Wo Sparer noch Zinsen bekommen
Finanzen Mit Sparbüchern machen Bankkunden schon jetzt kaum noch Rendite. Was sie zurücklegen wird auch noch von der Inflation geschmälert
Frankfurt am Main Entlassungen, Gewinnwarnungen, nachlassende Nachfrage – die Aussichten für die Konjunktur trüben sich ein. Die meisten Wachstumsprognosen dürften sich deshalb als zu optimistisch erweisen. Hoffnungen auf eine Zinswende braucht sich eigentlich niemand mehr machen. Im Gegenteil: Die Europäische Zentralbank (EZB) steuert angesichts der Lage auf eine weitere Lockerung ihrer Geldpolitik zu. Experten vermuten, dass die EZB auf ihrer Sitzung am Donnerstag, 25. Juli, eine Senkung des Einlagezinses von minus 0,4 auf minus 0,5 Prozent beschließt.
Für Verbraucher hierzulande sind das keine guten Nachrichten. Zwar sind die Deutschen eifrige Sparer. Von ihrem geliebten Sparbuch wollen die meisten Bundesbürger aber nicht lassen: Wie die jährliche Statistik der Bundesbank zeigt, steckten allein bis Ende Dezember 2018 rund 2456 Milliarden Euro in Bankeinlagen oder wurden als Bargeld aufbewahrt. Und das, obwohl Banken und Sparkassen dafür nur spärliche Zinsen bieten.
Die Folge: Allein im ersten Halbjahr dieses Jahres erlitten Sparer 15,9 Milliarden Euro an Wertverlust, wie Berechnungen der Comdirect Bank zeigen. Der Grund sind Sparzinsen, die unter der Inflationsrate liegen. Im zweiten Quartal des Jahres betrug der durchschnittliche Einlagenzins gerade einmal 0,16 Prozent. Die Inflation lag im selben Zeitraum bei 1,71 Prozent. Daraus ergibt sich ein Realzins von minus 1,55 Prozent. Die Folge: Das Geld der Sparer verliert an Wert.
Für Niels Nauhauser ist das keine vollkommen neue Situation. „Das Dilemma, dass Sparguthaben durch
Inflation an Wert verliert, ist heute nur sichtbarer“, sagt der Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. In der Vergangenheit habe es zwar Phasen mit höheren Sparzinsen gegeben. Allerdings sei zeitweise auch die Inflationsrate höher gewesen. „Sparer schauen immer nur auf den Nominalzins, nicht den Realzins.“
Doch was tun? Auf das Sparen verzichten? „Sparen bei null Prozent Zinsen ist immer noch besser, als gar nicht zu sparen“, findet Max Herbst von der FMH Finanzberatung in Frankfurt am Main. „Wer jeden Monat 100 Euro beiseitelegt, hat nach einem Jahr immerhin 1200 Euro gespart.“
Sparer, die jederzeit über ihr Geld verfügen wollen, können dafür ein Tagesgeldkonto wählen. Eine nennenswerte Rendite gibt es kaum. Die Stiftung Warentest listet in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Finanztest 20 Angebote auf. Die Zinssätze variieren zwischen 0,25 Prozent und 0,65 Prozent.
Etwas mehr bekommen Sparer bei Festgeldanlagen. Je nach Anlagezeitraum sind hier nach Angaben der Stiftung Warentest bis zu 1,5 Prozent Zinsen möglich. Laut FMH gibt es Anbieter, die für ein fünfjähriges Festgeld sogar bis zu 2,00 Prozent Zinsen zahlen. Allerdings ist das Geld dann für den Zeitraum auch gebunden.
Noch mehr können Sparer für sich rausholen, wenn sie Kunde bei einem Zinsportal wie Savedo, Weltsparen oder Zinspilot werden. Die Portale bieten die Sparprodukte mehrerer Banken auch aus dem Ausland an, zum Teil mit guten Zinsen. Aus Sicht der Stiftung Warentest sind aber dennoch nicht alle Angebote empfehlenswert. Der Grund ist die Einlagensicherung. Zwar gibt es in Europa laut einer EU-Richtlinie nach einer Insolvenz 100000 Euro Entschädigung pro Kunde und Bank. In manchen Ländern steckt aber möglicherweise zu wenig Geld in den entsprechenden Sicherungstöpfen. Anleger müssten im Ernstfall entweder lange auf ihr Geld warten oder es im schlimmsten Fall sogar ganz abschreiben. Empfehlenswert sind daher nach Ansicht der Warentester Banken aus Ländern mit guter Wirtschaftskraft.
Wer langfristig etwas für sein Vermögen tun möchte, muss bereit sein, etwas mehr Risiko einzugehen. Die Renditeaussichten verbessern sich, wenn Tages- oder Festgeld mit einem Aktien-ETF kombiniert wird. Stellt sich die Frage: Sind Aktien-ETFs angesichts der trüben Konjunkturaussichten sinnvoll? „Wie sich die Kurse in naher Zukunft entwickeln werden, lässt sich nicht vorhersagen“, erklärt Nauhauser. Grundsätzlich aber gilt: je länger der Anlagezeitraum, desto geringer das Verlustrisiko. Das belegen Berechnungen des Deutschen Aktieninstituts (DAI): So konnte man beispielsweise allein mit einer Investition in den Deutschen Aktienindex Dax bei einem Anlagezeitraum von 20 Jahren eine durchschnittliche Rendite von 8,9 Prozent erwirtschaften. Falk Zielke, dpa