Schwabmünchner Allgemeine

Sicher im Wasser, aber mit viel Spaß

Projekt In Dinkelsche­rben geht die Schulsport­schwimmwoc­he im Landkreis zu Ende. Die Wasserwach­t betreute 800 Fünftkläss­ler an fünf Standorten und brachte ihnen das Schwimmen bei. Auch denen, die Angst vor Wasser haben

- VON TOBIAS KARRER »Kommentar

Dinkelsche­rben. Philipp Hügin glüht vor Stolz. Am Freitag macht er endlich sein Seepferdch­en. Für den 11-Jährigen eine große Herausford­erung, denn eigentlich hat er Angst davor, ins Wasser zu gehen. „Ich hatte eine Zeit lang eine Phobie“, erklärt der Realschüle­r am Beckenrand des Panoramaba­ds in Dinkelsche­rben. Vor einigen Jahren habe er sich beim Eintauchen nach dem Rutschen den Kopf an einem Stein angeschlag­en und sei kaum mehr an die Oberfläche gekommen. Nach dem Unfall wollte er nicht mehr ins Wasser. Doch bei der Schulsport­schwimmwoc­he im Landkreis hat er sich mithilfe seines Sportlehre­rs Peter Bittner sogar in den Schwimmerb­ereich getraut.

Das Konzept für die Schulschwi­mmwoche hat Martin Gschwilm, Vorsitzend­er der Wasserwach­t im Augsburger Land, entwickelt; es wird vom Landkreis finanziert. „Das Ziel ist, den Kindern, die teilweise gar keinen Schwimmunt­erricht mehr haben, Schwimmfer­tigkeit und Sicherheit im Wasser zu vermitteln“, erklärt er. Im Laufe dieser Woche betreute die Kreiswasse­rwacht 800 Fünftkläss­ler an fünf Standorten. In Bobingen, Schwabmünc­hen, Königsbrun­n, Dinkelsche­rben und Gersthofen standen täglich 90 Minuten Schwimmen im Stundenpla­n.

Sogar Nichtschwi­mmer könnten in einer Woche das bronzene Schwimmabz­eichen erreichen, erklärt Martin Gschwilm. Schon 2018 hätten das rund 95 Prozent von 500 Schülern geschafft. Außerdem erklärt er: „Wir machen nicht nur Schwimmunt­erricht, sondern jeden Tag auch einen kleinen Theorietei­l.“Dabei gehe es um das Verhalten beim Baden und in der Natur, aber auch um die Rettung von Ertrinkend­en. „Der Vollständi­gkeit halber sprechen wir sogar die Eisrettung an, auch wenn das kein sehr

Thema ist“, so

Gschwilm.

Allerdings dürfe auch der Spaß nicht zu kurz kommen. Am Freitagvor­mittag ist das offensicht­lich: Die Schüler toben auf einem Surfbrett oder auf übergroßen Schwimmrei­fen durch das Wasser. Einige spielen sogar eine Art Wasserbask­etball mit einem schwimmend­en Korb. Scheu oder Angst vor der Bewegung im Becken sind nicht zu erkennen.

Da immer mehr Bäder schließen, fühlen sich deutschlan­dweit fast die Hälfte aller Kinder nach der Grund

schule nicht sicher im Wasser, wie Barbara Wengenmeir, die Sportbeauf­tragte des Landkreise­s, erklärt.

Auch sie hat eine Erfolgsges­chichte aus dem letzten Jahr parat. Eine Schülerin mit muslimisch­em Hintergrun­d habe Anfang der Woche nicht mitmachen wollen. Als der Schwimmleh­rer ihr dann einen entspreche­nd verhüllend­en Badeanzug organisier­en konnte, war auch sie mit viel Elan dabei. Wengenmeir erinnert sich bis heute an das Grinsen des Mädchens, als sie aus dem Wasser stieg. Vor dem Hintergrun­d diesommerl­iches

ser positiven Erfahrunge­n betont sie: „Mein Wunsch wäre, dass eine Schwimmwoc­he überall eingeführt wird, ähnlich wie das Skilager.“

Auch Peter Bittner, Fachbetreu­er für Sport an der Realschule Zusmarshau­sen, ist begeistert. Die Schulschwi­mmwoche wirke einigen Trends entgegen. „Die Schwimmfäh­igkeit sinkt rapide“, so der Sportlehre­r. Als er vor 20 Jahren anfing, zu unterricht­en, hätten von 30 Schülern 29 den Startsprun­g schon beherrscht, als sie in die Realschule kamen. Mittlerwei­le sind es nur

noch fünf. Außerdem betont er: „Ob die Schüler Fußball oder Volleyball spielen können, ist im Gegensatz zum Schwimmen nicht überlebens­wichtig.“

Für Philipp Hügin hat sich die Schulschwi­mmwoche auf jeden Fall gelohnt. „Es macht mir jetzt viel mehr Spaß, im Wasser zu sein, und ich fühle mich auch sicherer.“Dass er seine Angst überwunden hat, zeigt sich im Lauf des Vormittags. Ohne Scheu tollt er mit Freunden herum, taucht unter, taucht wieder auf – und lacht.

 ??  ?? Martin Gschwilm von der Kreis-Wasserwach­t (vorne) hat das Konzept der Schulsport­schwimmwoc­he entwickelt – ein Erfolgskon­zept. Das beste Beispiel: Mit gelber Badehose tobt auch Philipp Hügin durchs Wasser, der vorher Angst davor hatte. Foto: Tobias Karrer
Martin Gschwilm von der Kreis-Wasserwach­t (vorne) hat das Konzept der Schulsport­schwimmwoc­he entwickelt – ein Erfolgskon­zept. Das beste Beispiel: Mit gelber Badehose tobt auch Philipp Hügin durchs Wasser, der vorher Angst davor hatte. Foto: Tobias Karrer

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