Egk-Schule: „Es gibt Wichtigeres als den Namen“
Diskussion Eine Änderung ist endgültig vom Tisch, was die Rektorin verwundert: Sie kann die Kehrtwende des Stadtrats nicht nachvollziehen. Nun hat sie einen großen Wunsch an die Öffentlichkeit
Auf dem hellblauen Schild vor dem Eingang steht in weißen Buchstaben „Werner-Egk-Volksschule Augsburg Oberhausen Grundschule“. Das zweite Mal taucht der Schulname auf einem Transparent in der Aula auf. Unter diesem Namen wird die Grundschule auch künftig im Internet zu finden sein, auf Briefköpfen stehen und ein Teil des alten Oberhauser Ortskerns sein. Schuld daran ist ein Beschluss des Stadtrats Ende Mai, die kontrovers diskutierte Umbenennung doch nicht zu vollziehen und alles beim Alten zu belassen. Damit hat sich die Politik über den Wunsch der Schulfamilie hinweggesetzt, der Bildungsstätte den Namen Grundschule Augsburg Oberhausen-Mitte zu geben.
Die Schulfamilie – das sind neben 400 Kindern aus vielen Nationen sowie 36 Lehrkräften auch Rektorin Claudia Kirsch und Elternbeiratsvorsitzende Sandra Kocabas. Wie geht es ihnen mit der Entscheidung des Stadtrats? Kirsch ergreift das Wort: „Für uns als Schule ändert sich nichts. Die Schule trägt den Namen seit 25 Jahren und wir werden den Weg weiter mit diesem Namen gehen.“So unberührt, wie es zunächst erscheinen mag, ist die Rektorin freilich nicht. In den elf Jahren ihrer Amtszeit sei sie immer wieder mit Anfragen konfrontiert worden, ob denn Werner Egk, der unter den Nationalsozialisten ein Funktionär der Reichsmusikkammer und Kapellmeister der Berliner Staatsoper war, ein geeigneter Namensgeber für eine Schule sei. „Wir nahmen diese Anfragen, nicht nur die von Hans-Georg Kalbhenn, immer ernst und haben um Klärung gebeten.“ Kunst am Bau in der Werner-Egk-Schule: Elternbeiratsvorsitzende Sandra Kocabas (links) und Rektorin Claudia Kirsch sehen sich gerade das Wandgemälde mit Motiven aus „Der Löwe und die Maus“an. Foto: Annette Zoepf Es bleibt bei diesem Namensschild am Schuleingang in Oberhausen.
Schließlich habe die Stadt die Kommission für Erinnerungskultur mit eingeschaltet – mit dem Ergebnis: Der Name sei nicht geeignet. Damit war für die die Schulfamilie laut Kirsch klar: „Wir sind bereit, den Namen aufzugeben. Schließlich gibt es auch Eltern und Mitarbeiter, die die Rolle Egks im Dritten Reich sehr kritisch sehen.“Empfindet sie
Entscheidung des Stadtrats da nicht als einen Schlag ins Gesicht? „Ich bin nicht enttäuscht, aber verwundert über die Kehrtwende“, formuliert Kirsch ihre Gemütslage. Ihren Pragmatismus hat die Pädagogin ob der zeit- und nervenaufreibenden Diskussion nicht verloren. Sie eilt zu einer Pinnwand vor ihrem Büro. „Schauen Sie, hier stehen die Foto: Silvio Wyszengrad
wichtigen Dinge, die die Weiterentwicklung unserer Schule betreffen.“Auch Elternbeirätin Sandra Kocabas ist der Meinung, dass es Wichtigeres gibt, um das man sich kümmern müsse. Etwa das Motto der Schule – Kinder dieser Welt lernen fürs Leben – in die Tat umzusetzen.
„Wir wollen unsere Zeit den Kindern schenken“, pflichtet ihr Claudie dia Kirsch bei. Daher bittet sie alle, die an der Diskussion um den Namen beteiligt waren, die Entscheidung zu respektieren und die Schule damit in Ruhe zu lassen. „Wir möchten vor allem nicht, dass Leute von außen uns vorschreiben, wie wir unsere Homepage gestalten und was wir mit unseren Kindern machen.“Mit Grundschülern könne nicht ohne Weiteres über den Nationalsozialismus oder die Rolle Egks in dieser Zeit gesprochen werden. „Das Thema mag vielleicht in die eine vierte Klasse hineinpassen, in eine andere überhaupt nicht“, sagt Kirsch. Wie solle man beispielsweise mit Kindern aus Flüchtlingsfamilien, die gerade dem Krieg entronnen seien, über Krieg sprechen?
Sprechen muss die Rektorin angesichts der bevorstehenden Generalsanierung der Schule wohl über die Bilder, die im Neubau an den Wänden und Türen zu sehen sind. Als Kunst am Bau gelangten die Szenen aus Singspielen, Opern- und Ballettmusik Werner Egks zeitgleich mit dem Namen ins Schulhaus. Nach 25 Jahren tragen die Motive aus „Der Löwe und die Maus“, „Der Fuchs und der Rabe“, „Furchtlosigkeit und Wohlwollen“, „Irische Legende“und „Abraxas“Spuren eines lebendigen Grundschulalltags.
Ein Fall für Restauratoren? Oder ein Anlass, die Kunstwerke zu übermalen? Auch wenn ihr die Bilder gut gefallen, durchwegs kindgerecht seien sie nicht, räumt Kirsch ein. Beim Rundgang zeigt sie auf einen Teufel, ein Skelett – und die Totenmaske Werner Egks an der Tür zum Musiksaal. Wiederholt sei sie von Eltern auf diese Szenen angesprochen worden, sagt die Rektorin.