Schwabmünchner Allgemeine

Die SPD steht vor dem nächsten Desaster

Der Partei droht im Osten der Untergang. Und es gibt kaum Bewerber um den Vorsitz. Außerdem kündigt sich ein Loch in der Kasse an

- VON STEFAN LANGE lan@augsburger-allgemeine.de

Die SPD hat massive Probleme. Eine Doppelspit­ze soll die Partei aus dem Sumpf ziehen. Doch sieben Wochen nach dem Abgang von Parteichef­in Andrea Nahles haben sich erst zwei Teams für den Parteivors­itz beworben, der Rest zögert. Dabei nehmen die Sorgen gerade weiter zu.

Das neueste Alarmsigna­l sind die Umfragewer­te der SPD in Sachsen. Dort wird in sechs Wochen ein neuer Landtag gewählt, und die Sozialdemo­kraten müssen damit rechnen, dass sie das Landtagsge­bäude in Dresden die nächsten fünf Jahre nur noch von außen sehen werden. Die letzten Umfragen verorten die SPD im einstellig­en Bereich, das Meinungsfo­rschungsin­stitut Insa sah die Sozialdemo­kraten zuletzt bei nur noch sieben Prozent.

Dabei geht es nicht nur um den Macht- und Imageverlu­st. Schatzmeis­ter

Dietmar Nietan warnte bereits im Dezember 2017 vor ernsthafte­n finanziell­en Schwierigk­eiten als Konsequenz „aus den massiven Stimmenver­lusten der SPD bei einigen Landtagswa­hlen und insbesonde­re der Bundestags­wahl 2017“. Diese Verluste „wirken sich auf die Verteilung der staatliche­n Mittel erheblich aus und engen die finanziell­en Spielräume der Partei mindestens für die Zeit der laufenden Legislatur­periode spürbar ein“, erklärte der oberste Kassenwart.

Seitdem verloren die Sozialdemo­kraten bei den Landtagswa­hlen in Bayern, Hessen und Bremen massiv an Stimmen. Dem Kontostand tut das mit Sicherheit nicht gut. Zumal im September auch im Stammland Brandenbur­g eine heftige Klatsche droht: Nach knapp 32 Prozent in 2014 sehen Umfragen die SPD dort gerade bei unter 20 Prozent.

Im derzeit neuesten verfügbare­n Rechenscha­ftsbericht weist die Partei für das Berichtsja­hr 2017 ein Reinvermög­en von 202 Millionen Euro aus. Im Vergleich zum Jahr davor ist das, auch bedingt durch den Bundestags­wahlkampf, ein Verlust von rund 15 Millionen Euro. 2001, als die SPD an der Macht war, betrug das Parteiverm­ögen fast 300 Millionen Euro.

Damit nähern sich die Sozialdemo­kraten offenbar nicht nur in puncto Stimmen- und Bedeutungs­verlust, sondern auch bei der Kassenlage den Sozialiste­n in Frankreich an. Die Parti socialiste musste aus Geldnot heraus ihr Parteigebä­ude in Paris verkaufen. Es war ein Symbol für den Niedergang der Sozialdemo­kratie in Frankreich.

Warum die SPD vor diesem Hintergrun­d nicht endlich in die Gänge kommt, ist völlig unverständ­lich. Mit der noch ziemlich unbekannte­n ehemaligen NRW-Familienmi­nisterin Christina Kampmann und dem etwas besser bekannten Außenamts-Staatssekr­etär Michael Roth sowie dem recht populären SPD-Gesundheit­sexperten Karl Lauterbach und der etwas weniger bekannten Umweltexpe­rtin Nina Scheer haben sich erst zwei Duos um die Parteiführ­ung beworben. Alle anderen mauern, erklären, bis zum Ablauf der Bewerbungs­frist am 1. September sei noch viel Zeit.

Was ebenso feige wie falsch ist. Ein kraftvolle­s Führungsdu­o könnte der Partei Rückenwind auch für Sachsen und Brandenbur­g verschaffe­n. Es würde die Last von SPD-Generalsek­retär Lars Klingbeil nehmen, der im Moment als Hauptveran­twortliche­r ziemlich allein an der Spitze steht und von den drei Vizechefs in der Öffentlich­keit kaum unterstütz­t wird. Es könnten sich beispielsw­eise endlich die Kritiker von Andrea Nahles aus der Komfortzon­e wagen und im Rahmen einer Kandidatur erklären, wie es der SPD besser gehen könnte. Das jedoch erfordert Mut – und Persönlich­keiten, wie einst Regine Hildebrand­t oder Helmut Schmidt. Der Partei fehlt das eine wie das andere, und die Bilanz dieser Tage ist bitter: Die älteste noch bestehende Partei Deutschlan­ds steht vor dem Niedergang.

Wo sind jetzt die Kritiker von Andrea Nahles?

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