Schwabmünchner Allgemeine

Stadt hat Fragen an den Theater-Architekte­n

Sanierung Stadtregie­rung sieht die Verantwort­ung beim Planungsbü­ro und wundert sich über Verteuerun­g beim Brandschut­z

- VON STEFAN KROG

Nach Bekanntwer­den der Kostenstei­gerungen bei der Theatersan­ierung will die Stadt genau die Ursachen untersuche­n. Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) gab am Mittwoch mit Baureferen­t Gerd Merkle (CSU) und Kulturrefe­rent Thomas Weitzel einen Überblick über die Probleme, die dafür sorgen, dass der geplante Erweiterun­gsbau hinter dem Theater statt der bisher prognostiz­ierten 72 Millionen nun je nach geänderter Variante zwischen 84 und 92 Millionen Euro kosten wird. Die Stadtregie­rung verteidigt­e einerseits das bisherige Vorgehen, kritisiert­e gleichzeit­ig aber das Agieren des beauftragt­en Architektu­rbüros Achatz. Architekt Walter Achatz wird am Donnerstag im Stadtrat Stellung nehmen.

Wie berichtet sorgt ein Bündel von Ursachen für Mehrkosten bzw. nötige Umplanunge­n, unter anderem ein höherer Grundwasse­rstand. Aus den Grundwasse­rkarten sei dies nicht ersichtlic­h gewesen, so Merkle. Die Erkenntnis­se hätten sich erst bei späteren Probebohru­ngen ergeben. Fragezeich­en sieht die Stadt aber beim Brandschut­z. Wie berichtet kamen Fachplaner zum Ergebnis, dass beim vom Büro Achatz im Erweiterun­gsbau geplanten Multifunkt­ionssaal strenge Richtlinie­n hinsichtli­ch Sprinklera­nlage etc. gelten würden. Wegen der dadurch verursacht­en Kosten ist nun eine Option, den Multifunkt­ionssaal aus dem Gebäude auszulager­n. Dass die Erkenntnis mit den Brandschut­zanforderu­ngen jetzt aufkomme, sei verwunderl­ich, so Merkle. An den Regelwerke­n habe sich in den vergangen fünf Jahren nichts geändert.

Anders als bei der Sanierung des Großen Hauses ist für den Neubau kein Kostenpuff­er eingeplant. Achatz und Stadt Augsburg hatten dies in der Vergangenh­eit als unnötig bezeichnet. Auf Nachfrage spielte Merkle den Ball am Mittwoch zu Achatz. „Er hat glaubhaft rübergebra­cht, dass kein Kostenpuff­er nötig ist, und wurde eines Besseren belehrt.“Auf die Frage, ob er mit den Leistungen des Architektu­rbüros zufrieden sei, sagte Merkle, er sei mäßig begeistert gewesen, irgendwann „mit einem Blumenstra­uß an Mehrkosten“konfrontie­rt worden zu sein. Man hätte sich eine zügigere Kommunikat­ion gewünscht. Nachdem für den Neubau zunächst eine Kostenexpl­osion auf 125,8 Millionen Euro im Raum stand, wurden abgespeckt­e Varianten entworfen, die auf 84 bzw. 92 Millionen Euro kommen würden. Das Große Haus des Theaters wird aktuell saniert, etwas zeitverzög­ert soll ein Neubau für Werkstätte­n, Verwaltung und eine zweite Spielstätt­e beginnen. Dieser Teil der Sanierung wird nun aber teurer werden als geplant. Foto: Silvio Wyszengrad

Volker Schafitel, der in der Vergangenh­eit – ähnlich wie die Initiatore­n eines erfolglose­n Bürgerbege­hrens gegen die Sanierung – eine deutliche Kostenstei­gerung prophezeit hatte, kritisiert­e am Mittwoch erneut den fehlenden Kostenpuff­er. „In dieser Größenordn­ung kann man nichts ohne Puffer machen. Es wäre das erste Mal, dass so ein Projekt im Kostenrahm­en bleibt.“Bei der Grundlagen­ermittlung seien offenbar Fehler gemacht worden. Schafitel plädiert für ein Moratorium beim Neubau.

Kulturrefe­rent Weitzel betonte, dass mit den vorgelegte­n Planungsva­rianten die Belange des Theaters und der Bürger berücksich­tigt würden. Es handle sich aber um Einschnitt­e, etwa bei der Größe des Malsaals für die Kulissen. Seitens des Theaters war angesichts der Diskussion um die Kosten der Sanierung bislang stets gesagt worden, dass Abstriche nicht möglich seien. Auf Nachfrage sagte Gribl, dass es angesichts der jetzt vorgenomme­nen Streichung­en „nicht gerecht“wäre, von einem Glaubwürdi­gkeitsverl­ust zu sprechen. „Das Theater beweist seine Leidens- und Kompromiss­fähigkeit.“

Allerdings ist keinesfall­s gesagt, dass es bei den jetzt bezifferba­ren

Mehrkosten bleibt. Das war angesichts der seit Jahren davongalop­pierenden Baupreise schon länger klar. Baureferen­t Merkle sprach das Thema am Mittwoch erstmals offensiv an. Wenn man von einem Fertigstel­lungstermi­n im Jahr 2025 ausgehe und die zuletzt fälligen Steigerung­en zugrunde lege, werde man wohl nicht bei den 92 Millionen Euro für den Anbau landen. Gleiches gelte womöglich auch für die bereits laufende Sanierung des Großen Hauses. Dort hat die Stadt aktuell ein Viertel der anstehende­n Arbeiten vergeben und liegt im Kostenkorr­idor. „Möglicherw­eise will manche Firma das Staatsthea­ter auf seiner Referenzli­ste haben und gibt deshalb entspreche­nd günstige Angebote ab“, sagt Merkle. Allerdings seien 75 Prozent der Leistungen noch nicht vergeben. „Zum Jubeln ist es zu früh.“Künftig, so Merkle, werde man den Stadtrat auch darüber informiere­n, wie Baupreisst­eigerungen künftig zuschlagen könnten. Die Gesamtkost­en für die Theatersan­ierung (reine Investitio­nssumme ohne Kreditzins­en und Baupreisst­eigerungen) lagen bisher bei 186 Millionen Euro.

Zur Frage, wie die anstehende­n Mehrkosten gestemmt werden sollen, hat die Stadt noch kein KonFW-Stadtrat

zept. Denn noch sei unklar, auf welche Variante es hinausläuf­t, sagt Gribl. Der Stadtrat wird sich am Donnerstag mit dem Thema befassen, ein Beschluss zum weiteren ● Kurt Idrizovic, ehem. Sprecher des Bürgerbege­hrens gegen die kreditfina­nzierte Theatersan­ierung: „Wir wurden von der Entwicklun­g überrascht – weniger vom Ausmaß der Kostenexpl­osion als vom frühen Zeitpunkt des Geschehens.“Schadenfre­ude verbiete sich für jemanden, dem die Zukunft der kulturelle­n Einrichtun­gen in Augsburg am Herzen liege, absolut. Gleichwohl müsse der Augsburger Stadtrat die Frage nach der politische­n und finanziell­en Verantwort­ung beantworte­n. „Ziel des Bürgerbege­hrens 2016 war es, die finanziell­e Problemati­k sowie die Auswirkung­en der Sanierung auf alle Bürger aufzuzeige­n“, so Idrizovic. Mit der Kostenstei­gerung werde die Befürchtun­g, dass sich die Sanierung über Neuverschu­ldung negativ auf die ganze Stadtentwi­cklung niederschl­ägt, realistisc­her. Die Theaterkre­dite wird die Stadt bis zum Jahr 2039 zurückzahl­en müssen.

Vorgehen ist aber wohl erst in einem Dreivierte­ljahr realistisc­h. Klar, so Gribl, sei aber, dass sich der Freistaat auch an den Mehrkosten mit einer Förderung beteiligen werde. ● Christian Z. Müller, Akteur der Initiative „Theatermod­ern“, die sich 2016 gegen das Bürgerbege­hren positionie­rte: „Das Theater war aus Sicherheit­sgründen unbespielb­ar“, erinnert Müller. Eine Sanierung sei ohne Alternativ­e gewesen. Dass es nun teurer werde, sei so verwunderl­ich nicht, sagt Müller, der selbst Architekt ist. Am Anfang habe man nur Kostenschä­tzungen. Abweichung­en seien in diesem Stadium für Fachleute nicht ungewöhnli­ch – für die Öffentlich­keit möglicherw­eise schon. Er persönlich hätte 2016 auch Position für eine teurere Sanierung bezogen. „Der Vergleich mit der Elbphilhar­monie ist vielleicht übertriebe­n“, sagt Müller, aber die Mehrkosten seien heute kein Thema mehr. Dafür strotze die Stadt vor Selbstbewu­sstsein. In Augsburg sei die Investitio­n in einen Raum, wo Theater, Musik, Tanz, Bühnenbild und Architektu­r eine Einheit bilden, ihr Geld wert. (skro)

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