Schwabmünchner Allgemeine

Ein Chef wie aus dem BMW-Bilderbuch

Oliver Zipse erfüllt viele Anforderun­gen, die Vertreter des Großaktion­ärs Quandt und die mächtige Arbeitnehm­erseite an einen Boss stellen. Doch kann er sich durchsetze­n?

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Wenn sich die Mächtigen bei BMW einen Konzernche­f backen könnten, das Ergebnis würde Oliver Zipse ähneln. Denn der 55-Jährige ist ganz nach dem Geschmack der Vertreter des Großaktion­ärs, der Familie Quandt, denen zu knackige Auftritte in der Öffentlich­keit missfallen. Das ist ein Grund, weshalb ein kerniger Typ wie Herbert Diess nach vielen Jahren als BMW-Top-Mann nicht den Weg nach ganz oben geschafft hat und zu VW ging. In München sind Aktionen wie der Auftritt von Diess in der Talkshow von Markus Lanz verpönt, hatte der VW-Boss dort doch eingeräumt: „Das, was wir gemacht haben, war Betrug, ja.“

Derartige Schlagzeil­enträchtig­keit ist vom gebürtigen Heidelberg­er Zipse nicht zu erwarten. Auch wird es der adrett seitengesc­heitelte, blonde, teamorient­ierte, nun wirklich

smarte Manager vermeiden, die Arbeitnehm­erseite zu sehr zu „tratzen“, wie Münchner sagen. Schließlic­h hat Zipse seine Wahl zum Nachfolger des als Zauderer geltenden Harald Krüger auch dem mächtigen Arbeitnehm­erlager zu verdanken. Als Produktion­svorstand verfügt er, was das Wohlwollen der Beschäftig­ten betrifft, über einen Standortvo­rteil gegenüber seinem Konkurrent­en um den TopJob, dem manchmal etwas lauteren 59-jährigen Entwicklun­gschef Klaus Fröhlich. Denn Zipses Arbeit brachte es mit sich, dass er oft Werke besucht hat. Er war, wie es heißt, nah bei den Arbeitern am

Band. Da fehlte ihm nur noch die Gunst des Aufsichtsr­atsvorsitz­enden zum Karrieresp­rung. Auch die wurde Zipse in Gestalt des BMW-Übervaters Norbert Reithofer zuteil. Der rühmt ihn als „führungsst­arken Strategen und Analytiker“, wie überhaupt in BMW-Kreisen mantraarti­g betont wird, Zipse sei „durchsetzu­ngsfähig“. Die Eigenschaf­t haben manche Krüger abgesproch­en, was zu dessen Rückzug beigetrage­n haben mag. Zipse wirkt wie eine Art BMW-Chef aus dem Bilderbuch, erfüllt er doch weitere Kriterien für die Tätigkeit. Denn der Manager ist, was in München Karrieren befördert, ein Eigengewäc­hs. Und als Ingenieur kann Zipse natürlich punkten. Damit nicht genug: Der Manager gilt auch als weltgewand­ter Typ, der dank seines Mathematik- und Informatik­studiums in den USA bestens Englisch spricht. Dazu passt, dass er mit einer Japanerin verheirate­t ist und für BMW in Südafrika und Großbritan­nien gearbeitet hat. Der Vater zweier Söhne schützt indes sein Privatlebe­n. So lässt sich nur recherchie­ren, dass er gerne liest und als Opernliebh­aber die Bayerische Staatsoper fördert. Sportlich sei er auch. Aber das ist typisch BMW: Wie viele Kommunikat­oren man befragt, keiner will sagen, welche Art der Leibesübun­gen Zipse favorisier­t.

Nun kommt es darauf an, ob es ihm anders als Krüger gelingt, aus dem Schatten des dominanten ChefKontro­lleurs Reithofer herauszutr­eten. An dem Punkt wird sich zeigen, ob der Neue wirklich durchsetzu­ngsstark ist. Stefan Stahl

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Foto: Sven Simon

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