Das schmerzt
Finanzwesen Die Deutsche Bank schreibt allein im zweiten Quartal 3,15 Milliarden Euro Verlust. Konzernchef Christian Sewing will das Institut radikal umbauen. Das kostet viel Geld
Frankfurt am Main Deutsche-BankChef Christian Sewing drückt beim radikalen Konzernumbau aufs Tempo und nimmt dafür einen noch höheren Milliardenverlust in Kauf. „Wir beginnen nicht erst mit der Transformation der Deutschen Bank – nach nur zwei Wochen sind wir schon mittendrin“, schrieb Sewing am Mittwoch in einem Mitarbeiterbrief. Die ersten Beschäftigten erhielten bereits ihre Kündigung. Wie viele Jobs von den insgesamt vom Abbau betroffenen rund 18 000 Vollzeitstellen weltweit auf dem Heimatmarkt gestrichen werden sollen, ist weiterhin offen.
Abfindungen für die Beschäftigten und Abschreibungen auf Vermögenswerte zogen das Ergebnis im zweiten Quartal tief in den Keller. Der Konzernverlust lag bei 3,15 Milliarden Euro – nach einem Gewinn von 401 Millionen Euro ein Jahr zuvor. Von den Gesamtkosten des Umbaus, die die Bank auf 7,4 Milliarden Euro beziffert, verbuchte sie 3,4 Milliarden Euro bereits im zweiten Vierteljahr – mehr als mit Bekanntgabe der Pläne angekündigt. Entsprechend fiel der Verlust noch höher aus als die zunächst genannten 2,8 Milliarden Euro.
„Einen erheblichen Teil der Restrukturierungskosten haben wir bereits im zweiten Quartal verbucht“, sagte Sewing. „Ohne diese Belastungen für den Umbau wäre die Deutsche Bank profitabel gewesen.“Die Bank hätte nach eigenen Angaben unter dem Strich 231 Millionen Euro Gewinn gemacht. Vor allem die Fondstochter DWS verdiente deutlich mehr als im Vorjahreszeitraum.
Die Konzernerträge sanken im zweiten Vierteljahr um sechs Prozent auf 6,2 Milliarden Euro, bereinigt um Sondereffekte verringerten sie sich um fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Die Erträge im weltweiten Aktienhan
del, aus dem die Bank sich zurückzieht, brachen um fast ein Drittel ein. Besser lief es im Bereich Privatund Firmenkundenbank sowie der Vermögensverwaltung. Für das Gesamtjahr rechnet die Bank mit niedrigeren Erträgen als 2018.
Am Finanzmarkt kamen die Nachrichten schlecht an. Die seit Jahren gebeutelte Deutsche-BankAktie verlor am Morgen zeitweise fast sechs Prozent und lag etwas später noch mit 3,84 Prozent im Minus
bei 6,86 Euro. Zwar hat sich ihr Kurs seit dem Anfang Juni erreichten Rekordtief von 5,801 Euro ein ganzes Stück erholt. Allerdings kämpft das Papier immer noch mit den Kursverlusten, die es nach Bekanntgabe des Sanierungsplans Anfang Juli erlitten hat. Sewing zeigte sich aber zuversichtlich: „Wir sind nun so aufgestellt, dass wir bald wieder Boden gutmachen werden“, schrieb er an die Mitarbeiter.
Der Konzernchef will mit einer grundlegenden Neuausrichtung die Dauerkrise des Instituts beenden. Die Zahl der Vollzeitstellen soll bis Ende 2022 um rund 18 000 auf weltweit 74000 sinken. Ende Juni beschäftigte die Bank weltweit noch knapp 90900 Mitarbeiter. Mehr als 900 Beschäftigte wurden bereits darüber informiert, dass ihr Arbeitsverhältnis endet oder ihre Stelle entfällt. Dies sei zwar schmerzhaft, doch er wolle einen quälenden Schwebezustand für die Beteiligten vermeiden, schrieb Sewing.
Das Investmentbanking, das der Bank milliardenschwere Strafen einbrockte, wird kräftig gestutzt. Die Kosten für den Umbau will die Bank aus eigener Kraft stemmen. Der Großteil der Lasten fällt im laufenden Jahr an. Nach drei Verlustjahren in Folge und einem Mini-Gewinn 2018 drohen der Deutschen Bank daher auch im Gesamtjahr 2019 tiefrote Zahlen. Kern der neuen Deutschen Bank soll nach Sewings Willen die neue Sparte „Unternehmensbank“werden, die sich um Mittelständler, Familienunternehmen und multinationale Konzerne kümmern soll.
Im Kapitalmarktgeschäft will sich die Bank auf das Geschäft mit Krediten, Anleihen und Währungen sowie auf Beratung konzentrieren. Aus dem weltweiten Aktienhandel steigt das Institut komplett aus.
Details zum Stellenabbau auf dem Heimatmarkt nannte die Deutsche Bank auch in der Vorlage der Quartalsbilanz nicht. Sewing hatte jedoch den Wegfall einer „substanziellen Zahl“angekündigt. Im Privatkundengeschäft, zu dem die Postbank gehört, war erst kürzlich ein weiterer Abbau von gut 2000 Vollzeitstellen vereinbart worden. Den Abbau weiterer Stellen will die Bank möglichst „sozial verträglich“umsetzen, wie Sewing mehrfach bekräftigte.
Friederike Marx und Steffen Weyer, dpa