder anderen mit Bärten, Brillen und Frisuren verzieren, nachträglich lächeln lassen oder das Geschlecht wechseln.
FaceApp ist binnen kurzer Zeit auf Platz eins der beliebtesten Anwendungen geschossen und lässt damit Angebote wie WhatsApp, Spotify und Instagram hinter sich. Neu ist FaceApp allerdings nicht – bereits Anfang 2017 kam die Anwendung auf den Markt. Der aktuelle Hype dürfte zum einen daran liegen, dass viele Prominente mit der Anwendung modifizierte Fotos teilen. Zum anderen hat sich die Qualität der Filter deutlich verbessert.
So lustig die Fotos sein mögen, bei Datenschützern sorgt die App für Stirnrunzeln. Zwar zeigt die Anwendung die immer beeindruckenderen Möglichkeiten, die Künstliche Intelligenz bietet. Doch bei genauerem Lesen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sowie der Datenschutzerklärung, denen Nutzer beim Download der App automatisch zustimmen, kommen Bedenken auf. Denn diese räumen den Entwicklern weitreichende Rechte ein.
Einige Beispiele: Fotos der Nutzer werden nicht auf dem Gerät bearbeitet, sondern automatisch an einen Server geschickt, wo sie mittels Künstlicher Intelligenz bearbeitet werden. Laut AGB können Fotos, die zwar auf dem Gerät gelöscht wurden, weiterhin auf FaceApp-Servern gespeichert werden. Außerdem stimmt der Nutzer zu, dass FaceApp hochgeladene Fotos auch für kommerzielle Zwecke nutzen darf. Die Anwendung sammelt zudem einige Daten wie zum Beispiel Suchanfragen oder die IP-Adresse des Nutzers. Auch welches Gerät verwendet und wie oft FaceApp genutzt wird, wird gespeichert. FaceApp räumt sich zudem das Recht ein, die erhobenen Daten an bestimmte Unternehmen weiterzuleiten und sie im Falle eines Verkaufs der Anwendung an den neuen Besitzer zu übergeben.
Hinter der App steht die russische Firma Wireless Lab aus Sankt Petersburg. Deren Gründer Yaroslav Goncharov arbeitete zuvor für Microsoft sowie den russisch-niederländischen Suchmaschinenbetreiber Yandex. Über das Unternehmen Wireless Lab ist nur wenig bekannt. In den FaceApp-Nutzungsbedingungen ist außer einer Sankt Petersburger Adresse und einer Telefonnummer nichts angegeben, das Unternehmen hat weder eine Homepage noch eine E-Mail-Adresse.
Mit dem wachsendem Hype um die App melden sich vermehrt Kritiker mit Sicherheitsbedenken zu Wort. Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber warnt vor der Nutzung. Es gebe die Besorgnis, „dass wichtige persönliche Daten in die falschen Hände geraten könnten“, sagte Kelber (SPD) am Donnerstag im SWR. Der Datenschützer monierte unter anderem die „schwammigen Nutzungsbedingunderzeit gen“. Besorgniserregend sei auch, dass nur wenig darüber bekannt sei, wer hinter FaceApp stecke.
Der freie Journalist und DigitalExperte Simon Hurtz zerstreut die Bedenken ein Stück weit. „FaceApp zu benutzen ist nicht bedenklicher als Facebook zu nutzen“, sagt er und ergänzt: „Wenn man sich die Nutzungsbedingungen im Detail anschaut, steht da für mein Empfinden nicht mehr drin als bei den meisten Social-Media-Plattformen und Apps.“Die Aufregung führt er vor allem darauf zurück, dass ein russischer Entwickler dahintersteckt. Das löse möglicherweise gewisse Assoziationen aus. Dafür bestehe aber laut Hurtz „relativ wenig Anlass“.
In den USA hat die Debatte um FaceApp derweil bereits große Wellen geschlagen. So forderte der Fraktionschef der Demokraten im US-Senat, Chuck Schumer, sogar die Bundespolizei FBI zu einer Untersuchung der populären App auf. Die von Russland aus betriebene App könne wegen ihres Umgangs mit persönlichen Daten ein nationales Sicherheitsrisiko sowie eine Gefahr für Millionen US-Bürger darstellen, schrieb er in einem auf Twitter veröffentlichten Brief.