Tödlicher Jagdunfall: „Es hätte jeden treffen können“
Prozess Ein Jäger schießt auf ein Wildschwein, trifft aber einen Mann in einem Auto. Wie das Gericht nun urteilte
Amberg Ein Schuss aus einem Jagdgewehr durchschlägt ein Wildschwein und trifft ein vorbeifahrendes Auto. Der Beifahrer darin stirbt. Knapp ein Jahr nach dem Jagdunglück in der Oberpfalz ist der Jäger wegen fahrlässiger Tötung zu einer Bewährungsstrafe von zwölf Monaten verurteilt worden. Zudem muss der 46-jährige Jäger den Eltern des Opfers jeweils 10000 Euro Schmerzensgeld zahlen, wie die Vorsitzende Richterin Roswitha Stöber sagt. Weitere 10000 Euro hat er an einen Hospizverein zu überweisen.
Der 47-jährige Beifahrer sei „ein absolutes Zufallsopfer. Es hätte jeden treffen können“. Zwei Verstöße nennt die Richterin, die zu dessen Tod geführt hätten: Es sei kein ausreichender Kugelfang vorhanden gewesen und der Jäger hätte nicht in Richtung der Bundesstraße 16 schießen dürfen. Für den Mann spreche, dass er geständig, kooperativ, nicht vorbestraft und von dem Vorfall selbst betroffen sei. Zudem habe er die Jagd aufgegeben. Aber: Er habe gegen Pflichten als Jäger verstoßen.
Schluchzend und von Schuldgefühlen gezeichnet bittet der Angeklagte in seinen letzten Worten die Eltern des Opfers um Entschuldigung. Das Paar sitzt ihm gegenüber, schwer getroffen vom Tod des Sohnes. Die Mutter nimmt immer wieder die Brille ab, um mit einem Taschentuch ihre Tränen abzuwischen. Gebrochene Menschen auf beiden Seiten des Gerichtssaales. „Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als diesen 12. August noch einmal beginnen zu können“, sagt der Angeklagte. Dann würde er Nein zu der Jagd sagen – die er organisiert hatte auf Druck eines Landwirtes hin, in dessen Maisfeld Wildschweine Schaden angerichtet hatten. Es gibt aber kein Zurück. „Stattdessen ist Ihr Sohn ums Leben gekommen.“Das müsse er zu akzeptieren lernen, sagt er.
Vorangegangen waren dem emotionalen Schlusswort des Angeklagten die Plädoyers der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung. Ankläger Oliver Wagner forderte eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Der Jäger habe in erheblichem Maße fahrlässig gehandelt und nicht für ausreichend Sicherheit gesorgt. Zudem sei sein Schuss in Richtung der B16 gerichtet gewesen – und das, obwohl er zuvor seine Kollegen angewiesen hatte, nicht zur Straße zu schießen. Auch sei der Schusswinkel zu flach gewesen, sodass die Kugel nach dem Treffen des Wildschweines nicht ins Erdreich – als natürlichem Kugelfang – eingeschlagen sei, sondern zur Straße weiterflog. Die Drückjagd sei an „allen Ecken und Enden falsch oder unzureichend organisiert“gewesen, stellt der Staatsanwalt fest. Dennoch richtet er ermutigende Worte an den Angeklagten. Die Strafe stelle einen Schuldausgleich dar. Danach dürfe er wieder erhobenen Hauptes durch das Leben gehen. (dpa)