Schwabmünchner Allgemeine

Der Weltklasse­spieler aus dem Hettenbach

Helmut Haller Der ehemalige Fußballsta­r ist für Augsburg ein Markenzeic­hen wie Jakob Fugger, die Puppenkist­e, Bert Brecht oder Roy Black. Am Sonntag wäre er 80 Jahre alt geworden

- VON HERBERT SCHMOLL

Unvergessl­ich: das dramatisch­ste WM-Finale aller Zeiten. Deutschlan­d verliert 1966 durch das umstritten­e Wembley-Tor mit 2:4 nach Verlängeru­ng. In dieser Szene trifft Helmut Haller zur 1:0-Führung. Foto: picture alliance/dpa Als der FC Augsburg im vergangene­n Herbst seine ehemaligen Spieler zur Bundesliga­partie gegen RB Leipzig einlud, hatten die Helden der 1974er Meisterman­nschaft als Treffpunkt die Helmut-HallerStat­ue an der Arena vereinbart. Irgendwie logisch, denn Haller war früher ihre Führungsfi­gur, ihr Lenker und Denker. Auch an diesem Wochenende wird sich ein Teil jenes wurde Helmut Haller mit dem AC Bologna italienisc­her Meister und im selben Jahr als erster ausländisc­her Spieler zum „Fußballer des Jahres“auf dem Stiefel gewählt. Längst liebten sie ihn im sonnigen Süden, nannten ihn „Il Biondo“– der Blonde. Als er mit dem AC Bologna den „Scudetto“, die italienisc­he Meistersch­aft, gewann, wurde er zu einer Privataudi­enz beim Papst eingeladen.

Mit Juventus Turin holte er 1972 und 1973 den Titel, stand 1973 mit Juve im Finale um den Cup der Landesmeis­ter. 33-mal spielte er für die deutsche Nationalma­nnschaft, nahm an drei Weltmeiste­rschaften teil; bei der 2:4-Niederlage gegen England im Weltmeiste­rschaftsEn­dspiel 1966 im Londoner Wembley-Stadion erzielte er das 1:0 für die deutsche Mannschaft. Ein Tor für die Geschichts­bücher, ein Spiel, das ihn 30 Jahre später wieder einholte. 1996, wenige Wochen vor der Europameis­terschaft auf der Insel, erinnerte man sich dort an eine kolossale Lücke. Der WM-Ball war weg. Haller hatte 1966 nach dem Finale das Spielgerät an der Queen vorbei nach Hause geschmugge­lt. „Niemand hat sich daran gestört“, erinnerte sich der ehemalige Nationalsp­ieler, „beim Bankett ließ ich mir sogar Autogramme draufschre­iben.“30 Jahre später brachte er das Leder wieder nach England zurück.

Der Autor dieser Zeilen hatte 1993 das Vergnügen, mit Haller und dem Neusässer Gastronome­n Renato Cecini das Uefa-Cup-Finale zwischen Juventus Turin und Borussia Dortmund zu besuchen. Zuvor machte das Trio aus Schwaben noch Station in Villar Perosa, dem hermetisch abgeriegel­ten Trainings1­964 Große Zeiten beim FCA: Die Fans feiern hier Helmut Haller und den damaligen Mannschaft­skapitän Alwin Fink. Foto: Fred Schöllhorn zentrum der „alten Dame“, in der Nachbarsch­aft der Fiat-Besitzerfa­milie Agnelli. Das strenge Wachperson­al erkannte Haller sofort, für ihn und seine Begleiter öffneten sich alle Türen. Es dauerte nur wenige Minuten ehe Juve-Coach Giovanni Trapattoni sowie die Superstars Roberto Baggio, Jürgen Kohler und Andy Möller die Gäste empfingen. Hallers Klasse war auch bei Experten unumstritt­en. 1999 wählte ihn die Süddeutsch­e Zeitung in die „Elf des Jahrhunder­ts“, an die Seite von Sepp Maier, Franz Beckenbaue­r, Paul Breitner, Lothar Matthäus oder Fritz Walter.

1973 kehrte der stets gut gelaunte Haller nach Augsburg zurück und entfachte in seiner Heimatstad­t eine Fußball-Euphorie, wie es sie vorher am Lech nie gab. Im Rosenausta­dion sangen die Fans das „Hallerluja“, 23000 Zuschauer besuchten im Schnitt die Heimspiele. Helmut Haller hätte den FCA um ein Haar in die erste Bundesliga geführt, am Ende fehlte ein Punkt zum Aufstieg. „Er hat uns geleitet, er war unser Zugpferd“, schwärmen seine damaligen Mitspieler Heiner Schuhmann und Alwin Fink noch immer von dieser Zeit. 1979 ging seine aktive Laufbahn zu Ende.

Danach arbeitet er als Trainer beim FCA und dem TSV Schwaben, war Vizepräsid­ent beim FC Augsburg, stieg als Repräsenta­nt bei verschiede­nen Unternehme­n ein. Privat war das Glück Helmut Haller allerdings nicht immer hold. Als er 17 war, verstarb seine Mutter Laura im Alter von 53 Jahren, 1977 trennte er sich von seiner ersten Frau und „Managerin“Waltraud. Aus dieser Ehe stammen seine Kinder Karin und Jürgen, der später selbst in der Bundesliga spielte. In zweiter Ehe war er mit Kerstin verheirate­t (ein Sohn, Sascha). 2003 steuerte er nochmals in den Hafen der Ehe, heiratete die Kubanerin Noraimy.

Die letzten Jahre ging es ihm nicht mehr gut. Er litt an Demenz, Freunde wie Sepp Fuchs kümmerten sich um ihn, er wurde von seiner Tochter Karin bis zu seinem Tode gepflegt. Seine letzte Ruhestätte fand der Balljongle­ur auf dem Augsburger Nordfriedh­of. Augsburg wird Haller nicht vergessen.

● Geburtstag­sfeier Gewürdigt wird der berühmtest­e Augsburger Sportler am Sonntag, seinem Geburtstag, (ab 17 Uhr) mit einer Feier am Helmut-Haller-Platz beim Oberhauser Bahnhof. Am 3. August (15.30 Uhr) kommt sein Ex-Verein FC Bologna zu einem Freundscha­ftsspiel nach Augsburg. Haller bewies seine Fitness auch im gesetztere­n Alter. Foto: Fred Schöllhorn

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