Raus aus der Rad-Routine!
Nichts ist einfacher, als mit dem Fahrrad andere Wege zu erkunden und Neues zu entdecken. Jetzt ist die beste Zeit
– auf dem Heimweg gegen Abend pulsiert das Leben am Wertachufer. Viele Sprachen, viele Leute, kein Stress und kein Ärger. Wieder was gesehen von unserer Stadt, die so viele Gesichter hat. Und wieder ein paar Kilometer gesammelt für den guten Zweck.
Bis Ende dieser Woche läuft nämlich das Stadtradeln. Jeder kann mitmachen, seine Fahrradkilometer im Internet eintragen und der Fahrradstadt helfen. Jeder Kilometer ist ein kleines Ausrufezeichen: Wir radeln, denkt an uns! Am Mittwoch waren es knapp 500 000 Kilometer und jeder kann noch jeden Kilometer aus den drei Wochen nach- beziehungsweise eintragen. Umwege lohnen sich dieser Tage also gleich doppelt. So wie am Montag.
Start in Göggingen. Ziel: Lechhausen. Aber nicht durch die Stadt. Univiertel, dann die Unterführung unter der Haunstetter Straße. Links und rechts Graffiti, gleisendes Licht und die Unterführung spuckt mich aus in Heide und Stadtwald. Wir im Westen lieben ja die Wertach. Doch der Stadtwald, nicht übel. Grün, Wasser (Welterbe!), Spaziergänger, tolle Luft – hach, wunderbar. Und nein, ich hatte keinen Ärger mit leinenlosen Hunden, rasenden Radlern – und habe mich auch selbst benommen.
Nicht über den Hochablass geradelt, obwohl es schwer fällt. Dann den Lech hoch und rein nach Lechhausen. Königsberger Straße. Kennen Sie nicht?
Ist unscheinbar und doch so vielsagend. Eine Zeitreise in die Jahre, als Lechhausen das größte Dorf Bayerns war, also vor langer Zeit. Ehemalige Bauernhäuser erzählen aus alten Zeiten. Die Königsberger Straße, sagt Georg Feuerer, war ein Hort der Landwirte und Gärtner. Vor gut zehn Jahren, erzählt der Lechhausen-Kenner und Mitarbeiter im Stadtarchiv, standen dort sogar noch Tiere im Stall. Und noch heute ist am Marienplatz ein Landwirt aktiv. Was man nicht alles erfahren kann. Dann, an der Derchinger Straße, plötzlich ein Haus wie ein Schloss: „Wohn- und Geschäftshaus, viergeschossiges Eckhaus mit Satteldach, turmartigen Eckerkern und Zwerchhäusern mit Volutengiebeln, neubarock, um 1900“, schreibt der Denkmalschutz. Noch nie gesehen. Man könnte nun noch plaudern über die alten Zeiten, als Augsburg als freie Reichsstadt nicht zu Bayern gehörte, Lechhausen aber schon und man sich praktisch laufend in den Haaren lag, zustach, zerstörte und ... Aber lassen wir das. Schauen Sie einfach mal vorbei.
In der Drentwettstraße, in der Königsberger Straße oder sonstwo, wo Sie noch nie waren. Diese Freiheit gehört zu den schönsten, die das Radfahren zu bieten hat. Einfach mal drauf los. Und danach: Kilometer eintragen: www.stadtradeln.de/augsburg.
Marcus Bürzle, 43, kam durch Zufall auf das Fahrrad und fährt heute täglich.
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Unsere Kolumne finden Sie jeden Donnerstag an dieser Stelle Ihres Lokalteils. Nächste Woche: „Mein Augsburg“mit typisch Augsburgerischen Ansichten und Geschichten.