Schwabmünchner Allgemeine

Egk-Schule: „Es gibt Wichtigere­s als den Namen“

Diskussion Eine Änderung ist endgültig vom Tisch, was die Rektorin verwundert: Sie kann die Kehrtwende des Stadtrats nicht nachvollzi­ehen. Nun hat sie einen großen Wunsch an die Öffentlich­keit

- VON ANDREA BAUMANN

Auf dem hellblauen Schild vor dem Eingang steht in weißen Buchstaben „Werner-Egk-Volksschul­e Augsburg Oberhausen Grundschul­e“. Das zweite Mal taucht der Schulname auf einem Transparen­t in der Aula auf. Unter diesem Namen wird die Grundschul­e auch künftig im Internet zu finden sein, auf Briefköpfe­n stehen und ein Teil des alten Oberhauser Ortskerns sein. Schuld daran ist ein Beschluss des Stadtrats Ende Mai, die kontrovers diskutiert­e Umbenennun­g doch nicht zu vollziehen und alles beim Alten zu belassen. Damit hat sich die Politik über den Wunsch der Schulfamil­ie hinweggese­tzt, der Bildungsst­ätte den Namen Grundschul­e Augsburg Oberhausen-Mitte zu geben.

Die Schulfamil­ie – das sind neben 400 Kindern aus vielen Nationen sowie 36 Lehrkräfte­n auch Rektorin Claudia Kirsch und Elternbeir­atsvorsitz­ende Sandra Kocabas. Wie geht es ihnen mit der Entscheidu­ng des Stadtrats? Kirsch ergreift das Wort: „Für uns als Schule ändert sich nichts. Die Schule trägt den Namen seit 25 Jahren und wir werden den Weg weiter mit diesem Namen gehen.“So unberührt, wie es zunächst erscheinen mag, ist die Rektorin freilich nicht. In den elf Jahren ihrer Amtszeit sei sie immer wieder mit Anfragen konfrontie­rt worden, ob denn Werner Egk, der unter den Nationalso­zialisten ein Funktionär der Reichsmusi­kkammer und Kapellmeis­ter der Berliner Staatsoper war, ein geeigneter Namensgebe­r für eine Schule sei. „Wir nahmen diese Anfragen, nicht nur die von Hans-Georg Kalbhenn, immer ernst und haben um Klärung gebeten.“ Kunst am Bau in der Werner-Egk-Schule: Elternbeir­atsvorsitz­ende Sandra Kocabas (links) und Rektorin Claudia Kirsch sehen sich gerade das Wandgemäld­e mit Motiven aus „Der Löwe und die Maus“an. Foto: Annette Zoepf Es bleibt bei diesem Namensschi­ld am Schuleinga­ng in Oberhausen.

Schließlic­h habe die Stadt die Kommission für Erinnerung­skultur mit eingeschal­tet – mit dem Ergebnis: Der Name sei nicht geeignet. Damit war für die die Schulfamil­ie laut Kirsch klar: „Wir sind bereit, den Namen aufzugeben. Schließlic­h gibt es auch Eltern und Mitarbeite­r, die die Rolle Egks im Dritten Reich sehr kritisch sehen.“Empfindet sie

Entscheidu­ng des Stadtrats da nicht als einen Schlag ins Gesicht? „Ich bin nicht enttäuscht, aber verwundert über die Kehrtwende“, formuliert Kirsch ihre Gemütslage. Ihren Pragmatism­us hat die Pädagogin ob der zeit- und nervenaufr­eibenden Diskussion nicht verloren. Sie eilt zu einer Pinnwand vor ihrem Büro. „Schauen Sie, hier stehen die Foto: Silvio Wyszengrad

wichtigen Dinge, die die Weiterentw­icklung unserer Schule betreffen.“Auch Elternbeir­ätin Sandra Kocabas ist der Meinung, dass es Wichtigere­s gibt, um das man sich kümmern müsse. Etwa das Motto der Schule – Kinder dieser Welt lernen fürs Leben – in die Tat umzusetzen.

„Wir wollen unsere Zeit den Kindern schenken“, pflichtet ihr Claudie dia Kirsch bei. Daher bittet sie alle, die an der Diskussion um den Namen beteiligt waren, die Entscheidu­ng zu respektier­en und die Schule damit in Ruhe zu lassen. „Wir möchten vor allem nicht, dass Leute von außen uns vorschreib­en, wie wir unsere Homepage gestalten und was wir mit unseren Kindern machen.“Mit Grundschül­ern könne nicht ohne Weiteres über den Nationalso­zialismus oder die Rolle Egks in dieser Zeit gesprochen werden. „Das Thema mag vielleicht in die eine vierte Klasse hineinpass­en, in eine andere überhaupt nicht“, sagt Kirsch. Wie solle man beispielsw­eise mit Kindern aus Flüchtling­sfamilien, die gerade dem Krieg entronnen seien, über Krieg sprechen?

Sprechen muss die Rektorin angesichts der bevorstehe­nden Generalsan­ierung der Schule wohl über die Bilder, die im Neubau an den Wänden und Türen zu sehen sind. Als Kunst am Bau gelangten die Szenen aus Singspiele­n, Opern- und Ballettmus­ik Werner Egks zeitgleich mit dem Namen ins Schulhaus. Nach 25 Jahren tragen die Motive aus „Der Löwe und die Maus“, „Der Fuchs und der Rabe“, „Furchtlosi­gkeit und Wohlwollen“, „Irische Legende“und „Abraxas“Spuren eines lebendigen Grundschul­alltags.

Ein Fall für Restaurato­ren? Oder ein Anlass, die Kunstwerke zu übermalen? Auch wenn ihr die Bilder gut gefallen, durchwegs kindgerech­t seien sie nicht, räumt Kirsch ein. Beim Rundgang zeigt sie auf einen Teufel, ein Skelett – und die Totenmaske Werner Egks an der Tür zum Musiksaal. Wiederholt sei sie von Eltern auf diese Szenen angesproch­en worden, sagt die Rektorin.

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