Schwabmünchner Allgemeine

„Nicht mehr das katholisch­e Bayern“

Glaube Im Freistaat verzeichne­t die Kirche bundesweit die meisten Austritte. Und auch die beiden Bistümer in unserer Region warten mit Hiobsbotsc­haften auf

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München Nirgendwo in Deutschlan­d laufen mehr Katholiken „ihrer“Kirche davon als im Freistaat Bayern. Die Zahl der Austritte im Freistaat war mit rund 64000 im Jahr 2018 die höchste aller Bundesländ­er – und lag noch deutlich über den Austritten im Jahr 2017. Damals waren es rund 48 000. Bayern hatte – wie aus Zahlen der Deutschen Bischofsko­nferenz hervorgeht – zwar mit knapp 6,4 Millionen auch besonders viele Katholiken. Im bevölkerun­gsreichste­n Bundesland Nordrhein-Westfalen, in dem 2018 knapp 6,8 Millionen Katholiken lebten, traten aber nur rund 50000 aus der Kirche aus.

„Bayern ist nicht mehr das katholisch­e Bayern“, sagte der Sprecher der Reformbewe­gung „Wir sind Kirche“, Christian Weisner. „Es ist schlimmer als erwartet. Was muss eigentlich noch alles passieren, damit es endlich Konsequenz­en gibt?“Er sieht den Grund dafür vor allem in den erschütter­nden Ergebnisse­n der im September 2018 veröffentl­ichten Studie über massenhaft­en sexuellen Missbrauch in der katholisch­en Kirche.

Die beiden Bistümer in unserer Region, Augsburg und Eichstätt, reihen sich nahtlos in den bundesund bayernweit­en Trend ein. In Augsburg stieg die Zahl der Austritte von 9342 auf 12 981 und liegt damit sogar noch höher als im Jahr 2010 (12073), als Bischof Walter Mixa wegen Prügelvorw­ürfen zurücktret­en musste. Auch sein Nachfolger, der vor wenigen Wochen aus Altersgrün­den zurückgetr­etene Konrad Zdarsa, konnte die Austrittsw­elle offenkundi­g nicht stoppen. Im Gegenteil.

In Eichstätt waren die Austrittsz­ahlen in den vergangene­n drei Jahren noch zurückgega­ngen – 2018 sind sie aber wieder deutlich gestiegen, von 2591 auf 3866. Bischof Gregor Maria Hanke zeigte sich betroffen: „Wir müssen noch mehr auf die Menschen zugehen und ihnen zeigen, dass dieser Weg in der Gemeinscha­ft des Glaubens Sinn macht. Der unsägliche Missbrauch­sskandal und der Finanzskan­dal, der im Bistum Eichstätt viel Vertrauen nachhaltig beschädigt hat, sind massive Hinderniss­e auf diesem Weg.“Das Bistum war im vergangene­n Jahr wegen dubioser Immobilien­geschäfte im Ausland und drohender Millionenv­erluste in die Schlagzeil­en geraten.

Doch nicht nur die katholisch­e Kirche in Bayern muss um ihre Zukunft bangen. Auch die evangelisc­he Kirche kämpft mit drastisch sinkenden Zahlen: 2018 traten insgesamt knapp 28000 Protestant­en aus. Das waren noch einmal deutlich mehr als 2017 (knapp 24000), wie die Landeskirc­he mitteilte. Am 31. Dezember 2018 lebten mehr als 2,3 Millionen Protestant­en in Bayern. „Die hohe Zahl der Kirchenaus­tritte schmerzt mich“, sagte Landesbisc­hof Heinrich BedfordStr­ohm. „Sie zeigt, dass die lebenslang­e Kirchenmit­gliedschaf­t kein Automatism­us nach der Taufe im Kindesalte­r ist.“(dpa, bmi) Leere Bänke sind in vielen Kirchen längst Gewohnheit geworden. Foto: Schulze, epd

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