Der neue Kinoweltrekord
Neulich stand eine Frau, die man in diesem Umfeld Dame nennen möchte, wie verirrt an der Kasse eines Multiplex-Kinos. Als stünde jemand in Kochhaube bei McDonald’s an. Als die vier Kids vor ihr endlich ihre Karten erhalten und dafür samt Überlängen-, 3D-Brillen und 3D-Zuschlägen insgesamt fast 60 Euro hingeblättert hatten – was die Dame mit Stirnrunzeln quittierte –, schlenzte ihr der joviale Jüngling hinterm Tresen entgegen: „Hi! Und was darf’s bei dir sein?“Wie schön wäre es gewesen, die Dame hätte den Dreistling daraufhin zurechtgewiesen: „Junger Mann, Sie mögen in eine Zeit hineingeboren sein, in der man der Schludrigkeit huldigt und unter Erfolg das bloße Aufrechnen von Dollar-Summen versteht…“Woraufhin dann jener verständnislos die Stirn runzeln würde und die Dame dann, nach einem Seufzen und einem mitleidig wirkenden Lächeln, weiter: „Nun gut, wachen Sie nicht auf, duzen Sie einfach weiterhin alles und jeden und denken Sie weiter, ‚Avengers‘ wäre der erfolgreichste Film aller Zeiten – und jetzt geben Sie mir ein Ticket für einen Film, der nicht in 3D läuft und an dem die meisten mitwirkenden Menschen nicht Computer-Programmierer sind…“
Kichernd kehrtmachend flüsterte sie dem ratlos erstarrten Jüngling zu: „Nimm ein Taschentuch, mein Kind. In den entscheidenden Augenblicken deines Lebens hattest du nie ein Taschentuch.“Hach, so viel in Hochmut spielende Souveränität wünschte man den Älteren manchmal in der neuen Plastikwelt – und der Jüngling könnte solche Sprache nur googeln und erführe so vielleicht doch noch von „Vom Winde verweht“. Aber leider hat die Dame sich duzen lassen, irritiert auch die 3D-Brille entgegengenommen, auf dem Display einen Sitz ausgewählt und fast 15 Euro bezahlt, um sich den neuen, komplett am Computer gebastelten „König der Löwen“anzusehen. Schade.