Der ostwestfälische Ligen-Hopper
Bundesliga-Serie Fünf Jahre, zweieinhalb Abstiege und zwei Aufstiege später ist der SC Paderborn zurück in der ersten Liga. Den Ruf einer Fahrstuhlmannschaft wollen sie dieses Jahr mit dem Klassenerhalt loswerden
Verbreitet der SCP als graue Maus der 1. Liga nun Tristesse und Langeweile?
Der SC Paderborn gilt bundesweit noch immer als tiefste Fußball-Provinz. Er dürfte aber einer der spannendsten Neulinge aller Zeiten sein. Denn unter Trainer Steffen Baumgart zelebriert der Underdog einen sehr attraktiven Angriffsfußball. In 93 Pflichtspielen unter Baumgart schoss der SCP 221 Tore – das sind 2,4 Treffer pro Spiel. „Ich muss im Fernsehen schon genügend langweilige Spiele ertragen“, sagt Baumgart und fügt an: „Wir wollen in der 1. Liga genauso offensiv spielen wie in der 2. Liga.“Für den SCP gilt daher: arm, aber sexy.
Peilt Trainer Baumgart auch in der 1. Bundesliga den zweiten Platz an? Nachdem der Verein 2017 nur wegen des Zwangsabstiegs von 1860 München nicht in der Regionalliga antreten musste, landete der SCP in den letzten beiden Spielzeiten unter Baumgart stets auf Rang zwei. „Auch diesmal geht’s maximal um den zweiten Platz“, scherzte Paderborns Coach. Doch auch dieser Satz zeigt, dass Baumgart angesichts der starken Erstliga-Konkurrenz nicht in Ehrfurcht erstarrt. Aussagen wie die des damaligen SCP-Trainers André Breitenreiter, der dem FC Bayern München nach einer 0:6-Heimpleite für ein „tolles Erlebnis“dankte, wird es vom aktuellen Coach nicht geben. Der SCP nimmt die Aufgabe zwar mit Demut, aber auch mit einem gesunden Selbstbewusstsein in Angriff. Allerdings gab es unter Baumgart noch keine längere Negativserie, die in der 1. Liga wohl nicht ausbleiben dürfte. Die Kunst wird es sein, den Glauben an die eigene Spielidee auch in Krisenzeiten zu behalten.
Reicht es fürs Oberhaus, wenn man fast nur Spieler aus der 3. und 4. Liga holt?
Für die bislang zehn externen Neuzugänge bezahlte der SCP nicht einmal 250000 Euro. Mit Mamba, Dörfler und Hilßner wurden Akteure aus der 3. und 4. Liga verpflichtet, die zur Paderborner Philosophie Mit einem Aufstiegsshirt wartete ein Fan auf das Eintreffen der Mannschaft zur Paderborner Aufstiegsfeier im Mai. Durch den Zwangsabstieg von 1860 München wurde der SC Paderborn 2017 vor der Regionalliga bewahrt. Foto: Friso Gentsch, dpa
passen. „Wir wollen Spieler, die hungrig und schnell sind und sich selbst nicht so wichtig nehmen“, sagt Baumgart. Ob dies am Ende für die 1. Liga reicht, ist eine andere Frage. Doch auch die Verpflichtung namhafter Akteure garantiert keinen Erfolg. Ein Hauptgrund für die letzte Paderborner Talfahrt war vielmehr die Tatsache, dass der Verein gerade in den Jahren 2015 und 2016 von seiner Philosophie abgerückt war. Prominente Neuzugänge wie Srdjan Lakic, Jakub Sylvestr, Kevin Stöger, oder Marc-André Kruska enttäuschten auf ganzer Linie.
Nominiert der SCP eine 4 x 100-Meter-Staffel für die LeichtathletikWM?
Sprintstaffeln vom LeichtathletikKlub Paderborn heimsten bei deutschen Meisterschaften schon so
manche Medaille ein. Sollte der SC Paderborn eine 4 x 100-Meter-Staffel aufstellen, müssten sich die LCSprinter aber ins Zeug legen, um die Fußballer zu bezwingen. Sieben SCP-Spieler blieben bei den 30-Meter-Sprints unter 3,9 Sekunden. Das könnte in der 1. Liga einmalig sein. Bei nationalen Titelkämpfen hätte eine Staffel mit SCP-Kickern wie Holtmann, Dörfler, oder Mamba Endlauf-Chancen.
Ist der Verein ohne seinen Ex-Präsidenten Wilfried Finke überlebensfähig?
Der Tod des langjährigen Präsidenten Wilfried Finke, der am 15. Januar gestorben war, versetzte den SC Paderborn in tiefe Trauer. Finke hatte „seinem“Verein so manches Mal aus der Patsche geholfen und einen Provinzklub in die deutsche Fußball-Elite geführt. Mit der Ausgliederung der Profi-Abteilung wurden nun Strukturen geschaffen, die den SCP auch ohne Finke dauerhaft überlebensfähig machen sollen. Der Erstliga-Aufstieg kam dabei zum perfekten Zeitpunkt und machte den Verein auf einen Schlag schuldenfrei. Ob die neue Führung ähnlich krisenfest ist wie einst Finke, muss sich noch zeigen. Bei den jüngsten Querelen um die angedachte Kooperation mit RB Leipzig gaben die Gremien kein gutes Bild ab. Prognose der Sportredaktion
Mit Tekpetey und Klement hat der SC Paderborn zwei Leistungsträger verloren. Diesen Verlust können sie auch durch die Neuzugänge nicht kompensieren – und steigen ab.
Zugänge Kilian (B. Dortmund II/ablösefrei), Mamba (Energie Cottbus/ablösefrei), Dörfler (KFC Uerdingen/ablösefrei), Rumpf (Spfr. Siegen/ablösefrei), Hilßner (Hansa Rostock/ablösefrei), Cauly (MSV Duisburg/ ablösefrei), Jans (FC Metz/Leihe), Kapic (Grasshopper Club Zürich), Holtmann (FSV Mainz 05/Leihe), Jannik Huth (FSV Mainz 05), Reineke (eigene U19), Drinkuth (SF Lotte/Leihende)
Abgänge Klement (VfB Stuttgart/2,5 Millionen Euro), Tekpetey (Schalke 04/2,5 Millionen), Boeder (MSV Duisburg/ablösefrei), Düker (SV Meppen/ablösefrei), Kamara, Heil, Fesser (alle Ziel unbekannt), Herzenbruch (RW Essen/ablösefrei), Schindler (SV Lippstadt 08/ablösefrei), Pfeiffer (Würzburger Kickers), Tietz (Wehen Wiesbaden)