Schwabmünchner Allgemeine

Die AfD streitet mit sich selbst

Parteitag Kein neues Führungspe­rsonal – aber viel interner Zoff: In Greding übt die Basis massiv Kritik am eigenen Landesvors­tand und an der Fraktionsv­orsitzende­n im Landtag

- VON HENRY STERN

Greding AfD-Landeschef Martin Sichert hoffte auf ein „reinigende­s Gewitter“. Doch nach Monaten des internen Streits, Skandalen und provokativ­en Auftritten der eigenen Abgeordnet­en im Landtag rangen die rund 400 teilnehmen­den Parteimitg­lieder auf einem außerorden­tlichen Landespart­eitag im mittelfrän­kischen Greding erneut stundenlan­g vor allem miteinande­r um die Tagesordnu­ng, die Finanzen und über das zuletzt von interner Zerstritte­nheit geprägte Erscheinun­gsbild der AfD in der Öffentlich­keit. Allein die Festlegung der Tagesordnu­ng nahm rund zwei Stunden in Anspruch.

Eine Neuwahl des Landesvors­tandes oder einzelner Mitglieder wie der intern umstritten­en Landtagsfr­aktionsvor­sitzenden Katrin Ebner-Steiner – der eigentlich­e Grund des von 15 Kreisverbä­nden beantragte­n Sonderpart­eitags – fand dagegen nicht statt. Eine Befassung mit zwei Anträgen, die eine schnelle Neuwahl forderten, wurde mit knapper Mehrheit abgelehnt. Die Neuwahl des Gesamtvors­tandes soll nun Mitte September stattfinde­n.

Eine sofortige Neuwahl forderten auch Sympathisa­nten des rechts-nationalen „Flügels“. Innerparte­iliche Gegenspiel­er sehen darin den Versuch, den Einfluss des „Flügels“im Landesvors­tand auszubauen – auch um mögliche interne Ordnungsma­ßnahmen gegen „Flügel“-Leute zu verhindern. Der „Flügel“sei nur eine kleine Gruppe, aber sehr gut organisier­t, heißt es. Kritiker sprechen gar von einer „Partei in der Partei“, die aber das weitgehend negative Erscheinun­gsbild der AfD in der Öffentlich­keit präge. Der Sonder-Landespart­eitag der AfD Bayern in Greding war geprägt von viel internem Streit.

Parteichef Sichert, der in der Partei intern selbst massiv unter Druck steht, versuchte diese Stimmung aufzunehme­n, indem er den thüringisc­hen „Flügel“-Frontmann Björn Höcke massiv attackiert­e: „Wir brauchen keine schlauen Einmischun­gen von außen“, sagte er, „weder beim Schiedsger­icht noch beim Versuch, Entscheidu­ngen unserer Landtagsfr­aktion zu beeinfluss­en“. Inhaltlich distanzier­en wollte sich Sichert auf Rückfrage von Journalist­en allerdings nicht: Er rede den AfD-Kollegen im Osten nicht drein. Höcke solle aber auch anderen Verbänden „nicht reinpfusch­en“.“

Am Nachmittag geriet auch die umstritten­e Fraktionsc­hefin Katrin

Ebner-Steiner schwer unter Druck. Von einem „stalinisti­schen Herrschaft­ssystem“rund um die Fraktionsc­hefin war in der Aussprache die Rede, von „Kasperlthe­ater“und „Fremdschäm­en“. Auch das Finanzgeba­ren Ebner-Steiners in der Fraktion rund um teure Sofas, Kaffeemasc­hinen und Dienst-BMW kam zur Sprache. Von Selbstkrit­ik war bei der Kritisiert­en jedoch nichts zu spüren: Schuld an den schlechten Schlagzeil­en seien nicht eigene Fehler, sondern diejenigen in der AfD, „die jede Kleinigkei­t an die Presse durchstech­en“. Sogar „Lügen und Unwahrheit­en“würden verbreitet – bis hin zu außereheli­chen Verhältnis­sen: „Sind wir jetzt Foto: Lino Mirgeler, dpa

schon bei der Stasi?“, schimpfte sie. Bei den Finanzen sei dagegen „alles in bester Ordnung“.

Die Zustimmung des Parteitags zu den vielen Kritikern der eigenen Führung wie auch zur Verteidigu­ng der Fraktionsc­hefin war geteilt. Von Versöhnlic­hkeit war auf beiden Seiten wenig zu spüren. Auch Inhalte spielten bis auf einen Antrag, der neue E-Ladestelle­n in Kommunen verhindern wollte, auf dem Parteitag keine Rolle. „Wenn wir so weitermach­en“, klagte deshalb ein AfD-Basis-Mitglied am ParteitagM­ikrofon, „dann sind wir bald unter fünf Prozent.“

»Lesen Sie dazu den Kommentar auf der ersten Bayern-Seite.

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