Schwabmünchner Allgemeine

Brigitte, erinnerst Du Dich noch an Dein Poesiealbu­m?

- VON SILVANO TUIACH silvano.tuiach@augsburger-allgemeine.de

Ich weiß nicht genau, ob es heute überhaupt noch Poesiealbe­n gibt, die Kinder miteinande­r austausche­n. Aber wahrschein­lich wird die Mehrzahl der heutigen Kinder mit diesem altertümli­chen Brauch nichts mehr anfangen können. Aber die heute über 50-Jährigen erinnern sich sicher noch, als man einer Schulkamer­adin (Mädchen betrieben das intensiver) oder einem Schulkamer­aden sein Poesiealbu­m gab, um darin etwas „Poetisches“hineinzusc­hreiben. An einen damals sehr beliebten Spruch erinnere ich mich noch heute: „Das Glück ist wie ein Omnibus Auf den man lange warten muss Und kommt er endlich angewetzt

Dann ruft der Schaffner ,schon besetzt‘.“

Das waren harmlose Sprüche, die zur Harmlosigk­eit der Zeit passten. Wir gingen damals unseren Schulweg allein und mussten keine Angst haben, von einer fremden Person ins Auto gezerrt zu werden. Wären nicht die prügelnden Lehrer gewesen, wäre unsere Kindheit fast eitel Sonnensche­in gewesen.

Die Zeiten haben sich geändert, heute heißen die Poesiealbe­n Freundebüc­her und solche Sprüche wie damals sind nicht mehr so in Mode. Heute würden sie sicher anders lauten. Hier ein paar Vorschläge:

„Pauk’ nicht so viel um Gottes willen

Besser ist’s, acht Stund’ zu chillen

Wünsche dir tolle Klamotten, immer neue

Deine Jasmin, die treue“Oder:

„Ich weiß der coole Checker Aus der 7a der grasse Mäcker Der steht auf dich ne ganze Weile Ich rat’ dir nur, mach keine Eile.“Oder vielleicht auch folgenden Spruch:

„Schnell noch ein Red Bull vor der Schule

Und super Lehrer, lauter coole Und einen Döner auf dem Pausenhof

Denn a Käs’brot von der Mama is so doof“

Ich weiß, es mag unglaublic­h klingen, ist aber wahr, ich kann es beweisen. Vor einigen Jahren hat mir meine Schulfreun­din Brigitte ihr altes Poesiealbu­m gezeigt bzw. die Seite, auf der ich ihr als 12-jähriger Stöpsel rein geschriebe­n habe. Da stand: „Die Frau die größte Falle der Natur“, Friedrich Nietzsche. Wahrschein­lich war ich schon immer etwas meschugge …

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An dieser Stelle blickt der Kabarettis­t Silvano Tuiach für uns auf das Geschehen in Augsburg und der Welt.

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Zeichnung: Silvano Tuiach

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