Stadt hat Fragen an den Theater-Architekten
Sanierung Stadtregierung sieht die Verantwortung beim Planungsbüro und wundert sich über Verteuerung beim Brandschutz
Nach Bekanntwerden der Kostensteigerungen bei der Theatersanierung will die Stadt genau die Ursachen untersuchen. Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) gab am Mittwoch mit Baureferent Gerd Merkle (CSU) und Kulturreferent Thomas Weitzel einen Überblick über die Probleme, die dafür sorgen, dass der geplante Erweiterungsbau hinter dem Theater statt der bisher prognostizierten 72 Millionen nun je nach geänderter Variante zwischen 84 und 92 Millionen Euro kosten wird. Die Stadtregierung verteidigte einerseits das bisherige Vorgehen, kritisierte gleichzeitig aber das Agieren des beauftragten Architekturbüros Achatz. Architekt Walter Achatz wird am Donnerstag im Stadtrat Stellung nehmen.
Wie berichtet sorgt ein Bündel von Ursachen für Mehrkosten bzw. nötige Umplanungen, unter anderem ein höherer Grundwasserstand. Aus den Grundwasserkarten sei dies nicht ersichtlich gewesen, so Merkle. Die Erkenntnisse hätten sich erst bei späteren Probebohrungen ergeben. Fragezeichen sieht die Stadt aber beim Brandschutz. Wie berichtet kamen Fachplaner zum Ergebnis, dass beim vom Büro Achatz im Erweiterungsbau geplanten Multifunktionssaal strenge Richtlinien hinsichtlich Sprinkleranlage etc. gelten würden. Wegen der dadurch verursachten Kosten ist nun eine Option, den Multifunktionssaal aus dem Gebäude auszulagern. Dass die Erkenntnis mit den Brandschutzanforderungen jetzt aufkomme, sei verwunderlich, so Merkle. An den Regelwerken habe sich in den vergangen fünf Jahren nichts geändert.
Anders als bei der Sanierung des Großen Hauses ist für den Neubau kein Kostenpuffer eingeplant. Achatz und Stadt Augsburg hatten dies in der Vergangenheit als unnötig bezeichnet. Auf Nachfrage spielte Merkle den Ball am Mittwoch zu Achatz. „Er hat glaubhaft rübergebracht, dass kein Kostenpuffer nötig ist, und wurde eines Besseren belehrt.“Auf die Frage, ob er mit den Leistungen des Architekturbüros zufrieden sei, sagte Merkle, er sei mäßig begeistert gewesen, irgendwann „mit einem Blumenstrauß an Mehrkosten“konfrontiert worden zu sein. Man hätte sich eine zügigere Kommunikation gewünscht. Nachdem für den Neubau zunächst eine Kostenexplosion auf 125,8 Millionen Euro im Raum stand, wurden abgespeckte Varianten entworfen, die auf 84 bzw. 92 Millionen Euro kommen würden. Das Große Haus des Theaters wird aktuell saniert, etwas zeitverzögert soll ein Neubau für Werkstätten, Verwaltung und eine zweite Spielstätte beginnen. Dieser Teil der Sanierung wird nun aber teurer werden als geplant. Foto: Silvio Wyszengrad
Volker Schafitel, der in der Vergangenheit – ähnlich wie die Initiatoren eines erfolglosen Bürgerbegehrens gegen die Sanierung – eine deutliche Kostensteigerung prophezeit hatte, kritisierte am Mittwoch erneut den fehlenden Kostenpuffer. „In dieser Größenordnung kann man nichts ohne Puffer machen. Es wäre das erste Mal, dass so ein Projekt im Kostenrahmen bleibt.“Bei der Grundlagenermittlung seien offenbar Fehler gemacht worden. Schafitel plädiert für ein Moratorium beim Neubau.
Kulturreferent Weitzel betonte, dass mit den vorgelegten Planungsvarianten die Belange des Theaters und der Bürger berücksichtigt würden. Es handle sich aber um Einschnitte, etwa bei der Größe des Malsaals für die Kulissen. Seitens des Theaters war angesichts der Diskussion um die Kosten der Sanierung bislang stets gesagt worden, dass Abstriche nicht möglich seien. Auf Nachfrage sagte Gribl, dass es angesichts der jetzt vorgenommenen Streichungen „nicht gerecht“wäre, von einem Glaubwürdigkeitsverlust zu sprechen. „Das Theater beweist seine Leidens- und Kompromissfähigkeit.“
Allerdings ist keinesfalls gesagt, dass es bei den jetzt bezifferbaren
Mehrkosten bleibt. Das war angesichts der seit Jahren davongaloppierenden Baupreise schon länger klar. Baureferent Merkle sprach das Thema am Mittwoch erstmals offensiv an. Wenn man von einem Fertigstellungstermin im Jahr 2025 ausgehe und die zuletzt fälligen Steigerungen zugrunde lege, werde man wohl nicht bei den 92 Millionen Euro für den Anbau landen. Gleiches gelte womöglich auch für die bereits laufende Sanierung des Großen Hauses. Dort hat die Stadt aktuell ein Viertel der anstehenden Arbeiten vergeben und liegt im Kostenkorridor. „Möglicherweise will manche Firma das Staatstheater auf seiner Referenzliste haben und gibt deshalb entsprechend günstige Angebote ab“, sagt Merkle. Allerdings seien 75 Prozent der Leistungen noch nicht vergeben. „Zum Jubeln ist es zu früh.“Künftig, so Merkle, werde man den Stadtrat auch darüber informieren, wie Baupreissteigerungen künftig zuschlagen könnten. Die Gesamtkosten für die Theatersanierung (reine Investitionssumme ohne Kreditzinsen und Baupreissteigerungen) lagen bisher bei 186 Millionen Euro.
Zur Frage, wie die anstehenden Mehrkosten gestemmt werden sollen, hat die Stadt noch kein KonFW-Stadtrat
zept. Denn noch sei unklar, auf welche Variante es hinausläuft, sagt Gribl. Der Stadtrat wird sich am Donnerstag mit dem Thema befassen, ein Beschluss zum weiteren ● Kurt Idrizovic, ehem. Sprecher des Bürgerbegehrens gegen die kreditfinanzierte Theatersanierung: „Wir wurden von der Entwicklung überrascht – weniger vom Ausmaß der Kostenexplosion als vom frühen Zeitpunkt des Geschehens.“Schadenfreude verbiete sich für jemanden, dem die Zukunft der kulturellen Einrichtungen in Augsburg am Herzen liege, absolut. Gleichwohl müsse der Augsburger Stadtrat die Frage nach der politischen und finanziellen Verantwortung beantworten. „Ziel des Bürgerbegehrens 2016 war es, die finanzielle Problematik sowie die Auswirkungen der Sanierung auf alle Bürger aufzuzeigen“, so Idrizovic. Mit der Kostensteigerung werde die Befürchtung, dass sich die Sanierung über Neuverschuldung negativ auf die ganze Stadtentwicklung niederschlägt, realistischer. Die Theaterkredite wird die Stadt bis zum Jahr 2039 zurückzahlen müssen.
Vorgehen ist aber wohl erst in einem Dreivierteljahr realistisch. Klar, so Gribl, sei aber, dass sich der Freistaat auch an den Mehrkosten mit einer Förderung beteiligen werde. ● Christian Z. Müller, Akteur der Initiative „Theatermodern“, die sich 2016 gegen das Bürgerbegehren positionierte: „Das Theater war aus Sicherheitsgründen unbespielbar“, erinnert Müller. Eine Sanierung sei ohne Alternative gewesen. Dass es nun teurer werde, sei so verwunderlich nicht, sagt Müller, der selbst Architekt ist. Am Anfang habe man nur Kostenschätzungen. Abweichungen seien in diesem Stadium für Fachleute nicht ungewöhnlich – für die Öffentlichkeit möglicherweise schon. Er persönlich hätte 2016 auch Position für eine teurere Sanierung bezogen. „Der Vergleich mit der Elbphilharmonie ist vielleicht übertrieben“, sagt Müller, aber die Mehrkosten seien heute kein Thema mehr. Dafür strotze die Stadt vor Selbstbewusstsein. In Augsburg sei die Investition in einen Raum, wo Theater, Musik, Tanz, Bühnenbild und Architektur eine Einheit bilden, ihr Geld wert. (skro)