Schwabmünchner Allgemeine

Bislang waren nur Männer auf dem Mond. Das soll sich ändern. Aber schon vor 50 Jahren hätte auch eine Frau dort landen können…

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Die Nacht zum 21. Juli 1969: Mit der Apollo 11 steuern Astronaute­n den Mond an. Mehr als 500 Millionen Zuschauer verfolgen die Bilder, als Neil Armstrong als erster Mensch die Mondoberfl­äche berührt. Er bleibt nicht der einzige: Nach ihm werden elf weitere Kosmonaute­n den Mond betreten – aber keine Frau. Dabei hätte es 1969 nicht unbedingt ein Mann sein müssen, wie eine Studie der Nasa aus den 1960er Jahren beweist. In ihrem Roman „Space Girls“greift die Hamburger Autorin Maiken Nielsen diesen Aspekt auf – und erzählt die Geschichte der „Mercury 13“:

Es ist ein Tag im August 1960. Jerrie Cobb wird bei einer Pressekonf­erenz zu ihrer Teilnahme an einem Astronaute­nausbildun­gsprogramm befragt.

„Miss Cobb, welche Vorteile haben Frauen im All?“

„Frauen benötigen weniger Sauerstoff und weniger Essen. Sie sind kleiner und leichter. Gewicht ist ein entscheide­nder Kostenfakt­or in der Raumfahrt, wie Sie wissen.“

„Warum sollte die Nasa Frauen einstellen?“

„Frauen sind physisch besser gewappnet. Sie ertragen die Einsamkeit besser.“

Wie diese Szene erzählt, testete die US-amerikanis­che Behörde vor mehr als 55 Jahren 13 Pilotinnen auf ihre Tauglichke­it zur Raumfahrt hin. Und obwohl sie genauso gut abschnitte­n wie ihre männlichen Kollegen, flog keine von ihnen in den Orbit. In diesen Rahmen platziert Maiken Nielsen ihren Roman, sie hält sich an wahre Begebenhei­ten, zitiert aus Interviews, Dokumenten und anderen Aufzeichnu­ngen.

Immer wieder taucht auch Wernher von Braun auf. Als eine „der schillernd­sten Figuren überhaupt in der Raumfahrt“, das erklärt die Autorin in ihrem Nachwort, war er während des Zweiten Weltkriegs als Ingenieur der Nazis in einem Konzentrat­ionslager tätig und verantwort­lich für die Forschung und den Bau von Raketen. Später holten ihn die amerikanis­chen Geheimdien­ste in die USA, wo er als Chefkonstr­ukteur der Saturn-V-Rakete die ersten Menschen zum Mond brachte (siehe auch Wissen-Seite dieser Ausgabe).

Um die Schnittpun­kte zwischen Deutschlan­d und den USA besser zu skizzieren, setzt Nielsen in dieses reale Umfeld eine weitere, erfundene Figur: Juni, so schreibt die Autorin, verkörpere die Quintessen­z der 13 Fliegerinn­en, und sie bilde mit ihrer Lebensgesc­hichte eine Brücke zwischen beiden Ländern. Juni wurde in Nazi-Deutschlan­d geboren, wuchs aber in Frankreich und den USA auf. Immer schon fasziniert von Vögeln, Flugzeugen, vom Fliegen verbringt sie ihre Zeit auf dem Flugplatz nahe der Stadt. Bis die junge Frau Anfang der 60er in die Testreihe der Nasa aufgenomme­n wird. Die Auswahlver­fahren für Juni, Jerry Cobb und die anderen Pilotinnen allerdings sind hart. Und das in einer Zeit, in der Frauen fast keine Rechte haben. In der Pilotinnen belächelt und Astronauti­nnen verspottet werden. Und so bleibt das All für die westliche Welt eine reine Männersach­e.

Erst Sally Ride verließ 1983 als erste Amerikaner­in und dritte Frau insgesamt die Erdatmosph­äre. 20 Jahre zuvor schickte bereits Russland Walentina Tereschkow­a ins Weltall. Bis heute hat den Mond aber nie eine Frau betreten. Das soll sich ändern. In den nächsten fünf Jahren will die Nasa ein weiteres Team hinaufsend­en. Diesmal aber werde kein Mann den Trupp aus dem Raumschiff führen, bekräftigt­e Chefwissen­schaftler James Green im Mai – sondern eine Frau. Was das bedeutet? Einen großen Schritt für die Emanzipati­on, wenn auch nur einen kleinen für die betroffene Kosmonauti­n. Elisa Glöckner Maiken Nielsen: Space Girls Wunderlich 432 S., 22 Euro

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