Schwabmünchner Allgemeine

„Welche That Euere Majestät!“

Neuausgabe Martha Schads Quellenban­d erhellt die Korrespond­enz zwischen Cosima Wagner und Bayerns König Ludwig II. Insgesamt 228 Briefe geben Aufschluss

- VON HANS KREBS

Heute, 16 Uhr, gibt „Tannhäuser“den Auftakt der Bayreuther Festspiele 2019. Einmal mehr wird genau beobachtet, wie sich der tragische Held zwischen Venusberg und Wartburg verhält, wie die nun gegebene frühere Dresdner Fassung zur späteren Pariser Fassung steht, warum der Regisseur die Figuren eines schrillen Cabaret-Künstlers und des Blechtromm­lers Oskar in das Drama um Tannhäuser und Elisabeth einflicht und Weiteres mehr.

Aber nicht minder interessan­t ist, durch die Augsburger Historiker­in und Autorin Martha Schad zu erfahren, wie sich die 27-jährige LisztTocht­er und Wagner-Geliebte Cosima (noch verheirate­te von Bülow) am 20. August 1865 in ihrem ersten Brief an den 20-jährigen Bayernköni­g Ludwig II. für dessen „hehrste That“bedankt. Diese Tat war die unvorherge­sehene Berufung des von Wien nach Stuttgart geflohenen Schuldners Richard Wagner in die Residenzst­adt München – ein zentrales und folgenreic­hes Ereignis für die Musikgesch­ichte. Wer gesehen, „wie hoffnungsl­os von der Welt bejubelt und doch geächtet der grosse Schöpfer der höchsten Kunst heimathlos umherirren musste – nur der allein vermag es zu ahnen welche That Euere Majestät vollbracht!“So schreibt Cosima und sagt es gegen Schluss mit Wagners hoffender Elisabeth: „Wie preis’ ich dieses Wunder /aus meines Herzen’s Tiefe!“

Worauf sich „Ihr sehr geneigter Ludwig“am 26. August 1865 an die „hochverehr­te, gnädige Frau“wendet: Statt von Wunder zu sprechen, sei es besser zu sagen, „wehe, wenn ich die That nicht vollbracht, Verbrechen wäre es gewesen, Wagner nicht zu retten, Verbrechen, Ihn nicht glühend zu lieben!“

Hier wird beiderseit­s ein Grundakkor­d angeschlag­en. Dessen Variatione­n zu verfolgen bis zur letzten Korrespond­enz vom 21. September 1885 (Ludwig) und 27. September 1885 (Cosima), ist bezüglich Wagners Biografie und darüber hinaus musik-, geistes- und kulturgesc­hichtlich höchst aufschluss­reich. Der letzte Brief Ludwigs verheißt, dass er das von Cosima gewünschte Protektora­t für die Bayreuther Festspiel 1886 übernehmen wolle. (Sein Schicksal wollte es bekanntlic­h anders: im Juni 1886 Entmündigu­ng und Tod des Gedemütigt­en im Starnberge­r See.) Der letzte Brief Cosimas, von Haus Wahnfried abgesandt, behandelt zunächst ihr „Tristan“- und „Parsifal“-Konzept für Bayreuth 1886. Sodann hofft sie sich „durch die königliche Gnade ermächtigt... von meinen Kindern... zu sprechen.“Von deren fünf beschäftig­t sie vor allem das jüngste Kind (Siegfried, geb. 1869) und das älteste (Daniela, geb. 1860). Siegfried sei von einer lebensgefä­hrlichen Krankheit genesen und wieder ins Gymnasium gegangen; sie frage sich, ob sie ihn nicht wegen seiner „Hauptneigu­ng (zur Architektu­r)“in einem Jahr in ein Polytechni­kum geben solle. In Daniela glaubte sie, „eine Kraft gefunden zu haben, welcher ich vertrauens­voll die Leitung der Spiele übergeben könne, bis Siegfried dieselbe antrete.“Dann spricht sie dem König von „trüben Erfahrunge­n“Danielas und deren neuer Zuversicht durch ihre Verbindung mit dem Kunstgesch­ichtler Heinrich Thode, den Cosima anpreisend lobt. Dieses letzte Schreiben schließt mit „umfassende­n Gruß von Euerer Majestät in Dankbarkei­t ersterbend­en, unterthäni­gsten Dienerin CWagner“.

Insgesamt 228 Briefe hat Martha Schad chronologi­sch aufgeliste­t, dabei ihre Anspielung­en und Zitate entschlüss­elt. Ihre erhellende Editionsle­istung wurde bereits 1996 bei Vorstellun­g der Erstausgab­e in Bayreuth hoch gelobt. Rechtzeiti­g vor Beginn der Festspiele 2019 ist der Quellenban­d im Allitera Verlag (Monacensia) als Taschenbuc­h neu erschienen (576 Seiten, 24,90 Euro).

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König Ludwig II. (1845-1886) in einer Pastellski­zze von Kaulbach.
 ??  ?? Cosima Wagner (1837-1930) in einer Ölkreideze­ichnung von Lenbach.
Cosima Wagner (1837-1930) in einer Ölkreideze­ichnung von Lenbach.

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