Merkel denkt noch nicht ans Aufhören
Parteien Ein vorzeitiger Wechsel im Amt? Für die Kanzlerin kein Thema. Sie verabschiedet sich mit einem Bekenntnis zur Großen Koalition und ihrer Verteidigungsministerin in den Urlaub
Berlin Entschlossenheit statt Schwäche: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat einen „arbeitsreichen Herbst“in der Koalition angekündigt und ihren Willen betont, bis 2021 durchzuregieren. Sie erklärte bei ihrer traditionellen Sommerpressekonferenz in Berlin, die Zitteranfälle der Vergangenheit hätten keine Auswirkungen auf ihre Regierungsführung: „Ich kann diese Funktion ausüben.“Kritik an der Berufung ihrer Vertrauten Annegret Kramp-Karrenbauer zur neuen Verteidigungsministerin wies Merkel zurück – sie wollte die Personalie auch nicht als Vorstufe für ihre eigene Nachfolge verstanden wissen. Die Ernennung einer Kandidatin sei allein Sache von CDU und CSU, betonte Merkel, die gleichzeitig bekräftigte, sich 2021 aus der Politik zurückziehen zu wollen.
Eines der dicksten Koalitionspakete für den Herbst ist der Klimaschutz. Am 20. September soll ein ganzes Maßnahmenbündel für eine saubere Umwelt verabschiedet werden – und die Bürgerinnen und Bürger müssen sich darauf einstellen, dass sie für den Ausstoß von Kohlendioxid künftig bezahlen müssen. Merkel jedenfalls machte sich für eine CO2-Bepreisung stark, betonte gleichzeitig aber auch, dass diese „sozial ausgeglichen“sein soll. Weitere heiße Themen im Herbst laut Merkel: eine Grundrente für Geringverdiener, das neue FachkräfteEinwanderungsgesetz sowie Maßnahmen für mehr Wohnraum.
Mit Blick auf die Wahl von Ursula von der Leyen zur neuen EU-Kommissionspräsidentin und der Ernennung von Kramp-Karrenbauer (beide CDU) zu ihrer Nachfolgerin sprach die sichtlich gut aufgelegte Kanzlerin von einer „recht ereignisreichen“Woche. Sie nahm KrampKarrenbauer gegen den Vorwurf des Wortbruchs in Schutz, nachdem diese zunächst erklärt hatte, sie strebe kein Staatsamt an. Manchmal gebe es Entwicklungen in der Politik, auf die man reagieren müsse, meinte Merkel. Den Eindruck, AKK sei mit CDU-Vorsitz und Ministerinnenposten überfordert, wies Merkel zurück: „Wo immer sie arbeitet, arbeitet sie mit 100 Prozent.“
Merkel ließ keine Spekulationen zu, sie habe mit Kramp-Karrenbauers Ernennung bereits ihre Nachfolge geregelt. „Die Nachfolge, auf die nehme ich keinen Einfluss, sondern das muss dann die Partei entscheiden“, sagte sie. Kramp-Karrenbauer sei als Parteivorsitzende aber natürlich „in einer entscheidenden Position, das ist doch keine Frage“.
Überraschend deutlich reagierte die Kanzlerin auf die fremdenfeindlichen Äußerungen von US-Präsident Donald Trump. Ob sie mit den attackierten dunkelhäutigen Frauen solidarisch sei? „Ja. Ich distanziere mich davon entschieden und fühle mich solidarisch mit den drei attackierten jungen Frauen“, sagte Merkel. Wenige Tage nach ihrem 65. Geburtstag zog sich die Kanzlerin am Freitag in ihren Urlaub zurück. Wo sie ihn verbringt, verriet sie wie üblich nicht. Am Mittwoch wird sie allerdings zur Vereidigung von Kramp-Karrenbauer in Berlin sein. Darüber hinaus sei sie „immer im Dienst. Wenn was ist, bin ich erreichbar“, sagte Merkel.
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