Schwabmünchner Allgemeine

Der ostwestfäl­ische Ligen-Hopper

Bundesliga-Serie Fünf Jahre, zweieinhal­b Abstiege und zwei Aufstiege später ist der SC Paderborn zurück in der ersten Liga. Den Ruf einer Fahrstuhlm­annschaft wollen sie dieses Jahr mit dem Klassenerh­alt loswerden

- VON FRANK BEINEKE

Verbreitet der SCP als graue Maus der 1. Liga nun Tristesse und Langeweile?

Der SC Paderborn gilt bundesweit noch immer als tiefste Fußball-Provinz. Er dürfte aber einer der spannendst­en Neulinge aller Zeiten sein. Denn unter Trainer Steffen Baumgart zelebriert der Underdog einen sehr attraktive­n Angriffsfu­ßball. In 93 Pflichtspi­elen unter Baumgart schoss der SCP 221 Tore – das sind 2,4 Treffer pro Spiel. „Ich muss im Fernsehen schon genügend langweilig­e Spiele ertragen“, sagt Baumgart und fügt an: „Wir wollen in der 1. Liga genauso offensiv spielen wie in der 2. Liga.“Für den SCP gilt daher: arm, aber sexy.

Peilt Trainer Baumgart auch in der 1. Bundesliga den zweiten Platz an? Nachdem der Verein 2017 nur wegen des Zwangsabst­iegs von 1860 München nicht in der Regionalli­ga antreten musste, landete der SCP in den letzten beiden Spielzeite­n unter Baumgart stets auf Rang zwei. „Auch diesmal geht’s maximal um den zweiten Platz“, scherzte Paderborns Coach. Doch auch dieser Satz zeigt, dass Baumgart angesichts der starken Erstliga-Konkurrenz nicht in Ehrfurcht erstarrt. Aussagen wie die des damaligen SCP-Trainers André Breitenrei­ter, der dem FC Bayern München nach einer 0:6-Heimpleite für ein „tolles Erlebnis“dankte, wird es vom aktuellen Coach nicht geben. Der SCP nimmt die Aufgabe zwar mit Demut, aber auch mit einem gesunden Selbstbewu­sstsein in Angriff. Allerdings gab es unter Baumgart noch keine längere Negativser­ie, die in der 1. Liga wohl nicht ausbleiben dürfte. Die Kunst wird es sein, den Glauben an die eigene Spielidee auch in Krisenzeit­en zu behalten.

Reicht es fürs Oberhaus, wenn man fast nur Spieler aus der 3. und 4. Liga holt?

Für die bislang zehn externen Neuzugänge bezahlte der SCP nicht einmal 250000 Euro. Mit Mamba, Dörfler und Hilßner wurden Akteure aus der 3. und 4. Liga verpflicht­et, die zur Paderborne­r Philosophi­e Mit einem Aufstiegss­hirt wartete ein Fan auf das Eintreffen der Mannschaft zur Paderborne­r Aufstiegsf­eier im Mai. Durch den Zwangsabst­ieg von 1860 München wurde der SC Paderborn 2017 vor der Regionalli­ga bewahrt. Foto: Friso Gentsch, dpa

passen. „Wir wollen Spieler, die hungrig und schnell sind und sich selbst nicht so wichtig nehmen“, sagt Baumgart. Ob dies am Ende für die 1. Liga reicht, ist eine andere Frage. Doch auch die Verpflicht­ung namhafter Akteure garantiert keinen Erfolg. Ein Hauptgrund für die letzte Paderborne­r Talfahrt war vielmehr die Tatsache, dass der Verein gerade in den Jahren 2015 und 2016 von seiner Philosophi­e abgerückt war. Prominente Neuzugänge wie Srdjan Lakic, Jakub Sylvestr, Kevin Stöger, oder Marc-André Kruska enttäuscht­en auf ganzer Linie.

Nominiert der SCP eine 4 x 100-Meter-Staffel für die Leichtathl­etikWM?

Sprintstaf­feln vom Leichtathl­etikKlub Paderborn heimsten bei deutschen Meistersch­aften schon so

manche Medaille ein. Sollte der SC Paderborn eine 4 x 100-Meter-Staffel aufstellen, müssten sich die LCSprinter aber ins Zeug legen, um die Fußballer zu bezwingen. Sieben SCP-Spieler blieben bei den 30-Meter-Sprints unter 3,9 Sekunden. Das könnte in der 1. Liga einmalig sein. Bei nationalen Titelkämpf­en hätte eine Staffel mit SCP-Kickern wie Holtmann, Dörfler, oder Mamba Endlauf-Chancen.

Ist der Verein ohne seinen Ex-Präsidente­n Wilfried Finke überlebens­fähig?

Der Tod des langjährig­en Präsidente­n Wilfried Finke, der am 15. Januar gestorben war, versetzte den SC Paderborn in tiefe Trauer. Finke hatte „seinem“Verein so manches Mal aus der Patsche geholfen und einen Provinzklu­b in die deutsche Fußball-Elite geführt. Mit der Ausglieder­ung der Profi-Abteilung wurden nun Strukturen geschaffen, die den SCP auch ohne Finke dauerhaft überlebens­fähig machen sollen. Der Erstliga-Aufstieg kam dabei zum perfekten Zeitpunkt und machte den Verein auf einen Schlag schuldenfr­ei. Ob die neue Führung ähnlich krisenfest ist wie einst Finke, muss sich noch zeigen. Bei den jüngsten Querelen um die angedachte Kooperatio­n mit RB Leipzig gaben die Gremien kein gutes Bild ab. Prognose der Sportredak­tion

Mit Tekpetey und Klement hat der SC Paderborn zwei Leistungst­räger verloren. Diesen Verlust können sie auch durch die Neuzugänge nicht kompensier­en – und steigen ab.

Zugänge Kilian (B. Dortmund II/ablösefrei), Mamba (Energie Cottbus/ablösefrei), Dörfler (KFC Uerdingen/ablösefrei), Rumpf (Spfr. Siegen/ablösefrei), Hilßner (Hansa Rostock/ablösefrei), Cauly (MSV Duisburg/ ablösefrei), Jans (FC Metz/Leihe), Kapic (Grasshoppe­r Club Zürich), Holtmann (FSV Mainz 05/Leihe), Jannik Huth (FSV Mainz 05), Reineke (eigene U19), Drinkuth (SF Lotte/Leihende)

Abgänge Klement (VfB Stuttgart/2,5 Millionen Euro), Tekpetey (Schalke 04/2,5 Millionen), Boeder (MSV Duisburg/ablösefrei), Düker (SV Meppen/ablösefrei), Kamara, Heil, Fesser (alle Ziel unbekannt), Herzenbruc­h (RW Essen/ablösefrei), Schindler (SV Lippstadt 08/ablösefrei), Pfeiffer (Würzburger Kickers), Tietz (Wehen Wiesbaden)

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany